Blutgesicht
Mühe machen, sie zu finden. Wichtig war, daß wir Lassalle schnappten. Er konnte uns den richtigen Weg zeigen.
Die Tür war hinter uns zugefallen. So blieb auch das letzte Licht verschwunden. So finster wie es beim ersten Hineinschauen ausgesehen hatte, war es nicht. Die Vorhänge deckten die Fenster nicht völlig zu. An den Seiten sickerte schon Licht durch, das auch bis zum Boden reichte.
Wir sprachen nicht und verständigten uns nur durch Gesten. Ich deutete mit dem Zeigefinger nach rechts und nickte Suko dabei zu. Er verstand und bewegte sich auf diese Seite. Ich nahm mir die linke vor.
Nach wenigen Schritten schon geriet ich in die unmittelbare Nähe der ausgestellten Bilder.
Düstere Motive, zumindest in dunklen Farben gemalt, und deshalb bei diesem grauen Brei kaum zu erkennen. Hellere Flecke oder Abschnitte kamen mir immer wie Wolkenlücken vor, aber es war kaum zu sehen, ob das Gemälde ein Porträt oder ein Stilleben zeigte. Von einer Landschaft ganz zu schweigen.
Schaute ich nach rechts, sah ich Suko. Er bewegte sich ebenso leise wie ich. Bei ihm sah es aus, als würde ein Schatten an den Gemälden entlanggleiten. Der blankgewienerte Boden schimmerte wie die dunkle Fläche eines nicht enden wollenden Spiegels. Flach und düster lag auch die Decke über unseren Köpfen.
Jane hatte von einem Blutgesicht geträumt und damit von dem Mann, der die Bilder gemalt hatte. Nathan Lassalle. Wir hatten ihn im Restaurant gesehen. Ohne Blutgesicht natürlich. Möglicherweise hing hier irgendwo ein Bild, das eben dieses Motiv zeigte. Nur war es leider zu finster, um es auf den ersten Blick erkennen zu können.
Die kleine Leuchte einzuschalten, erschien mir zu riskant. Ich wartete deshalb ab und hoffte, daß sich Nathan Lassalle irgendwann zeigte. Ich konnte mich einlach nicht mit dem Gedanken anfreunden, daß er auch verschwunden sein sollte. Das hier war seine Welt, die er sich geschaffen hatte. Und er würde sich persönlich um jeden nicht willkommenen Eindringling kümmern, wie eben auch um Jane Collins, von der wir noch immer keine Spur entdeckt hatten.
Ab und zu schaute ich nach, was Suko tat. Auch er gönnte den Bildern hin und wieder einen Blick, ansonsten aber bewegte er sich so langsam weiter wie ich. Zwischen den aufgehängten Bildern gab es Lücken. Breit genug auch für eine Tür, einen seitlichen Ausgang, wie auch immer. Davon war nichts zu sehen. Nichts sollte den Besucher von den Bildern ablenken. Deshalb auch diese Kahlheit.
Nach einer kurzen Bewegung seines Arms blieb Suko stehen. Wir hatten ungefähr die I lallte der Strecke hinter uns gebracht. Passiert war nichts, und ich konnte mir auch keinen Grund für die Veränderung vorstellen.
Da Suko nichts sagte, hielt auch ich den Mund. Er hatte seine I laltung verändert. Er wirkte jetzt sprungbereit. Wie jemand, der auf einen bestimmten Gegner wartet und genau weiß, daß er sich in seiner Nähe versteckt hält.
»Was hast du?«
»Moment noch, John.« Er tat nicht viel, drehte nur den Kopf, um mir danach die Antwort zu geben. »Ich habe das Gefühl, daß hier einiges nicht mehr stimmt.«
»Was hast du gesehen?«
»Nichts.«
»Du bist gut und…«
»Gerochen, John!«
Das hatte sich fast lächerlich angehört, nur hütete ich mich, darüber zu lachen. Wenn Suko so etwas sagte, hatte er seine Gründe. Ich kannte ihn gut und wußte daher wie scharf seine Sinne sensibilisiert waren.
Auf leisen Sohlen ging ich zu ihm, ohne allerdings etwas riechen zu können. Oder doch?
Schon sehr nahe mußte ich bei Suko stehen, als mir der Geruch auch auffiel. Möglicherweise auch deshalb, weil die Umgebung irgendwie klinisch rein war. Was hier wie ein feiner Duftstreifen in meine Nase drang, paßte nicht hierher. Es war alt, es war verbraucht, und es sonderte auch einen bestimmten Geruch ab.
»Klar, Suko, hier ist oder war etwas.«
»Und was?«
Ich überlegte. »Ich würde sagen, daß es nach alter Kleidung riecht, die lange nicht gewaschen wurde. Das ist wohl falsch, kann ich mir denken.«
»Du hast recht.«
»Dann sag schon was.«
»Blut, John, das ist Blut. Es umschwebt uns der Geruch von altem Blut. Nicht mehr und nicht weniger. Ich würde das sogar auf meinen Eid nehmen.« Er nickte heftig.
»Blut paßt zu Blutgesicht. Damit auch zu Janes Traum.«
»Das ist hier kein Traum mehr.«
»Es könnte auch Spuren geben!« flüsterte ich.
»Sicher.«
»Gib du auf die Umgebung acht, Suko, ich schaue mich mal hier um. Besonders am Boden.«
Er wußte,
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