Blutengel: Thriller
legte ihren Kopf gegen das Metall. Nach drei Sekunden war ein Signal zu hören.
»Kann man das nicht aufhebeln?«, fragte Kaja.
»Nur mit Spezialwerkzeug. Die Kollegen haben den Besitzer schon aus dem Bett getrommelt, der müsste jeden Augenblick hier sein.«
Unschlüssig standen Hensen und Tannen in einem gegenüberliegenden Hauseingang. Als Mangold sie von unterwegs informiert hatte, waren sie mit ihrem Wagen nicht weit entfernt in der Nähe des Hauptbahnhofs gewesen.
Zwei weitere Streifenwagen rasten mit Blaulicht heran und stoppten ein paar Meter vor dem Haus. Mit knappen Befehlen wies Mangold die Polizisten ein, die sofort damit begannen, das Absperrband 20 Meter entfernt von dem ersten um zwei Lampenmasten zu wickeln und die neugierigen Passanten weiter zurückzudrängen.
Hensen trat zusammen mit Tannen auf Kaja und Mangold zu.
»Könnte er eine Falle gelegt haben? Ich meine, Sprengstoff?«, fragte Tannen an Mangold gewandt.
»Es muss einen Grund geben, warum er uns hierherlockt.«
»Was, wenn Carolus sein Handy selbst einschalten konnte?«, fragte Kaja.
Hensen drehte sich einmal im Kreis und musterte die umliegenden Fassaden.
»Das gefällt mir nicht, das Ganze sieht aus wie eine Filmkulisse«, sagte er.
Ein weiterer Streifenwagen raste heran. Aus dem Wagen sprang ein sichtlich verwirrter Mann um die 40, der keine Zeit gehabt hatte, seine Haare zu kämmen. Er hielt ein Schlüsselbund in der Hand und wollte es gerade in ein Metallkästchen neben der Eingangstür stecken.
»Moment, Moment«, sagte Mangold und ließ sich von einem Polizisten ein Megafon aus einem Polizeiwagen holen. Er hielt es sich vor das Gesicht und sagte: »Bitte treten Sie bis hinter die Absperrungen zurück.«
Der Besitzer des Cafés ließ sein Schlüsselbund sinken und sah ihn erstaunt an. Dann streckte er Mangold die Schlüssel entgegen und deutete auf das Metallkästchen.
Zweimal drehte Mangold den Schlüssel nach links, als auch schon das Surren zweier Elektromotoren einsetzte. Weil die Häuserecke im Schatten lag, war das gleißende Licht von innen sofort zu erkennen.
Knirschend und rasselnd wurde der Metallrollladen nach oben gezogen. Mangold bückte sich und erkannte drinnen einen langen Tresen, an dem ein einzelner Mann saß. Bekleidet mit einem Anzug und einem Hut auf dem Kopf.
»Hopper!«, stieß Hensen aus, der sich neben Mangold bückte und in das Café starrte.
»Keine Gefahr«, sagte er.
»Wieso bist du so sicher?«
»Wer so eine Szenerie baut, zerstört sie nicht mit einer Bombe.«
Der Besitzer sah verstört in den Raum, während Mangold, Hensen und Tannen das Lokal betraten.
Der Täter hatte das, was einmal Clemens Carolus oder Arnfried Müller gewesen war, auf den Barhocker gebunden. Die aufgestützten Hände auf den Tresen genagelt. Ein von der Decke hängender Draht hielt den Kopf der Leiche in die Höhe.
»›Nighthawks‹«, sagte Hensen.
»Was?«, kam es von Mangold.
»›Nighthawks‹ von Edward Hopper. Nachteulen oder Nachtschwärmer. Einsame Menschen an noch einsameren Orten.«
»Was ist mit seinem Gesicht?«, fragte Mangold.
»Sonne und Nachtszenen waren Hopper wichtig«, sagte Hensen.
»Die Gesichtshaut ist verbrannt.«
»Er hat ihn geröstet. Bestrahlt.«
»Großer Gott!«, sagte Mangold.
Der Hauptkommissar versuchte, das Hosenbein in die Höhe zu schieben, nahm dann ein Taschenmesser und trennte den Stoff auf. Auch hier war die Haut krebsrot.
»Sieh dir das an«, sagte Mangold. »Er hat es nicht eingeritzt, er hat eine Schablone daraufgelegt.«
»Kannst du es lesen?«, fragte er.
Mangold und Tannen gingen in die Hocke.
»Angelus sanguinis, und dann … Fiat lux. Insignien E. H.«, sagte Hensen. »Es werde Licht.«
»Und die ersten Worte?«, fragte Mangold.
»Blutengel. Derselbe Begriff, den Carolus in seiner Anzeige benutzt hat. Es ist eine perfekte Inszenierung. Als bereite sich der Täter selbst ein Fest.«
»Ein Fest stelle ich mir anders vor.«
Hensen widersprach.
»Er beginnt, seine Arbeit zu verfeinern, mehrere Bilder zusammenzuführen.«
»Herr im Himmel«, sagte Mangold. »Er bekommt mehr Spaß an seinem Gemetzel?«
»Du siehst zwei Hopper-Bilder, die er zusammengebracht hat. Einmal ›People in the Sun‹, und dann dieses ›Nighthawks‹. Einsame Menschen an der Bar oder nebeneinander auf Liegestühlen beim Sonnen.«
»Es soll ein Bild für uns werden … Die Rollläden, das gleißende Licht … Er will uns etwas bieten.«
»Das ist nicht gesagt«, erwiderte
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