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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Frau ein. Die Schaufenster der umliegenden Geschäfte waren unter dem Kugelhagel der Juwelenräuber zu Bruch gegangen und hatten einige Leuchtreklametafeln zerfetzt. Trümmer und Scherben, so weit das Auge reichte. Maja bot sich ein Bild der Verwüstung, als sie den Blick über die Szenerie schweifen ließ.

7
    Es war Ulbricht unangenehm, dass ausgerechnet sein Handy während der Besprechung klingelte. Normalerweise schaltete er das Ding auf lautlos, doch diesmal hatte er es irgendwie vergessen - wahrscheinlich, weil er nach der kurzen Nacht zu spät im Präsidium aufgeschlagen war.
    Sekundenlang herrschte Stille am langen Besprechungstisch, und Ulbricht glaubte, das schadenfrohe Grinsen von »Brille« Heinrichs zu sehen. Normalerweise fing er sich immer einen Rüffel von Ulbricht ein, sobald sich das Telefon in den unmöglichsten Situationen meldete. So schien es ihm nur recht zu sein, dass es diesmal seinen Vorgesetzten traf.
    Nachdem er eine Entschuldigung in Staatsanwalt Schaumerts Richtung gemurmelt hatte, zog er mit umständlichen Bewegungen sein Handy hervor, warf einen Blick auf das Display und erkannte eine Handynummer, die er offenbar nicht abgespeichert hatte. Entsprechend distanziert meldete er sich.
    »Wer stört?«
    Diese Frage, die er vorhin von Kegelmann aufgeschnappt hatte, gefiel ihm.
    »Hauptkommissar Hansmeier, Kriminalwache. Es hat einen Zwischenfall in der Elberfelder Innenstadt gegeben. Raubüberfall auf einen Juwelier.«
    »Ist nicht meine Baustelle - ich arbeite an einem Mordfall.«
    »Ich fürchte schon, da wir einen Toten zu beklagen haben.«
    »Scheiße.«
    »Da sagen Sie was.« Hansmeier berichtete Ulbricht kurz und präzise, was sich ereignet hatte. Wie durch ein Wunder war bei der Flucht der Räuber kein weiterer Mensch zu Schaden gekommen. Aber es hatte einen jungen Mann erwischt, der sich mit seiner zukünftigen Frau in dem Schmuckgeschäft befunden hatte, als die Räuber aufgetaucht waren.
    »Ich bin in zehn Minuten da.« Ulbricht drückte die rote Taste am Handy und erhob sich. »Die Morgenrunde ist hiermit aufgehoben«, teilte er den Anwesenden mit und berichtete, was er eben von KHK Hansmeier erfahren hatte. Nachdem die Aufgaben verteilt waren, stürmte Ulbricht aus dem Büro. Die Frühstückspause konnte er vergessen.
    Wuppertal-Elberfeld, Poststraße, 9.40 Uhr
    Maja blickte auf, als sich ein alter Vectra den Weg durch die Fußgängerzone bahnte. Sie hatte den Seelsorgern, die sich um die Augenzeugen des brutalen Raubüberfalls kümmerten, zur Seite gestanden und geholfen, wo sie konnte. Einer der Männer betreute gerade eine wimmernde junge Frau, die einen schreienden Säugling auf dem Arm hielt.
    Der sogenannte »erste Angriff«, wie es im Polizeijargon hieß, war im vollen Gang. Trotz Absperrband und eisigem Nieselregen ließen sich die Schaulustigen nicht davon abhalten, sich die Hälse zu verrenken. Jugendliche hielten Handys in die Höhe und filmten.
    Pressefotografen waren keine Viertelstunde nach dem Überfall auf den Juwelier aufgetaucht und schössen ihre Aufnahmen. Auch ein Fernsehteam war eingetroffen und hatte sich neben einem Reisebüro in Position gebracht. Ein paar Meter weiter mischte sich eine Frau Anfang dreißig unter die Anwesenden. Sie hielt ein Mikrofon in der Hand, auf dessen Logo Maja eine stilisierte Schwebebahn erkennen konnte. Wahrscheinlich eine Mitarbeiterin des lokalen Radiosenders.
    Hier fand der reinste Sensationstourismus statt, dachte Maja erschrocken. Aber wahrscheinlich wäre das in Hameln nicht anders. Natürlich hatte sich die Botschaft, dass es bei dem Überfall auf den Juwelier einen Toten gegeben hatte, wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Der schwarze Wagen eines Bestatters war vor einer Viertelstunde vorgefahren und hatte die Gerüchte der Schaulustigen bestätigt. Es gab wieder etwas zum Fotografieren, und so löste sich die Traube der Menschen auch nicht auf, als sie von den uniformierten Polizisten aufgefordert wurden, den Ort des Geschehens zu verlassen. Maja wandte den Kopf und blickte in die Richtung, aus der sie nun Stimmen hörte.
    Dass Norbert Ulbricht jetzt hier auftauchte, wunderte Maja im Grunde genommen nicht: Immerhin hatte es einen Toten gegeben; somit fiel der Raub auch in das Zuständigkeitsgebiet des KK 11, dessen Erster Hauptkommissar Ulbricht war.
    Hätte sie ihn vielleicht anrufen sollen?
    Ein hochmotivierter, etwas schlaksiger Streifenpolizist sprang auf den alten Opel zu und stoppte ihn mit finsterer Miene.
    Norbert

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