Blutgeld
Dschidda oder sonst wo, doch der Juniorpartner würde das nie erfahren. Wenn irgendjemand Fragen stellte, entgegnete Hatton stets: Unternehmen Sie nichts. Und früher oder später verschwanden die Probleme von allein.
Der Senator am anderen Ende der Leitung nahm schließlich Hattons Rat an. Endlich konnte er auflegen und sich mit den anderen geschäftlichen Dingen befassen. Er öffnete die an Arthur T. Peabody adressierte Kuriertasche. Sie enthielt einen neunseitigen Bericht, der keinerlei Rückschlüsse auf den Verfasser zuließ. Die Titelseite war leer bis auf eine Kurzfassung des Inhalts in Großbuchstaben: « DERZEITIGE AKTIVITÄTEN VON SAMUEL HOFFMAN ». Hatton las den Bericht schnell durch und anschließend gleich ein zweites Mal, sorgfältiger. Als er damit fertig war, nahm er den Bericht und ging zu einer Tür auf der anderen Seite seines Büros. Die Tür war in demselben dezenten Beige gehalten wie das restliche Büro, sodass sie kaum sichtbar war. Es war eine Stahltür mit einem Doppelschloss. Hatton gab den Code ein, nahm einen großen Schlüssel aus seiner Tasche und entriegelte die Tür, die in einen kleinen fensterlosen Raum führte, der etwa die Größe eines begehbaren Wandschranks hatte. Dies war Hattons Privaturkundenraum, in dem er alle unter Geheimhaltung stehenden Dokumente seiner ungewöhnlichen Kanzlei aufbewahrte. Er öffnete einen von mehreren Tresoren und legte den Bericht hinein.
Nachdem er seinen Dokumentenraum wieder abgeschlossen hatte, suchte er seine Sekretärin auf, um sich über die bisherigen Anrufe für ihn zu informieren. Ganz oben auf dem Mitteilungsstapel lag eine Telefonnotiz, die mit «Dringend» gekennzeichnet war. Sie kam von einem alten Freund in London, einem Mann, der jahrelang ein hoher Staatsbeamter gewesen war und sich jetzt im Vorruhestand befand. Hatton ließ sich sofort verbinden. Er redete über zwanzig Minuten, für seine Verhältnisse ein langes Gespräch, und als es beendet war, ging er zu seinem Dokumentenraum zurück und wiederholte die Prozedur, um sich Eintritt zu verschaffen. Diesmal öffnete er einen anderen Tresor und entnahm ihm ein Blatt mit Namen und Telefonnummer eines Anwalts in Manila. Der philippinische Anwalt war ein weiterer alter Freund von Hatton, der während der Marcos-Jahre dem philippinischen Geheimdienst gedient hatte. Es war einer von den unzähligen Kontakten, die Hatton in seinem langjährigen Umgang mit Geheimsachen geknüpft hatte, und er achtete genau darauf, dass dieser Mann – und die vielen anderen wie er – so viele Aufträge oder sonstige Unterstützung bekamen, wie die Firma Hatton, Marola & Dubin ihnen zuschustern konnte. Es war ein Glaubenssatz von Hatton, dass man die Gesamtheit der Aktivitäten auf der Welt auf das Geldmachen und Geldverstecken reduzieren konnte und, wenn man darin erfolgreich war, auch noch auf das Geldausgeben.
Hatton rief persönlich in Manila an. Er entschuldigte sich zuerst, seinen alten Freund mitten in der Nacht aufgeweckt zu haben. Und nach einer knappen Plauderei, die dem Mann am anderen Ende der Leitung Gelegenheit gab, wach zu werden, formulierte Hatton seine Bitte. Sie war einfach und direkt. Es dauerte keine fünf Minuten, bis Hatton seinem philippinischen Freund dankte und ihn für seinen nächsten Aufenthalt in Washington anschließend in sein Wochenendhaus einlud.
Dieses Telefonat setzte eine Kette von Ereignissen in Gang, die sich um die halbe Welt erstreckte. Sie begann am nächsten Morgen in Manila, als der philippinische Anwalt einen seiner Kontaktmänner im Außenministerium anrief und eine besondere Bitte an ihn richtete. Der Mann im Ministerium wiederum veranlasste, dass ein dringendes Telex an die philippinische Botschaft in London geschickt wurde. Der Beamte in London, der die Nachricht empfing, befolgte die Anweisung und rief eine Londoner Finanzberaterfirma an. Am Ende dieser Kette stand Sam Hoffman.
«Hoffman Associates», sagte er in die Sprechmuschel. «Was kann ich für Sie tun?» Sam beantwortete seine Anrufe selbst, seitdem seine ehemalige Sekretärin, eine Jamaikanerin, gekündigt hatte, um in einem Kabarett als Sängerin zu arbeiten.
«Hier ist Botschaftsrat Costanza von der Philippinischen Botschaft», sagte die Stimme am anderen Ende. «Entschuldigen Sie die Störung, aber ich bin gebeten worden, Ihnen etwas auszurichten.»
Bei dem Wort Philippinen wurde es Sam unbehaglich. Er hatte sich in der vergangenen Woche zunehmend Sorgen um das Schicksal seines
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