Blutgold
Mitten im Essen
hatte er seine Schlüssel genommen und das Restaurant verlassen.
Offenbar war er zur Goldmine gefahren, wo Kate in ihrem
Transportbehälter lag, bereit für ihre Reise nach Amerika am nächsten Morgen.
Mit dem Kreuzschlüssel aus dem Kofferraum seines Wagens hatte Fearghal sich
gewaltsam Zugang zum Gebäude verschafft. Er wurde von den Überwachungskameras
aufgenommen, als er durch die eingeschlagene Tür ins Gebäude kletterte und
direkt auf die Kiste zusteuerte, die zu packen er einige Stunden zuvor geholfen
hatte. Mit dem Ende des Kreuzschlüssels, das dazu diente, die Radkappen zu
entfernen, war es Fearghal gelungen, den Deckel von der Kiste zu lösen.
Dann wurde er dabei gefilmt, wie er den luftdicht versiegelten Behälter
einschlug, in dem Kate lag. Er hob die Frauenleiche aus den Glasscherben und
ging zurück auf den Parkplatz.
Die durch die Alarmanlage auf den Plan gerufenen Polizisten holten ihn
ein, als er sich mit Kates ausgedörrter Leiche auf den Armen zu der Grube
schleppte, in der sie entdeckt worden war.
Ich
holte Linda in ihrem Hotel ab, und wir fuhren zusammen zur Wache. Sie war die
ganze Fahrt über sehr nervös, und ich hatte wenig Erfolg mit meinen Versuchen,
ein Gespräch mit ihr zu führen.
»Gehen Sie
und Fearghal schon lange miteinander aus?«, fragte ich.
Sie wandte mir das Gesicht zu. »Wir gehen nicht miteinander aus«,
fauchte sie mich an. »Er war auf dem College mein Tutor.«
»Tut mir leid«, sagte ich. »Ich dachte …«
»Fearghal hat mir durch eine schwere Zeit hindurchgeholfen, als ich
Studentin war. Er ist ein guter Mann.«
»Wir waren früher gute Freunde«, sagte ich zustimmend.
»Das hat er mir erzählt«, erwiderte sie. »Er sagte, früher habe er zu
Ihnen aufgeblickt.«
Nun sah ich sie meinerseits erstaunt an. Sie wandte das Gesicht ab und
sprach den Rest der Fahrt über kein Wort mehr.
Als
wir auf die Wache kamen, war Fearghal bereits angeklagt und gegen Kaution
freigelassen worden. Er saß auf einem Plastikstuhl im Eingangsbereich. Neben
ihm auf dem Boden lag ein brauner Umschlag, in den man nach der Verhaftung
seinen Besitz gesteckt hatte. Er saß vornübergebeugt, als wäre er völlig
erschöpft, den Kopf auf die Hände gelegt. Als wir hereinkamen, schaute er auf.
Sein Gesicht war verquollen und bleich, auf seiner Stirn glänzte Schweiß. Die
Augen waren rot gerändert und trüb.
Er
schluckte trocken und versuchte meinen Namen zu sagen. Ich legte ihm die Hand
auf die Schulter, während Linda sich neben ihn setzte und fragte, wie man ihn
behandelt habe.
»Gut«, murmelte er. »Wie geht’s Kate?«
Linda sah zu mir hoch, ehe sie antwortete, und das allein sagte ihm
alles, was er wissen musste.
»Sie ist … sie ist schwer beschädigt«, sagte sie schließlich.
»Na komm, Fearghal.« Ich half ihm aufzustehen. »Zeit zu gehen.«
Er stützte sich auf mich, als wir zum Auto gingen.
»Es tut mir leid, Benny«, sagte er und klopfte mir auf den Rücken. »Ich
mache nichts als Scherereien, seit ich hier bin.«
»Mach dir darum keine Sorgen, Fearghal«, erwiderte ich. »Kämpfst immer
noch für die gute Sache, was?«
»Ich konnte doch nicht zulassen, dass Hagan sie in seine dreckigen
Finger bekommt. Jetzt können sie sie nicht mehr verkaufen«, sagte Fearghal.
»Bringen Sie diesen Besoffenen hier weg«, hörte ich eine Stimme hinter
uns.
Ohne Fearghal loszulassen, drehte ich mich um. An der Tür der
Polizeiwache standen Harry Patterson und John Weston. Weston hatte Patterson
offensichtlich seine Anweisungen erteilt. Nun gaben sie sich zum Abschied die
Hand.
Ich hätte mich einfach wieder umdrehen und weitergehen sollen. Ich
hätte nichts sagen sollen.
Scheiß drauf, dachte ich. Ich führte Fearghal zum Auto, reichte Linda
meine Schlüssel und ging zurück zur Wache.
»Ich will, dass die Wasserbehörde das Wasser im Carrowcreel
untersucht«, sagte ich, als ich vor den beiden Männern stand. »Ich glaube, sie
wird Verunreinigungen im Fluss finden, die von der Mine stammen.«
»Ich will die Kleine bumsen, die drüben im Café arbeitet«, versetzte
Patterson und nickte in Richtung des Hauses gegenüber. »Aber das wird nicht
passieren, was?« Er lachte gezwungen und wandte sich Weston zu in der
Erwartung, dieser werde auf seinen Witz eingehen.
Doch Weston lächelte nicht einmal. »Das ist eine schwere
Anschuldigung«, sagte er. »Haben Sie dafür Beweise?«
»Janet Moore wusste davon. Ich glaube, dass sie und Leon Bradley
Beweise dafür
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