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Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Gründerzeit-Fassade. Acht Klingelschilder, dem Namen nach schienen die meisten keine deutschen Mieter zu sein. Das Schild mit der Aufschrift »C. Mertens« befand sich ganz unten, demnach wohnte Carolin Mertens in der Parterre des Hauses.
    Nach dem zweiten vergeblichen Klingeln zuckte Ulbricht die Schultern. »Sie ist nicht da.«
    »Oder sie schläft, weil sie sich mit Beruhigungsmitteln zugepumpt hat«, erwiderte Maja und drängte sich an Ulbricht vorbei, um den Finger auf den Klingelknopf zu legen. »Lass mich mal«, sagte sie. »Vielleicht machst du was falsch.«
    »Wahrscheinlich hab ich nicht die richtige Klingeltechnik drauf«, brummte Ulbricht mit einem Schulterzucken. »Kannst ja mal lauter klingeln.«
    Maja betätigte den Knopf drei Mal, doch die Türe öffnete sich nicht. »Und nun?«
    Ulbricht feixte. »Wissen wir, dass du es auch nicht besser kannst.« Er deutete mit dem unrasierten Kinn die Schusterstraße hinunter. »Wir warten, vielleicht ist sie auch noch unterwegs. Ich fahr hier nicht noch mal hin, wenn es nicht sein muss. In diesem Viertel hier ist ein Parkplatz mehr wert als ein Sechser im Lotto.«
    Maja folgte ihm auf den Bürgersteig und ließ die Blicke über die teils heruntergekommenen Fassaden der umliegenden Mehrfamilienhäuser gleiten. »Das würde ich nicht unterschreiben. Wie nennt sich das Viertel hier?«
    »Ölberg.«
    »Liegt der nicht in Jerusalem?« Seite an Seite stapften sie durch den Regen zu Ulbrichts Wagen. Zwei südländisch aussehende Jungs grinsten sie frech an und streckten dem alten Kommissar die Zunge heraus.
    »Das hier ist der echte Ölberg«, erwiderte Ulbricht mit ernster Miene. Dann legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht. »Das nennen die Wuppertaler so, weil die Laternen hier bis zuletzt mit Öl betrieben wurden. Die gesamte Stadt war längst an die Elektrizität angeschlossen…«
    »Hm.« Maja nickte. Ihr war anzusehen, dass sie sich hier nicht sonderlich wohlfühlte.
    »Manche sprechen auch vom Wuppertaler Kiez«, fuhr Ulbricht fort. »Und das ist gar nicht mal so sehr daneben. Hier leben Menschen aller denkbaren Nationalitäten auf engstem Raum zusammen - das birgt schon mal Zündstoff.«
    Maja nickte verstehend. »Und sicherlich auch Arbeit für die Polizei.«
    »Was soll's - die Mieten hier sind billig und ideal für Studenten.«
    »Carolin Mertens ist aber keine Studentin mehr.«
    »Vielleicht verdient sie nicht gut genug.« Sie waren am Vectra angelangt. Ulbricht schob den Schlüssel ins Türschloss. Die Zentralverriegelung sprang schnappend auf. Sie stiegen ein und stierten durch die verregneten Scheiben nach draußen. Den Eingang des Hauses, in dem die Verkäuferin lebte, hatten sie von hier aus im Auge.
    »Da tut sich was«, rief Maja plötzlich und streckte den Arm aus. Tatsächlich trat ein Mann vor das Haus. Er schlug den Kragen hoch und versenkte die Hände in den Hosentaschen. Da er die Kapuze seines Sweat-shirts aufgezogen hatte, konnten sie von seinem Gesicht nicht viel erkennen, doch Ulbricht schätzte ihn anhand seines Kleidungsstils auf Mitte zwanzig bis Mitte dreißig. Nachdem sich der Mann ein paar Mal umgeblickt hatte, marschierte er eilig in Richtung Marienstraße davon.
    »Der hat Dreck am Stecken«, behauptete Maja.
    Ulbricht blickte sie unverwandt an. »Sicher«, sagte er. Als Maja ihn nur wütend anfunkelte, fuhr er fort: »Maja, in dem Haus leben acht Parteien. Es wäre ein ziemlich großer Zufall, wenn dieser Typ bei Carolin Mertens zu Besuch war, findest du nicht?«
    »Die Chance steht eins zu sieben, statistisch jedenfalls.«
    »Ich werde ihm jetzt nicht nachfahren und seine Personalien aufnehmen«, erwiderte Ulbricht seelenruhig. Er legte die rechte Hand auf die Lehne des Beifahrersitzes und sank demonstrativ in die Polster. »Hier finde ich nie wieder einen Parkplatz!«
    »Aber wir sollten ausschließen können, dass…«, setzte Maja an, wurde aber durch den Klingelton von Ulbrichts Handy unterbrochen.
    Er seufzte, richtete sich auf und zog das Telefon hervor. »Der Herr Staatsanwalt.«
    »Sie hatten recht«, kam Schaumert ohne Umschweife auf den Punkt. »Brabender steckt tatsächlich in finanziellen Schwierigkeiten.«
    »Bingo«, rief Ulbricht. »Aber Sie sind von der schnellen Truppe, Respekt.«
    »Die eingetretenen Umstände erfordern schnelles Handeln.«
    Ulbricht glaubte, Schaumerts Schmunzeln förmlich hören zu können. »Und der Richter hat sich anfangs geziert, doch ich habe es mir nicht nehmen lassen, die entsprechenden

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