Blutfehde
gesehen.«
Trish ging zur Tür, während Mike die Rechnung beglich.
»Was ist passiert? Wie ist sie gestorben?«, fragte ich. »Irgend so ein… so ein Tier hat versucht, sie zu vergewaltigen. Wir kamen aus Manhattan zurück, ich erinnere mich noch, dass wir uns im Zug heftig gestritten haben, weil sie mich dauernd fragte, warum meine Familie nicht in die Kirche gegangen war und wie Brendan uns das antun konnte, uns alle für so ein reiches, verwöhntes Mädchen aufzugeben. Sie wollte mit mir abhauen, weil ihre Mutter seit dem Tod ihres Vaters strengere Saiten mit ihr aufzog«, sagte Trish. »Dafür war es aber schon zu spät. Ich glaube nicht, dass sie an dem Abend noch mal nach Hause gegangen ist. Ihre Brüder standen am nächsten Morgen bei uns vor der Tür - wir haben überall nach ihr gesucht.«
»Sie ist in der Woche nicht einmal zur Schule gegangen?«
»Bex war die Schule egal.« Trish runzelte die Stirn und kaute wieder heftig an ihrer Lippe. »In der Nacht, als sie ermordet wurde, rief sie bei mir an.«
»Was wollte sie?«
Sie sah mir in die Augen. »Ich weiß es nicht. Meine Mutter ließ mich nicht mit ihr reden. Sie sagte Bex, dass ich schon schlafen würde und dass sie mir etwas ausrichten würde. Aber das hat mir Mama erst erzählt, nachdem die Polizei ihre Leiche gefunden hatte. Ich habe immer gedacht, dass ich ihr vielleicht hätte helfen können, Sie wissen schon, wie man als Kind eben so denkt? Ich gab mir die Schuld. Ich dachte, dass sie in der Nacht nicht umgebracht worden wäre, wenn sie irgendwo hätte übernachten können oder so. Ich hätte sie retten können, wenn sie sich nicht so aufgeregt hätte und -«
»Das ist eine schwere Last, die Sie sich da aufgebürdet haben, Trish«, sagte ich. »Was auch immer geschah, es ist nicht Ihre Schuld.«
»Sie muss in der Nacht große Angst gehabt haben, da sie mich anrief. An unserem letzten Tag, den wir gemeinsam verbrachten, haben wir uns nur gestritten, sie war so stinksauer wegen meiner Familie und der Hochzeit, dass sie sich die ganze Woche weder telefonisch noch sonstwie bei mir meldete.«
»Waren Sie und Ihre Brüder dabei, als man sie fand?«, fragte ich.
»Nein, Ma’am. Wir haben sie gesucht, aber die Polizei hat ihre Leiche gefunden, mitten auf dem Golfplatz. Diese Schweine haben sie erwürgt und dann einfach im Park liegen lassen. Weswegen? Es muss eine Vergewaltigung gewesen sein, denn wegen etwas anderem hätte sie sich gar nicht erst gewehrt. Sie wollten doch wissen, wie Bex gestorben ist? Sie wurde erwürgt. Ich erinnere mich noch daran, als die Detectives zu uns nach Hause kamen, um mir Fragen zu stellen, wann wir sie das letzte Mal gesehen haben und so weiter. Sie nannten es einen sanften Mord. Für mich hörte es sich nach dem genauen Gegenteil an.«
21
»Ein sanfter Mord. Das ist das größte Oxymoron in der Rechtsmedizin.« Mike strich sich sein dunkles Haar aus der Stirn. »An einer Strangulation ist nichts Sanftes. Es ist eine der schmerzhaftesten Todesarten, die es gibt. Man ringt nach Luft, während einem jemand vier oder fünf Minuten lang das Leben ausdrückt.«
Als »sanfte Morde« bezeichnete man Morde ohne Waffen oder Werkzeuge wie beispielsweise Pistolen, Messer oder Stemmeisen. Die Bezeichnung war Mike und mir ebenso schleierhaft, wie sie es damals für Trish Quillian gewesen war, als sie von dem Schicksal ihrer besten Freundin hörte.
»Hältst du mich für verrückt, dass ich an einen möglichen Zusammenhang mit Amanda Quillians Tod denke?«, fragte ich. »Oder ist es nur ein Zufall, dass sowohl sie als auch Bex Hassett erwürgt wurden?«
»Welchen Zusammenhang meinst du - über die Quillians? Du willst immer alles haben, Coop. Ich dachte, deine Sachverständige sollte dem Gericht erzählen, dass Erdrosseln und Erwürgen zu den gängigsten Tötungsmethoden bei weiblichen Opfern gehören. Besonders, wenn sie auch sexuell missbraucht wurden.«
»Genau deshalb kann ich diese Statistik vor den Geschworenen nicht zu sehr betonen. In Amandas Fall haben wir es nicht einmal mit einer versuchten Vergewaltigung zu tun.«
»Wenn es stimmt, was Trish sagt, hielten es die Cops damals bei Bex für das Tatmotiv. Wenn es dich glücklich macht, kramen wir die damalige Ermittlungsakte noch mal heraus. Bist du in der Zwischenzeit bereit, Phinneas ausfindig zu machen?«
»Meinst du, es lohnt sich?«
»Trish hat zur Hälfte Recht.« Mike wählte eine Nummer auf seinem Handy. »Jemand hatte es auf Duke abgesehen.
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