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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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wiederholte Lina, ein Zittern von Zorn in ihrer Stimme.
    «Ja. Aber es ist ein sehr privates Konto, wissen Sie. Ein höchst ungewöhnliches Konto.»
    «Jetzt nicht mehr. Jetzt gehört es der Familie.»
    «Vielleicht, Miss Bazzaz. Aber ich muss Sie um eine weitere Legitimation bitten. Die PIN -Zahl bitte.»
    «Die was?» Lina hatte keine Ahnung, was er meinte.
    «Die PIN -Zahl. Die verlangen wir für sämtliche von unseren vertraulichsten Konten, als zusätzliche Sicherheitsvorkehrung. Wenn Sie sie nicht haben, dann kann ich mit Ihnen leider nicht weiter über diese Angelegenheit reden.»
    «Die PIN -Zahl?», sagte sie wieder.
    «Ja, ja. Auf Französisch nennen wir es
le code personnel
oder einfach nur den
code

    Plötzlich starrte es sie aus der kurzen, zwei Zeilen umfassenden ‹Notfall-Akte› an: «Code 0526.» Sie räusperte sich. «Selbstverständlich habe ich die PIN -Zahl, Monsieur. Natürlich. Sie heißt null-fünf-zwei-sechs.»
    Mercier tippte die Zahlen in seinen Computer. Er schloss die Augen und öffnete sie wieder, weit wie die Welt. Sein dünner Mund verzog sich leicht, und Lina meinte ein kleines Pfeifen zu hören. Nur ein Atemhauch, aber hörbar. «Also, Miss Bazzaz, ich muss mich wirklich aufrichtig entschuldigen, aber ich muss Ihnen mitteilen, dass ich ein Problem habe.»
    «Wieso? Soll ich die Zahl wiederholen?»
    «Nein. Die Zahl ist vollkommen korrekt. Das ist mein Problem.»
    «Was soll das heißen? Sie haben mich um zwei Legitimationen gebeten, und ich habe sie Ihnen gegeben. Was verlangen Sie jetzt noch?» Ihre Stimme klang angestrengt, als wäre sie innerlich wirklich aufgewühlt. Mercier reichte ihr ein Seidentaschentuch, mit dem sie sich die Augen betupfte.
    «Ich will versuchen, es Ihnen zu erklären», sagte Mercier. «Ihr Onkel hat, wie Sie richtig sagen, ein Konto bei dieser Bank unterhalten. Ein ziemlich großer Betrag, wie Sie sich vorstellen können. Aber die Bedingungen, die für dieses Konto vereinbart wurden, sind sehr ungewöhnlich. Wegen der erforderlichen Diskretion und der Tatsache, dass es Ihrem Onkel nicht möglich war, die Bank aufzusuchen, wurde vor vielen Jahren ein Treuhänder bestimmt. Ein
fiduciaire
. Und es ist mir untersagt, ohne seine Genehmigung in irgendeiner Weise über dieses Konto zu verfügen.»
    «Das ist doch alles Unsinn. Wovon reden Sie da?»
    «Damit meine ich, dass wir nicht direkt mit Ihrem Onkel geschäftlich verkehrt haben, sondern stets über einen Mittelsmann. Der Nutznießer dieses Kontos war nicht mit dem Unterschriftsberechtigten identisch, wenn Sie mir folgen können. Was die Situation jetzt etwas schwierig macht.»
    «Wieso? Was ist daran so schwierig?»
    «Schwierig deswegen, weil ich widerstreitende Anweisungen bezüglich der Verfügung über das Konto erhalte.»
    «Es tut mir leid, aber ich verstehe es immer noch nicht.»
    «Meine liebe Miss Bazzaz, innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden habe ich noch mit einer anderen Person gesprochen, die behauptet, die Erben und Nutznießer dieses Kontos zu repräsentieren.
Das
ist das Problem.»
    «Wer?»
    «Ein Geschäftspartner Ihres Onkels. Ich muss seinen Namen leider vertraulich behandeln.»
    «Er ist ein Betrüger», sagte Lina.
    «Das glaube ich nicht. Er legte die gleiche Legitimation wie Sie vor, um seine Anspruchsberechtigung zu belegen, nämlich die Nummer dieses speziellen Kontos. Eine Nummer, die nur Ihrem Onkel und seinem von ihm ernannten Repräsentanten bekannt war. Sie sehen also, es ist ein Rätsel.»
    «Er ist ein Betrüger», wiederholte Lina. «Was werden Sie tun?»
    «Ich warte auf Anweisungen.»
    «Anweisungen? Von wo werden Sie Anweisungen erhalten?»
    «Von dem Mittelsmann, den ich erwähnt habe und der seit vielen Jahren die Interessen Ihres Onkels in seinen Geschäftsbeziehungen mit dieser Bank vertritt.»
    «Ist dieser Mann ein Iraki?», wollte Lina wissen. Sie nahm an, er spreche von Hammud.
    «Nein, Mademoiselle. Kein Iraki. Er ist Amerikaner, wenn Sie es unbedingt wissen möchten.»
    «Amerikaner? Wieso fragen Sie einen Amerikaner, was mit dem Geld meines Onkels geschehen soll? Mein Onkel hat Amerika gehasst.»
    «Aber nein, da irren Sie sich gewaltig, Miss Bazzaz. Ihr Onkel hat Amerika nicht gehasst, ganz gleich, was er öffentlich geäußert hat. Das kann ich Ihnen versichern.»
    Lina war verwirrt. Weshalb sollte der Herrscher sich einen Amerikaner aussuchen, um sich in seiner geheimsten Bankbeziehung vertreten zu lassen? Es machte keinen Sinn. «Diesen

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