Blutgrab
blickte ihm tief in die Augen. »Das passt irgendwie nicht zu dem, was Sie uns hier erzählen.«
»Die Sache mit dem Führungszeugnis kann ich klären«, schlug Langer kleinlaut vor. »Allerdings heute nicht mehr - meine Mitarbeiter sind längst im Feierabend, und ich habe ihn nicht eingestellt.«
Er rudert zurück, bemerkte Ulbricht zufrieden. »Zurück zum Anlass unseres Besuches: Er war also heute Vormittag nicht hier bei Ihnen?«
Langer schüttelte den Kopf und fuhr sich durch das gegelte Haar. »Nein, das heißt, er war nicht bei mir persönlich. Es ist aber auch gar nicht meine Aufgabe als Niederlassungsleiter, mich um die Zeitarbeiter in unserem Hause zu kümmern.«
»Sicherlich hat er eine Sachbearbeiterin oder einen Sachbearbeiter, den Sie anrufen können, um das zu klären?«, fragte Maja.
»Natürlich. Ich werde das sofort erledigen.« Hektisch griff Langer zum Hörer und tippte eine Nummer ein. Das Gespräch war denkbar kurz. Er erkundigte sich bei der Person am anderen Ende der Leitung, ob es einen Termin mit Gertz gegeben hatte. Danach legte er auf, blickte die Polizisten an und schüttelte den Kopf. »Leider nicht, nein. Ich werde noch unsere Empfangsdame anrufen - bei ihr werden alle Mitarbeiter zentral vorstellig, bevor sie zum Gespräch mit einem der Sachbearbeiter vorgelassen werden.« Ohne eine Antwort abzuwarten, wählte Langer noch einmal.
»Ich bin es, Jens. Sag mal Janine, es geht um einen Nils Gertz, in unserem Datensatz ist er als Personen-und Werksschützer erfasst. War er heute Vormittag bei uns?« Langer lauschte kurz, dann: »Und du bist ganz sicher? Nein, Janine, ich bezweifle das doch nicht. Nichts für ungut. Danke und tschüss.« Er legte auf, lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und legte nachdenklich die Fingerspitzen beider Hände aneinander.
»Er war tatsächlich nicht hier, und die Sachbearbeiterin, mit der ich zuerst telefoniert habe, konnte mir sagen, dass sich Herr Gertz tatsächlich krankgemeldet hat, und zwar telefonisch. Ich fürchte, wir kommen hier nicht weiter.« Langer verschränkte die Arme vor der Brust. »Bedeutet das nun, dass Herr Gertz in Schwierigkeiten ist?«
Ulbricht hatte sich erhoben. Er hatte keine Lust mehr auf dieses Geplänkel. Zeitarbeitsfirmen waren ihm zuwider, und dieser Langer wirkte immer noch nicht sehr sympathisch auf ihn. Hinzu kam, dass er einen vorbestraften Mann als Sicherheitskraft an ahnungslose Unternehmen vermittelte. Der Kommissar zuckte die Schultern.
»Das werden wir jetzt herausfinden.« Ulbricht nickte Maja zu. »Apropos heraus, bleiben Sie sitzen, wir finden alleine heraus.«
*
»Sie hat dir gefallen.«
Maja lächelte ihn vielsagend an. Mit dieser Art zu lächeln kam Ulbricht nicht zurecht; er konnte ihre Gedanken nicht einordnen.
»Was, wer?«, murmelte er, während sie zum Wagen gingen.
»Die Blondine, diese Janine.«
»Sie ist eine arrogante Kuh.«
»Das ändert nichts an ihrem Aussehen«, stellte Maja fest und blieb stehen.
Ulbricht, der ein paar Schritte weitergegangen war, drehte sich zu ihr um. »Was soll das werden? Ein Verhör?«
»Du hast ihr erst auf die Brüste, dann auf den Hintern geguckt.«
Ulbricht winkte ab. »Ich bin ein Mann, und rein genetisch…«
Maja lachte und schloss zu ihm auf. »Komm mir nicht mit der alten Leier.«
»Als wenn ich was mit ihr anfangen würde. Ich bin ein alter Sack, Maja.«
»Für mich nicht.« Das Lächeln erlosch, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Ulbricht spürte, wie ihm das Blut bis unter die Haarspitzen schoss. Er fühlte sich ertappt. Dennoch genoss er Majas Nähe und den Geschmack ihrer Lippen. Doch der schöne Moment war schneller vorbei, als es ihm lieb war.
»Und jetzt?«, fragte er ein wenig enttäuscht.
»Holen wir uns diesen Gertz. Und wenn es nach mir ginge, stecken wir ihn beim kleinsten falschen Wort sofort in U-Haft.«
Ulbricht hatte keine Einwände, und so erreichten sie schweigend den Wagen, der in der Wasserstraße im eingeschränkten Halteverbot parkte. Ein Knöllchen zierte den rechten Scheibenwischer.
»Hier«, sagte Maja und zog den Strafzettel unter dem Wischer hervor, um ihn an Ulbricht weiterzureichen. »Mit einem freundlichen Gruß von deinen Kollegen.«
13
Das malträtierende Geräusch eines Presslufthammers dröhnte in seinen Ohren, als Portier Hans Hermanns seinen Arbeitsplatz im Erdgeschoss des Sparkassenturms verließ und sich an der Stechuhr ausloggte. Er nickte dem Mann vom Sicherheitsdienst,
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