Blutgold
auf
mich ein. Die Schläge prallten von meinen Schultern und an der Seite meines
Kopfes ab. Ich kniete vor ihr und ließ mich schlagen, bis ihre Tränen
versiegten. Dann zog ich sie an mich und hielt sie fest. Anfangs versteifte sie
sich, doch dann erwiderte sie die Umarmung.
»Jetzt verstehe ich, warum sie Ihre Visitenkarte hatte«, bemerkte
Burke.
»Halten Sie die Schnauze«, fuhr ich ihn an, ohne ihn eines Blickes zu
würdigen.
Burke
ging, und sein Vorgesetzter kam herein, ein Inspektor namens Charlie Gilmore.
»Sie waren ein
bisschen schroff zu Peter«, sagte er.
»Ach, ja?«
Gilmore nickte. »Er ist jung. Kein Grund, grob zu ihm zu sein. Sie sind
hier nicht in Ihrem Revier.«
»Hier geht es nicht um Reviere, es geht darum, so mit Menschen
umzugehen, als gehörten wir alle zur selben Spezies.«
»Ach, wir wissen sehr wohl, dass wir alle zur selben Spezies gehören.
Was wir uns allerdings fragen, ist, woher genau sie wohl stammt. Ich setze auf
Russland.« Er nickte knapp, als könnte diese Information meine Reaktion
beeinflussen.
»Sie ist Tschetschenin. Sie heißt Natalia Almurzayev«, sagte ich.
»Und woher kennen Sie sie?«, fragte er, zerrte den Stuhl hinter dem
Schreibtisch hervor und setzte sich.
»Ihr Mann wurde vor drei Wochen in Lifford erschossen.«
Er nickte. »Der versuchte Bankraub, der Typ mit der Plastikpistole.«
»Genau.«
»Seine Frau war mit ihrer kriminellen Laufbahn aber auch nicht viel
erfolgreicher«, bemerkte er glucksend. »Und wie unterhalten wir uns jetzt mit
ihr?«
Eine
Stunde später wurde Karol Walshyk in den Vernehmungsraum geführt. Irgendjemand
hatte einen Teller mit Sandwiches und Tee aufgetrieben. Ich hatte versucht,
mich mit Natalia zu verständigen, doch vergeblich. Sie sagte immer wieder
»gut«, während sie aß, und lächelte gezwungen. Doch das Lächeln, mit dem sie
Karol begrüßte, war echt, und ganz kurz schimmerte die Frau auf, die sie
gewesen sein musste, bevor sie nach Irland gekommen war.
In Karols
Reaktion mischten sich Entsetzen und Mitleid. Er sprach sie sofort auf
Tschetschenisch an und ignorierte uns andere. Schließlich schien er mit ihren
Antworten zufrieden zu sein, stellte sich neben sie, nahm ihre Hand und wandte
sich mir zu.
Gilmore kam mit Burke herein. Instinktiv nahm ich den Stuhl, den man
für mich neben die der PSNI -Beamten gestellt
hatte, und rückte ihn auf die andere Tischseite, neben Natalia.
Gilmore legte zwei leere Bänder in den Kassettenrekorder, der auf dem
Tisch befestigt war, und schaltete ihn ein. Dann nannte er Datum und Uhrzeit,
stellte sämtliche Anwesenden vor und begann mit der Vernehmung.
»Können Sie uns erklären, was Sie gerade taten, als Sie verhaftet
wurden?«, fragte er.
An
dem Abend, als ich sie aus dem Haus in Strabane geholt hatte, war Natalia mit
Helen Gorman zu einem Imbisslokal in der Nähe gefahren. Nachdem ich Gorman
angerufen und gebeten hatte, mir bei der Verfolgung von Pferdeschwanz zu
helfen, hatte sie Natalia gesagt, sie müsse kurz weg. Doch eine Stunde später
war sie noch immer nicht zurückgekehrt, und Natalia machte sich allmählich
Sorgen, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte. Dann kam die Kellnerin an
ihren Tisch, um sie zu warnen, dass sie von einer Gruppe männlicher
Jugendlicher in einer Ecke des Lokals beobachtet wurde. Einer trug einen
Trainingsanzug und hatte blond gefärbte Haare. Er rief ihr etwas zu, was bei
seinen Freunden lautes Wiehern auslöste. An seinem Gesichtsausdruck erkannte
Natalia deutlich, in welche Richtung seine Bemerkung gegangen war.
Eingeschüchtert
verließ sie das Lokal, voller Angst, die Jungen könnten ihr folgen. Sie lief
die Umgehungsstraße entlang nach Hause. Als sie dort ankam, waren ihre Freunde
in heller Aufregung. Verärgert über ihre Abwesenheit hatte der Mann mit dem
Pferdeschwanz ihnen gedroht, er werde am folgenden Abend wiederkommen. Falls
sie bis dahin das Geld nicht hatte, würden die anderen Hausbewohner dafür büßen
müssen.
Sie würde sich etwas überlegen, versprach sie ihnen. Sie würde den
Polizisten um Hilfe bitten.
In diesem Moment wurde die Haustür aufgestoßen. Pferdeschwanz kam
direkt auf sie zu, sein Mund zu einem wütenden Schlitz zusammengepresst. Er
packte sie an den Haaren und schlug sie mit dem Gesicht gegen die Wand. Er
beschimpfte sie. »Schlampe«, sagte er. »Schlampe.«
Die Schläge waren so hart, dass ihre Nase brach. Sie schrie, und eine
der anderen Frauen sprang Pferdeschwanz auf den Rücken. Er schlug
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