Blutbuchen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners erster Fall) (German Edition)
getrocknet. Da die Bekleidung zudem an dieser Stelle ein kleines, doch sichtbares Loch aufwies, war Ritters Vermutung zur Tatwaffe nicht abwegig. Und im Zusammenhang mit dem Mord an Laurenz Heitmann erst recht nicht, wie ein kurzer Blick auf das Messer bewies.
»Na ja«, bemerkte Dr. Renz und stand auf. »Was soll ich Ihnen noch sagen? Das war kein Unfall, es sieht nach einer Stichwunde aus und die ist wenigstens drei bis vier Tage alt. Mehr werde ich erst morgen wissen.« Er seufzte, als er in die Gesichter der anderen sah. Die Ungeduld seiner Kollegen verstehend, war ihm dennoch an ein paar Stunden Schlaf gelegen. »Ich kümmere mich noch vor Sonnenaufgang um ihn. Wenn Sie nach dem Frühstück kommen, müsste ich schon schlauer sein. Ladet ihn ein«, genehmigte er den Abtransport des Leichnams und verabschiedete sich mit dem deutlichen Hinweis: »Das Skelett muss aber warten!«
»Zeig noch mal das Messer«, forderte Dreyer Ritter auf. Er besah sich das Stück genau und gab es dann an Judith weiter. »Passt genau zu unserer Vermutung hinsichtlich Heitmanns Wunde. Eine lange und zweiseitig geschliffene Klinge.«
»Abwarten, alte Silberbestecke gibt es hier noch wie Sand am Meer«, wollte sich Judith nicht ohne genaue Untersuchung festlegen.
»Das wäre nun aber wirklich ein äußerst seltsamer Zufall«, beharrte Walter.
»Streitet euch nicht und gebt mir das Messer einfach wieder her. Ich untersuche es erst mal im Labor und dann verrät euch Dr. Grede sicher mehr.« Ritter schnappte sich den Beutel und verschwand zu einem seiner Wagen.
Judith sah sich um. Die Spurensicherung würde noch die ganze Nacht dauern und sie konnten hier nichts weiter tun. Bis der Leichnam obduziert war, hatten sie nur wenige Ansatzpunkte für ihre Ermittlungen. Morgen müssten sie mit neuen Befragungen anfangen. Sie müssten rekonstruieren, wie Paul Ahlsens seine letzten Tage verbracht hatte. Nur so hatten sie eine Chance herauszubekommen, was zu dessen tragischem Ende geführt hatte.
Zunächst stand ihnen jedoch ein schwerer Gang bevor – zu den Ahlsens.
Dreyer sah seiner Kollegin an, dass die Ereignisse des Tages auch sie mitgenommen hatten, und angesichts ihrer bevorstehenden Aufgabe spürte er erneut das Bedürfnis, sie vor den Unbilden der Welt zu schützen. Doch sagte er nur: »Hier sind wir jetzt überflüssig. Morgen sehen wir weiter. Kommen Sie, fahren wir zurück. Soll ich allein aufs Gut gehen?«
Judith war ihm dankbar für das Angebot, doch natürlich kam es für sie nicht infrage, Walter mit dieser Aufgabe allein zu lassen.
~ 47 ~
Auf der Fahrt zurück nach Waldau versuchten sie, sich auf das schwierige Gespräch im Gutshaus einzustellen.
Judith wollte gern annehmen, dass die Familienangehörigen nichts mit dem Tod von Paul Ahlsens zu tun hatten. Den beiden nun den Tod des Bruders beziehungsweise des Onkels mitteilen zu müssen, war frustrierend, schließlich hatten sie weder Mörder noch Motiv vorzuweisen.
»Ich kann mir nicht vorstellen ...«, eröffnete sie das Gespräch.
»Ich auch nicht!«, unterbrach Walter sie gleich wieder. Er hatte gerade mit Bangen daran gedacht, dass auch die Familie von Paul Ahlsens mit den Morden zu tun haben könnte. Obwohl ihm nicht ein Grund einfiel, und sich in seinem Innern alles sträubte, ernsthaft diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Er mochte die Leute vom Gut, alle, und Astrid hatte er aufwachsen sehen.
Judith ahnte, was in ihm vorging. Er kannte die Ahlsens fast ein Leben lang. Ihnen Kummer zu bereiten war genauso schlimm, wie sie verdächtigen zu müssen. »Wollen Sie das Gespräch führen?«
Dreyer seufzte tief. »Ja, das wäre mir lieber.«
»Wir müssen uns auch das Zimmer von Paul Ahlsens ansehen«, machte Judith ihn aufmerksam.
Walter reagierte nicht sichtbar. Sie waren inzwischen angekommen und er konzentrierte sich auf die Einfahrt zum Gutshof. Er wirkte angespannt.
Sie hatten kaum gehalten, als auch schon das Außenlicht anging und die Tür geöffnet wurde.
Botho Ahlsens kam ihnen entgegen. »Gibt es Neuigkeiten? Was ist los?«
Er sah Walter an und dessen Mine sprach Bände.
»Oh nein. Nein!«, brachte Botho Ahlsens mit erstickter Stimme hervor.
Inzwischen war Astrid in die Tür getreten. Sie fing sofort an zu weinen. Die Verzweiflung in der Stimme ihres Onkels ließ keinen Zweifel am Schicksal des Vermissten.
Judith ging zu ihr, um etwas Trost zu spenden.
Dreyer wandte sich Botho Ahlsens zu und legte ihm die Hand auf den Arm. »Es tut
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