Bluternte: Thriller
Hause«, meinte sie. »Das hier ist bestimmt die Hütte, von der Jenny uns erzählt hat. Die, in der sie und ihre Schwester früher immer gespielt haben.«
Tom schauderte. Rasch blickte er zu Joe hinüber, der zu Boden schaute, als interessiere ihn die Hütte überhaupt nicht. Plötzlich kam Tom ein Gedanke. Wenn das Mädchen nun in dieser Hütte wohnte?
»Lasst uns gehen«, sagte er laut, und Alice nickte. Die vier gingen weiter, bis sie den Morell Tor erreichten.
»Dürfen wir da raufklettern, Mum?«, fragte Joe.
»Auf gar keinen Fall«, wehrte Alice ab. »Weiter geht’s nicht, nicht in diesem Nebel und ohne euren Vater.«
Tom starrte an dem gewaltigen Turm aus übereinandergehäuften Felsblöcken hoch, der in den Wolken verschwand. Irgendetwas daran, wie er über ihm aufragte, machte ihn nervös. Am liebsten wollte er gar nicht dort hinaufschauen, so wie seine Mum und Joe und sogar Millie es taten. Er wandte sich ab und schrie unwillkürlich auf.
Alice fuhr herum. »Was ist denn los?«
»Da drüben ist jemand«, stieß Tom hervor. »Zwischen den Bäumen. Da beobachtet uns einer.«
Alice furchte die Stirn und kniff die Augen zusammen. Dann blickte sie rasch von rechts nach links. »Ich sehe nichts«, stellte sie fest. »Nur Bäume.«
Tom schob sich dichter an seine Mutter heran. Eine große, dünne Gestalt hatte zwischen den Bäumen gestanden und sie beobachtet. Nachdem sie entdeckt worden war, hatte sie sich bewegt, war wieder im Nebel verschwunden. Tom drehte sich um und wollte Joe gerade einen wütenden Blick zuwerfen, dann jedoch ließ er es bleiben. Der Schemen hatte wirklich nicht die richtige Größe oder Silhouette gehabt, als dass er das Mädchen hätte sein können.
»Na kommt«, sagte Alice. »Wir sollten uns auf den Rückweg machen. Ich glaube nicht, dass sich dieser Nebel in nächster Zeit verzieht. Also, alle Mann im Eilschritt marsch.« Sie hob Millie wieder auf ihre Hüfte und strebte auf die Bäume zu. Dann blieb sie stehen. »Da ist wirklich jemand«, sagte sie leise. »Warte mal, Joe.«
Tom fühlte, wie sich in seiner Brust ein Klumpen bildete. Er konnte niemanden sehen oder zumindest … Seine Mutter griff in die Tasche. Sie zog ihr Handy hervor und warf einen Blick auf das Display. Dann drückte sie ein paar Tasten und hielt es sich ans Ohr.
»Wen rufst du denn an?«, wollte Tom wissen.
»Daddy«, antwortete Alice, bevor sie den Kopf schüttelte. »Der steckt bestimmt noch unter der Erde.«
Sie schaute einmal nach hinten, dann machte sie sich von Neuem auf den Weg und ging den Hügel hinunter. Die Jungen folgten ihr, zuerst Joe, dann Tom. Keiner sagte etwas. Alle paar Schritte wurde Alice langsamer und blickte sich um. Ein paar Sekunden später ertappte Tom sich dabei, wie er dasselbe tat. Hinter ihnen nur graue Wolken. Der Felsenturm war bereits verschwunden.
Nach ein paar Minuten erreichten sie das Buchenwäldchen. Tom schien es, als seien die Bäume größer geworden, seit sie das letzte Mal an ihnen vorbeigekommen waren. Er schob sich noch dichter an seine Mutter heran und stellte fest, dass Joe dasselbe getan hatte. Niemand schien etwas sagen zu wollen. Sogar Millie war ungewöhnlich still. Alice hatte ihr Handy nicht wieder eingesteckt. Wieder warf sie einen Blick darauf, und Tom konnte sehen, dass ihr Daumen über einer der Tasten schwebte. Es sah aus, als wäre seine Mutter drauf und dran, den Notruf zu wählen.
»Mummy, ich hab’ Angst«, sagte Joe mit ganz zaghafter Stimme.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Schatz«, versicherte seine Mutter rasch mit einer Stimme, die ein klein wenig schriller klang als sonst. »In zehn Minuten sind wir zu Hause.«
Wieder marschierte sie los, diesmal langsamer, immer einen Schritt nach dem anderen. Als Tom zu seiner Mum hochschaute, konnte er ihre Augen von einer Seite zur anderen huschen sehen. Jetzt waren sie in der Mitte des Wäldchens. Überall, wohin sie sich wandten, waren sie von dunklen Schatten umringt.
»Tom, Liebling«, sagte Alice, ohne ihn anzusehen. »Wenn ich es dir sage, kannst du dann Joes Hand nehmen und so schnell du kannst den Hügel runterrennen und Daddy suchen?«
»Warum denn?«, wollte Tom wissen.
»Wahrscheinlich ist er noch in der Kirche«, meinte Alice. »Vielleicht auch zu Hause. Kannst du ihn suchen und ihm sagen, wo wir sind?«
»Und was ist mit dir und Millie?«
»Ich passe schon auf Millie auf. Ich weiß doch genau, wie schnell du bist. Ich weiß, dass du und Joe ganz schnell zu Hause sein
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