Blutgeld
terrorisieren.»
«Das ist nicht mein Problem», sagte sie langsam. «Ich habe Mr. Pinta bloß ein paar Zeilen wegen seiner Frau geschrieben. Es war reine Höflichkeit.»
Hoffman sah sie an, flehte sie mit den Augen an, so wie er es an dem Abend auf der Party gemacht hatte. Sie kamen jetzt zum Rand des Waldstücks. Auf dem Weg fünfzig Meter vor ihnen ging ein Mann mit seinem Hund spazieren. Sie hatten nicht mehr viel Zeit, und er wusste, dass es nicht seine Mission war, Barmherzigkeit zu suchen. Was er hier machte, war Arbeit. Er hatte immer noch einen Klienten, auch wenn er tot war, und er wollte immer noch die Informationen haben.
«Wem gehört Coyote wirklich?», fragte er flüsternd. «Wissen Sie es?»
«Hören Sie auf», sagte sie.
«Bitte. Ich brauche Ihre Hilfe. Ich habe Pinta versprochen, etwas zu unternehmen. Aber ohne das nötige Wissen kann ich nicht zur Polizei gehen. Was macht Hammud im Irak?»
«Hören Sie auf!», wiederholte sie. Sie hatte ihren Gang beschleunigt. Hoffman spielte seine letzte Karte aus. Mehr hatte er nicht. «Was ist Oscar Trading?»
Lina drehte sich um und sah ihm direkt in die Augen. Sie war plötzlich aschfahl im Gesicht. «Das weiß ich nicht», sagte sie scharf. «Lassen Sie mich in Ruhe.»
Sie verließen jetzt das Waldstück und kehrten auf die offene Rasenfläche zurück, auf einem Weg, der quer über die Wiese Richtung Speaker’s Corner führte. Alle paar Meter standen Bänke, auf denen noch einige Gestalten allein im schwindenden Tageslicht saßen. Hoffman überflog die Gesichter schnell mit einem prüfenden Blick und hielt dann bei einer Person inne, vielleicht dreißig Meter entfernt, die in eine Zeitung starrte. Er hatte diesen Mann schon einmal gesehen. Er trug jetzt keinen Helm, und er hatte einen grauen Trenchcoat an, um seine Kleidung zu verstecken. Aber es waren dieselben strohblonden Haare. Der Motorradbote, der sich vor einer halben Stunde noch gesonnt hatte, war jetzt in neuer Garderobe auf der anderen Seite des Parks wiederaufgetaucht. Hoffman suchte die Wiese ab, während er sich fragte, was er unternehmen solle. Lina sah die Anspannung in seinem Gesicht.
«Was ist los?», fragte sie.
«Nichts», sagte Hoffman. Es war nicht einmal eine gute Lüge. Er überlegte einen Augenblick und flüsterte ihr dann zu: «Hören Sie zu, Lina. Bitte tun Sie genau, was ich sage, und es wird nichts passieren. Verstanden? Zuerst möchte ich, dass Sie mir eine ordentliche Ohrfeige geben. Und dann sagen Sie zu mir, so laut Sie können, dass ich aufhören soll, Sie zu verfolgen. Und dann laufen Sie weg. Kapiert?»
Ihr Blick verriet, dass sie die Situation begriffen hatte, aber ihr Körper erstarrte angesichts der Erkenntnis, dass sie verfolgt worden waren.
«Los, verdammt nochmal», sagte Hoffman. «Jetzt!»
Sie holte weit aus, von seiner Stimme erschreckt. Ihre Handfläche traf seine Wange wie ein plötzlicher Donnerschlag.
«Hören Sie endlich auf, mir hinterherzurennen», schrie sie. Ihre Augen funkelten. Die Wut war echt. «Sie Dreckskerl! Ich habe Ihnen doch nach der Party gesagt, dass ich Sie nicht mehr sehen will, und das hab ich auch so gemeint. Verpissen Sie sich.» Sie knallte ihm noch eine, und dann rannte sie los, über die Wiese, Richtung Park Lane.
Mehrere Leute im Park sahen von ihren Bänken auf, einschließlich des Motorradboten. Hoffman blickte Lina nach, befühlte seine brennende Wange und verfluchte seine Leichtfertigkeit. Aber wenigstens hatte er ihr ein Alibi verschafft.
11
Nachdem sie Hoffman verlassen hatte, war Lina wie benommen. Sie überquerte die Park Lane, lief dann in südliche Richtung, dann nach Osten Richtung Mayfair, dann wieder nach Süden Richtung Piccadilly. Es war ein zielloser Marsch, völlig willkürlich, als wollte sie nicht einer Person oder einem Ort entkommen, sondern etwas in ihrem eigenen Körper. Gedanklich spielte sie durch, was sie Professor Sarkis sagen könnte, aber in ihrem Kopf herrschte nichts als Angst; da war kein Platz mehr für überlegtes Denken. Es war, als hätte sie plötzlich erfahren, dass sie an einer Krankheit litt. Noch vor ein paar Stunden war sie gesund gewesen, jetzt war sie plötzlich krank. Die einzig mögliche Therapie bestand darin, in Bewegung zu bleiben. Sie nahm die U-Bahn in Green Park und fuhr eine Station bis Victoria Station, wo sie für ein paar Minuten in den Strom der Pendler eintauchte. Sie wusste, dass Hammuds Männer sie bestimmt auch dort beobachteten. Sie waren wie ein
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