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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Jungs aufregst, dann machen die dich verrückt, bis du völlig übergeschnappt bist. Also nimm sie nicht zu ernst. Was ist denn das Schlimmste, was sie dir antun können? Dich rausschmeißen, oder? Ich meine, wir sind hier nicht in Bagdad, und sie haben keine Armee. Das Einzige, was sie wirklich können, ist allen Angst machen. Du hast keine Familie mehr im Irak, oder?»
    «Doch», sagte Lina. «Meine Tante.»
    «Oh. Das hast du mir nie erzählt. Aber glaub mir, die werden ihr schon nichts tun. Die haben genug andere Probleme. Also zum Teufel mit ihnen! Sollen sie ruhig ihre kleinen Spielchen spielen und sich ihr Geld nehmen, aber lass dich bloß nicht von denen unterkriegen!»
    «Ich hab heute gebetet», sagte Lina
    «
Was
hast du?» Wie die meisten von Linas jungen arabischen Bekannten – Christen wie Moslems – war Randa zutiefst weltlich eingestellt. Für sie war die Religion der Feind jeglichen Lebensgenusses. Das war was für Fanatiker, die
«Maku wali illa Ali»
sangen – «Es gibt keinen Herrn außer Allah» – und Dieben die rechte Hand abschlugen.
    «Ich hab gebetet», wiederholte Lina.
    Randa schüttelte den Kopf. Ihre Freundin war in schlechterer Verfassung, als sie gedacht hatte. «Willst du eine Valium haben? Ich hab ein paar übrig.»
    «Nein», sagte Lina. «Es geht schon.»
    «Lass dich von denen nicht unterkriegen», wiederholte Randa. «Denk daran, ihre einzige Waffe ist das Angstmachen. Und jetzt sieh zu, dass du ordentlich schläfst.»
    Lina nickte. Randa hatte recht. Aber sie war sich nicht sicher, ob das kühne Gerede den Bösen Blick täuschen könnte.

12
    Sam rief an diesem Abend Prinz Jalal bin Abdel-Rahman an. Es war eine Art Buße für seinen Fehler vom Nachmittag Lina gegenüber, für seinen Fehler dem philippinischen Koch gegenüber und für so viele andere Fehler, die er im Laufe der Jahre gemacht hatte in dem Versuch zu beweisen, dass er nicht der egoistische und verantwortungslose Mensch war, für den der saudische Prinz ihn gehalten hatte. Es war Glück, dass Jalal zufällig in dieser Woche in London war, und natürlich wollte er Sam nach so vielen Jahren wiedersehen, und warum nicht noch am selben Abend? Denn wenn es eines gibt, was arabische Männer noch besser können, als eine Fehde zu beginnen, dann ist es, eine zu beenden – sich zu umarmen, zu vergeben und zu vergessen. Als Sam auflegte, konnte er schon fast das Kratzen von Jalals Bart auf seinem Gesicht spüren, während er Sam auf beide Wangen küsste und ihn wieder im Stamm der vernünftigen Männer willkommen hieß.
    Prinz Jalal wohnte in einem großartigen Regency-Stadthaus am Hyde Park Square. Der Architekt des Prinzen hatte lediglich die beigefarbene Fassade des Gebäudes stehen lassen – mit seinen perfekt proportionierten dorischen Säulen und den Fensterziergiebeln im neoklassischen Stil Robert Adams – und innen alles entkernt. Im Inneren dieser eleganten und nüchternen Mauern hatte sich der Prinz einen modernen Vergnügungspalast bauen lassen. Er war das Produkt einer Phantasie, die sich von zu vielen
Playboy
-Heften genährt hatte; der Prinz hatte sie als Student an der Colorado State University verschlungen. Das zweite Kellergeschoss beherbergte einen Swimmingpool, von dicken Glaswänden umgeben, wie ein Aquarium, damit der Prinz zusehen konnte, wie sich seine Gäste im Wasser vergnügten. Im Stockwerk darüber war ein Squash-Raum, ein Fitnessbereich und daneben ein Spielzimmer mit Flipperautomaten und Videospielen und einem Wechselautomaten, der amerikanische Vierteldollar ausspuckte, ohne dass man einen amerikanischen Dollar hineinstecken musste. Die darüberliegenden beiden Stockwerke hatten alles, was die Wohnung eines reichen Mannes haben muss: offizielle Wohn- und Esszimmer, Schlafzimmer, Büros, Teeküchen, Salons. Darüber schließlich befand sich das bestimmende Merkmal des Hauses: eine zweistöckige Vergnügungskuppel, die anscheinend ausschließlich für Sex geschaffen worden war. Es gab von Spiegeln umgebene Betten, einen Vorführraum im Hollywood-Stil mit Sesseln und einem Sofabett. Es gab sogar einen kleinen Raum, in dem der Prinz die Reste eines Automobils hatte installieren lassen, sodass er sich den Spaß machen konnte, einige seiner jüngeren weiblichen Gäste auf dem Rücksitz eines Wagens zu besteigen, ganz so, wie er es zu seiner Studentenzeit getan hatte.
    Hoffman kam kurz nach zehn, die Zeit, wie er sich erinnerte, in der es bei Jalal allmählich anfing, lebhaft zu werden.

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