Blutherz - Wallner, M: Blutherz
habe?«
Ohne Hast streckte er die Hand nach ihr aus. »Komm mal her.«
»Zuerst möchte ich, dass du mir antwortest!«
»Das will ich. Aber warum können wir das nicht sitzend besprechen?«
Sam setzte sich ans andere Ende des Sofas.
»Ich bin in einer schwierigen Situation«, sagte er leise. »Einerseits brenne ich darauf, dir die Wahrheit zu sagen, gleichzeitig fürchte ich, dich mit meiner Offenheit abzustoßen.«
»Aber nein!« Sie rutschte näher. »Schockiere mich, schockiere mich ruhig. Nichts ist schlimmer als diese Ungewissheit!«
»Ach, Samantha.« Er drehte den Kopf weg. »Ich will nicht, dass du durch mich zu Schaden kommst.«
»Bin ich das nicht längst?« Auch wenn es ihr ernst mit der Frage war, sah sie ihn zärtlich an. »Sag mir die Wahrheit, Teddie, ich flehe dich an.«
»Gut.« Er nahm ihre beiden Hände in seine Rechte. »Gleich beim ersten Mal, als ich dich sah, als wir uns kennenlernten, habe ich mich bis über beide Ohren in dich verliebt.«
Auch wenn sie das aus seinem Mund gerne hörte, blieb Sam wachsam. »Komm mir jetzt nicht auf die Tour.«
»Ich bin noch nicht fertig. Ich habe mich verliebt, obwohl ich glaubte, dass einer wie ich durch die Liebe nicht entflammt werden kann.«
»Einer wie du?«
»Es heißt von uns, in unsern Adern fließt kein lebendiges Blut, wir können unserer inneren Kälte nur durch das Blut l ebendiger Menschen Herr werden. Von uns heißt es, wir existieren in einem Zwischenreich zwischen Leben und Tod, das der Ewigkeit ähnelt.« Der Druck seiner Hand wurde fester. »Ich hatte Angst, dich zu verletzen, dich unausweichlich in
mein Schicksal zu verstricken. Aber dann stellte ich fest, dass ich meinen Hunger auf dein Blut nicht stillen konnte – ich brachte es nicht über mich. Ich vermochte dir nichts zuleide zu tun. Weißt du, was das bedeutet?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wenn ich bin, wie ich bin, wenn ich ein monströses Wesen bin und dich dennoch verschont habe, ist das nicht ein deutliches Zeichen von wahrer Liebe?«
So hatte Sam die Angelegenheit noch nicht gesehen. »Aber ich dachte, du beißt mich nicht, weil …« Wie konnte sie weitersprechen, ohne Richard zu verraten? Richard, der gesagt hatte, nach der Geburt des Kindes würde Sam für die Vampire jede Bedeutung verlieren. »Ich dachte, du verschonst mich, weil du mich brauchst«, endete sie halbherzig.
»Ich brauche dich ja auch, mein Liebling.« Nur ein kleiner Ruck war nötig, schon ließ sie sich in seine Arme ziehen.
»Darum geht es jetzt aber nicht mehr!« Sie bog den Kopf zurück. »Himmel noch mal, Taddeusz, ich erwarte ein Kind von dir.«
Ein Funke glomm in seiner Pupille auf, ein grünes Leuchten, das sofort wieder erlosch und dem Ausdruck der Freude wich. »Wirklich?«
»Als ob du das nicht wüsstest!« Sie wurde ernst. All ihre Versuche, die Wahrheit zu erfahren und ihr Leben zu retten, scheiterten an Teddie. Dem wunderbaren Teddie, der sie im Arm hielt, als wären sie ein ganz gewöhnliches Liebespaar. Verzweifelt schaute sie ihn an. »Was soll denn jetzt geschehen?«
»Als Erstes ziehst du hierher, damit wir uns um dich kümmern können.«
»Wer ist wir?« Sofort entzog sie sich seiner Berührung.
»Dein Vater? Dein Clan? Warum wollt ihr euch um mich kümmern ? Damit ich euch ein kleines Monster zur Welt bringe?!«
Betroffen lehnte er sich zurück. »Siehst du, gegen dieses schreckliche Vorurteil ist kein Kraut gewachsen. Selbst du bist nicht frei davon.«
»Vorurteil?!« Jetzt musste sie wirklich lachen. »Ihr saugt Leuten das Blut aus! Ihr bringt sie um, macht sie zu Monstern!«
»Und wenn ich dir schwöre, dass durch meine Hand seit Ewigkeiten kein lebendiger Mensch mehr zu Schaden gekommen ist?«
Verwundert sah Sam mit an, wie er die Hand zum Schwur auf sein Herz legte.
»Seit Ewigkeiten? Wie alt bist du denn?«
»Wenn unsere Familienchronik stimmt, werde ich in diesem Winter …« Er zögerte. »Tja, nach eurer Zeitrechnung bin ich 412 Jahre alt.«
Sie rang nach Luft. Nun war der letzte Zweifel gewichen. Ihr Geliebter, der Mann ihrer Träume, war ein Vampir.
»Dann bist du also … 1597 geboren«, sagte sie, um das Unfassbare nicht bloß stumm entgegenzunehmen.
»Tja, wie die Zeit vergeht.« Er legte die Hände zwischen die Knie.
»Dann … dann … hast du Queen Elizabeth I. noch auf dem Thron erlebt?«
»Sie war ein böser alter Drachen, das kannst du mir glauben. Die Leute damals haben sie gefürchtet.« Impulsiv beugte er sich zu Samantha.
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