Blutengel: Thriller
ausgesucht hatte, mal was für sein Geld machen.
Er hatte das Telefon gerade in die Tasche gesteckt, als ein Klingelton eine eingegangene SMS ankündigte.
Das war ja klar, dieser Sienhaupt hatte nichts zu tun. Gott sei Dank konnte man noch nicht durch das Telefon sabbern.
Weitz öffnete die Mail und las die zwei Worte.
»Na klar«, sagte er laut. »Hirni, du bist der Knaller.«
*
Tannen legte seine Aktenmappe auf die Rückbank und setzte sich dann auf den Beifahrersitz. Hensen nickte ihm aufmunternd zu. Mit dieser Fahrt nach Berlin ging ihm, Tannen, schon wieder ein Nebenjob flöten. Auch seine Freundin Joyce hatte er seit über einer Woche nicht zu Gesicht bekommen. Die schien das überhaupt nicht zu stören. Im Gegenteil, sie feuerte ihn über das Telefon noch an und sagte, dass er das alles später mal seinen Kindern erzählen könne. »Du willst Kinder?«, hatte er gefragt, und sie hatte laut gelacht. Wie immer.
Hensen auf dem Beifahrersitz seufzte.
»Tannen, ich verspreche hoch und heilig, dass wir kein Museum besuchen. Wir fahren nicht mal in die Nähe, einverstanden? Es gibt also keinen Grund, hier stundenlang zu schweigen.«
»Meinen Sie, wir brauchen zwei volle Tage?«
»Vielleicht sogar drei«, sagte Hensen. »Probleme mit meiner Anwesenheit?«
Tannen zog es vor zu schweigen. Dieser Journalist hatte eine seltsame Art, ihn zu provozieren. Allerdings, seine Ideen waren ab und zu ganz brauchbar. Warum Mangold allerdings darauf bestanden hatte, dass ausgerechnet sie beide nach Berlin fahren sollten, war ihm ein Rätsel.
»Lassen Sie uns doch mal ein bisschen herumspinnen«, sagte Hensen. »Was denken Sie, wie sieht unser Täter aus? Ist er klein, groß, was arbeitet er?«
»Nach dem von Kaja erstellten Profil ist er zwischen 30 und 50, kein Einzelgänger, aber jemand, der enttäuscht ist, frustriert.«
»Wo isst so ein Mann? Was beschäftigt ihn? Wofür gibt er sein Geld aus?«
»Eintrittskarten fürs Museum«, sagte Tannen.
Hensen richtete sich leicht in dem Beifahrersitz auf: »Tannen, Sie können Witze machen? Das ist ja nicht zu fassen! Also, was isst der Täter, wie sieht seine Bettwäsche aus?«
»Streifen, dunkle Streifen«, sagte Tannen.
Was interessierte ihn, in was für einer Bettwäsche der Killer schlief?
»Lieblingsspeise?«
»Sushi.«
»Sie glauben also, der Mann hat Stil … ich meine, nicht so ein Fast-Food-Typ.«
»Eher nicht«, sagte Tannen.
Die weitere Fahrt verlief vorwiegend schweigend. Nur einmal fragte Hensen ihn, ob er noch mit seiner Freundin Joyce zusammen war.
Als sie eine Stunde später das Büro des Berliner Hauptkommissars Arlandt betraten, schoss der gleich hinter seinem Schreibtisch hervor.
»Berlin gefällt Ihnen, stimmt’s?«, sagte er.
Hensen streckte ihm seine Hand entgegen, doch der Hauptkommissar ignorierte sie.
»Erklären Sie mir das mal. Wir haben Opfer in Schleswig-Holstein, Hamburg, München, ja sogar in Italien …«
»Und das erste der Serie in Berlin«, sagte Tannen.
»Sie haben eine Theorie?«
»Lücken«, sagte Hensen, »wir haben gewaltige Lücken.«
»Das ist ja nicht gerade erbaulich.«
»Unterschätzen Sie das nicht. Weiße Stellen können verflucht kreativ machen«, sagte Hensen.
»Kreativ? Ich denke, Sie suchen einen Serienkiller.«
»Genau, und deshalb müssten wir an Ihr Computersystem und vor allem an Ihre Archive.«
»Sie wollen unbeschränkten Zugang?«, fragte Arlandt. »Wer gibt Ihnen das Recht …«
»Kriminaldirektor Wirch. Rufen Sie ihn an.«
»Schön«, sagte Arlandt. »Was genau suchen Sie?«
»Genau das, was nicht vorhanden ist.«
»Gibt es noch mehr solche Clowns in Hamburg?«, fragte Arlandt an Tannen gewandt und deutete mit dem Daumen auf Hensen.
»Ihnen ist klar, dass Sie unsere Arbeit behindern?«, erwiderte Tannen scharf. »Nichts spricht dafür, dass diese Serie so einfach endet.«
Arlandt nahm ein paar Aktenordner vom Schreibtisch, wies auf den Computer und sagte: »Bedienen Sie sich. Der Rechner ist eingeloggt.«
»Und dann schicken Sie mir doch mal den Polizeizeichner, der die Phantomzeichnung angefertigt hat«, sagte Hensen.
Arlandt nickte und verließ das Büro.
»Läuft doch prima«, sagte der Journalist augenzwinkernd zu Tannen.
Ein paar Minuten später betrat der Zeichner das Büro.
Hensen setzte sich mit ihm an den kleinen Besprechungstisch.
»Herr Stevens, wir müssen noch einmal etwas zu Ihrer Phantomzeichnung fragen.«
Der Polizeizeichner nickte ergeben und senkte den Blick
Weitere Kostenlose Bücher