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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Hecke.
    »Zwanzig Minuten, wenn ich den größten Teil trabe und die letzten hundert Meter galoppiere.«
    Er setzte eine strenge Miene auf, wie ein Schuldirektor, der einer aufsässigen Klasse die Leviten liest. »Und wie lange, wenn Sie im Schritt reiten?« Das Heidekraut zu seinen Füßen hatte die Farbe von Maulbeeren. Sie hatte vergessen, wie schön der September sein konnte.
    Sie würde sich kein Lächeln gestatten. »Fünfunddreißig Minuten oder eine Dreiviertelstunde.«
    Er sah auf die Uhr, dann suchte er in seiner Tasche herum und zog eine Visitenkarte hervor. »Rufen Sie mich bis vier Uhr an«, wies er sie an und reichte ihr die Karte. »Wenn ich nichts von Ihnen höre, rufe ich bei der Feuerwehr, der Armee und der Küstenwache an und außerdem bei jedem Reitstall im Umkreis von dreißig Kilometern und beim Bauernverband. Das wird peinlich für uns beide.«
    »Und sehr teuer für Sie«, gab Evi zurück und steckte die Karte in die Hemdtasche.
    »Dann rufen Sie an.«
    »Mach’ ich.«
    »War nett, Sie kennenzulernen, Prinzessin.«
    Sie drückte mit dem rechten Bein zu, tippte mit der Gerte, und Duchess, die instinktiv wusste, dass es nach Hause ging, machte sich in zügigem Schritt auf den Weg. Evi schaute sich nicht um. Erst als sie weit genug weg war, um sicher zu sein, dass er es nicht sehen konnte, zog sie verstohlen die Karte aus der Tasche.
    Ein Mann, dem sie gerade erst begegnet war, bestand darauf, dass sie ihn anrief. Wie lange war es her, dass das passiert war? Er hatte sie in den Armen gehalten. Sie als wunderschön bezeichnet. Sie hatte ihn auf offener Straße abknutschen wollen. Evi schaute auf die Karte. Reverend Harry Laycock, B. A, Dipl. Th. stand da. Vikar der vereinigten Benefizien Goodshaw Bridge, Loveclough und Heptonclough. Darunter standen Adresse und Telefonnummern. Duchess marschierte weiter, und Evi steckte die Karte wieder ein.
    Es war ein Vikar.
    Da fehlten einem doch einfach die Worte.

11
     
    Harry lehnte zehn Minuten an der Mauer und sah der Frau nach. Erst als sie und der Apfelschimmel in einem Wäldchen verschwanden, drehte er sich um und ging langsam zur Kirche zurück. Als er an dem neuen Haus vorbeikam, konnte er Alice Fletcher im Wohnzimmerfenster sehen; sie telefonierte und behielt dabei Joe im Garten im Auge. Sie sah Harry und winkte.
    Er trat durch den alten Torbogen. Jemand wartete auf ihn.
    Es war eine junge Frau mit dem grauen, verfrüht von Falten gezeichneten Gesicht einer Raucherin oder Trinkerin. Sie trug Jeans und ein ausgeblichenes langärmliges T-Shirt, das Haar hatte sie zu einem festen Pferdeschwanz zurückgebunden. Über dem straffen Haarband war es fettig und fahlbraun, darunter stand es ab wie Stroh, das zu lange in der Sonne gelegen hat.
    »Das war doch Dr. Oliver, stimmt’s?«, fragte sie. »Hat sie was über mich gesagt?«
    Harry sah die junge Frau an. Kein Make-up. Kleider, die nicht allzu sauber waren. Hatte er die ersten paar Sekunden dieses Gesprächs nicht mitbekommen? Den Teil, wo sie sagte, wer sie war und dass es nett sei, den neuen Vikar kennenzulernen?
    »Nun ja, ihren Namen hat sie mir nicht verraten«, erwiderte er nach kurzem Zögern. »Aber jetzt, wo Sie’s erwähnen, sie hat wirklich gesagt, sie sei Ärztin. Hi. Ich bin Harry Laycock.« Er streckte die Hand aus, doch die junge Frau machte keine Anstalten, danach zu greifen.
    »Was hat sie über mich gesagt?«, verlangte sie zu wissen.
    Hier lief irgendetwas ab, wobei er nicht ganz mitkam. Die Frau auf dem Pferd hatte doch gesagt, sie sei zum ersten Mal hier im Ort gewesen, oder? Zum ersten und letzten Mal.
    »Warum lächeln Sie? Was hat sie Ihnen gesagt?«
    Er musste sich einen Augenblick konzentrieren. Diese junge Frau hatte ein Problem. Das war so deutlich zu erkennen wie die Nase in ihrem äußerst ungesund aussehenden Gesicht.
    »Sie hat über niemanden gesprochen«, sagte er. »Sie war vom Pferd gefallen und hatte einen Schock. Aber wenn sie Ärztin ist …«
    »Sie ist Psychiaterin.«
    »Sie ist was?« Unmöglich, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Diese mürrische, reizbare Frau war … Mein lieber Schwan!
    »Nun, davon hat sie nichts gesagt«, meinte er, »aber wenn sie Psychiaterin ist, dann dürfte sie gar nicht mit jemand anderem über ihre Patienten reden, das wäre –«
    »Ich bin keine Patientin. Ich gehe nur manchmal zu ihr.«
    »Alles klar.« Harry ertappte sich dabei, wie er nickte, als verstünde er vollkommen. Was er nicht tat.
    »Sind Sie der neue

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