Blutfrost: Thriller (German Edition)
still stehen. Ich sah ihn vor mir, wieder so, wie er gewesen war, als ich ihn noch nicht gekannt hatte, als er noch kein Rollstuhlmann war. Ich konnte mir alles ausmalen, in lebendigen Bildern, schließlich hatte ich mir neunzehn Jahre lang erfolgreich eingebildet, ein Kind zu haben. Es war deutlich zu erkennen, dass er einmal ein großer Mann gewesen war, ein starker Mann, jemand, der über andere bestimmte und sicher nicht immer nett gewesen war. Jetzt war er ein Mann, der sich nicht mehr rühren konnte, dessen Oberkörper ebenso gelähmt war wie seine Beine, seine Finger und sein Schwanz. Ich an seiner Stelle würde mich in mein altes Leben zurückschreien oder, wenn das nicht ging, ins Krematorium. Er aber schrie nicht, obwohl er das immerhin noch konnte. Er würde auch nicht vor Wut gegen Türen treten, selbst wenn er könnte. Er stammte aus einer anderen Galaxie.
Es stimmte, er hatte mich gewarnt: Ich bin etwas für Fortgeschrittene . Doch zu dem Zeitpunkt hatte er noch nicht gewusst, dass auch ich behindert und etwas für Fortgeschrittene war.
Mit einer ungeduldigen Bewegung fuhr er mit seiner rechten Hand über meine Brust. »Willst du dich nicht ausziehen?«
Ich löste meine Wickelbluse, warf sie auf einen Stuhl und sah mich um. An verschiedenen Stellen im Zimmer standen Aggregate, deren Funktion ich nicht kannte, aber ich fragte nicht nach, musste ja nicht alles wissen. Dann zog ich meinen Rock und mein schwarzes Seidenunterhemd aus, obwohl ich es eigentlich lieber anbehalten hätte. Es lenkte von meinem kleinen Bauch ab, und an diesem Abend wollte ich perfekt sein. Man sollte nicht alles sehen. Er wollte aber, dass ich es auszog, und der Drang, ihm zu gehorchen, war einfach unbändig. Ich warf es zu der Bluse auf den Stuhl. Irgendwie erfüllte mich diese Geste mit ungeheurer Wärme und einem richtigen Glücksgefühl.Ich sah zu der Steppdecke hinüber, die seinen Körper von der Brust bis zu den Zehenspitzen verdeckte, und nahm mir vor, sie nicht anzurühren. Dann stellte ich mich so hin, dass er alles sehen konnte. Den schwarzen BH, den schwarzen Slip, die schwarzen Strümpfe mit den zwei Laufmaschen, meinen uralten Seeräuberschatz, den ich ihm und mir zuliebe angezogen hatte. Das zitternde Gefühl kam wieder, breitete sich bis in den letzten Winkel meines Körpers aus und betäubte mich, als er mich mit seinen Augen streichelte, ohne auch nur einen Fleck auszulassen.
»Du bist so hübsch, so anziehend, Maria. Du hast fantastische Beine.«
Es klang immer so echt, so ehrlich, wenn er das sagte. Mein Körper summte wie ein Glas voll wütender Insekten.
»Dreh dich um.« Ich gehorchte. »Du hast einen tollen Rücken, so gerade.«
Wie eine Katze kroch ich zu ihm ins Bett, legte mich auf seine linke Seite und drückte mich an ihn. Er streichelte mir mit der Rückseite seines Armes über den Rücken. »Deine Haut ist wie Seide.« Fantastische Beine, schöner Rücken, Seidenhaut.
Ich hatte davon geträumt, hier mit ihm zu liegen, hatte mir Bilder und Gefühle ausgemalt. Wenn ich mich über seinen Rollstuhl beugte und ihn küsste, war er nichts als ein Mund, der meinen Körper explodieren und alle Mauern einstürzen ließ. Ein Mund ohne Körper, ein Mund, vollkommen losgelöst von der toten, schweren Basis, dem runden Bauch, den verkümmerten Beinen.
Er konnte sich nicht umdrehen, war dazu verdammt, an dem Ort liegen zu bleiben, wo er abgelegt worden war. Ich hatte Lust, ein Bein unter die Decke zu schieben, um zu spüren, wie seine Beine durch meine Berührung zu neuem Leben erweckt wurden. Stattdessen stützte ich mich auf die Ellenbogen undküsste seine Lippen, schob meine Zunge in sein Nasenloch und leckte seinen Mund.
»Zieh deinen BH aus«, sagte er in meinen offenen Mund hinein, als habe er instinktiv gespürt, dass er mich nicht bitten durfte. Er musste befehlen. Ich richtete mich langsam auf, öffnete den BH, schüttelte ihn ab und legte mich auf den Rücken. Seine tote Hand rieb meine Brustwarze und ließ mich vollkommen sinnlos total feucht werden. Blind vor Lust auf etwas, was ich nicht bekommen konnte.
»Küss mich.«
In meinen Gedanken trug er eine Uniform, kommandierte und stieß mich herum, sodass ich hinfiel und zu blau und grün geschundener Begierde wurde. Ich wusste, wie er vor dem Unfall gewesen war. Attraktiv und stark, freundlich, aber bestimmt, dominant, kontrollierend. Kompetent. Er war 1,92 m groß gewesen und hatte Schultern wie ein Stier gehabt.
»Zieh deinen Slip aus, ich
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