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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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beim nächsten Mal alles über Sams neuen Freund zu erfahren. Um ihre Mutter nicht noch mehr zu ängstigen, hatte Samantha es dabei bewenden lassen. Ein kurzer Abschied und John hatte seine Tochter mit dem Auto zum Flughafen gebracht.
    Sam nahm ihre gewohnte Tätigkeit wieder auf. War es nicht das Vernünftigste, sich so weit wie möglich an die Normalität zu halten, um vom Irrsinn der Ereignisse nicht fortgespült zu werden? Sam machte die Betten, leerte Urinflaschen und ging zum Lunch.
    »Du kannst immer noch glücklich werden«, sagte sie nach Dienstschluss zu ihrem Spiegelbild. »Du liebst einen ungewöhnlichen jungen Mann. Sprich mit ihm, offen und ohne Heimlichkeiten. Teddie ist der Vater deines Kindes. Er hat dich in diese Lage gebracht. Ob mit finsteren Hintergedanken oder nicht, jetzt hat er sich auch darum zu kümmern.«
    Sie warf einen Blick auf die Uhr; draußen musste es jetzt dunkel sein, Taddeusz würde also gerade zum Leben erwachen. Sam wählte ein hübsches grünes Wollkleid und schwarze
Stiefeletten. Kurz vor acht verließ sie die Abteilung. Der Bus brachte sie bis Hyde Park Corner, von dort ging sie zu Fuß. Sie hatte keine Einladung ins Kóranyihaus, hatte nicht einmal versucht, Teddie anzurufen. Wenn sie ihn und seine Fähigkeiten richtig einschätzte, wusste er ohnehin, dass sie kam. Jemand, der als Fledermaus in Lower Liargo auftauchte und ihre Familie zu Tode erschreckte, dem blieb nichts verborgen. Dennoch drehte sie erst eine Runde um den Belgrave Square, bis sie ihre Aufregung so weit im Griff hatte, dass sie sich traute, vor das schmiedeeiserne Gitter mit dem geschwungenen K zu treten. Heute tat sich das Tor nicht von selbst auf; Samantha zog an der altmodischen Klingel. Eine fremde Stimme meldete sich über die Gegensprechanlage.
    »Ich bin Samantha, die Freundin von Taddeusz«, sagte sie. »Ist er da?«
    Einige Sekunden war es still, dann öffnete sich nicht das doppelflügelige Tor, sondern eine kleine, darin eingelassene Tür. Sam näherte sich dem Portal und betrat die Eingangshalle. Ein Angestellter nahm ihr den Mantel ab.
    »Mr Kóranyi erwartet Sie«, sagte er höflich.
    Sie durchschritt den Korridor mit den dreizehn Säulen und erreichte das rote Treppenhaus. Der Gedanke durchzuckte sie, dass sie auf dem Weg nach oben gleich an Richards Zimmer vorbeimusste. Wusste auch er, dass sie zu Besuch kam? Die Antwort auf diese Frage blieb aus, denn im ersten Stock erwartete sie Taddeusz. Er trug ein blütenweißes Hemd mit hochgestelltem Kragen, hatte ein Buch in der Hand, den Finger zwischen die Seiten gelegt.
    »Eine nette Überraschung.« Seine Augen glitten über ihr Kleid.
    »Lüg nicht«, sagte sie offen. »Du wusstest, dass ich komme.«
    »Ach ja?« Leichter Spott lag in seinem Ton. Mit einer Geste
bat er sie ins nächstbeste Zimmer, aber Sam war sicher, man hatte es vorbereitet. Ein Feuer brannte im Kamin, auf dem Tisch standen Süßigkeiten und eine Karaffe.
    »Willst du etwas trinken?« Er ging voraus.
    »Heute werde ich bestimmt nichts trinken«, antwortete sie. »Außer du hast eine ungeöffnete Cola im Kühlschrank.«
    »Ist dir etwas über die Leber gelaufen?«
    »Schluss mit der Komödie.« Sie schlug auf den Tisch. »Ich weiß nicht genau, wer du bist, und vor allem, WAS du bist. Ich weiß nur, dass ich verrückt nach dir bin. Ob das Liebe ist, kann ich nicht beurteilen, denn ich war noch nie wirklich verliebt.«
    Wie um ihr zu zeigen, dass er ernsthaft zuhörte, nahm Teddie auf der Chaiselongue Platz und legte das Buch beiseite.
    »Ich glaube, du kannst nichts dafür, dass du so bist«, fuhr sie fort. »Aber jetzt sind Umstände eingetreten, die uns beide gleichermaßen angehen. Und daher wollte ich dich fragen, ob du … ob du wirklich …« Sam spürte Schweißperlen auf der Oberlippe. Sie konnte es einfach nicht aussprechen! »Ob du in letzter Zeit mal in Lower Liargo gewesen bist.«
    »Wo?«
    »Hör auf damit!«, rief sie schroff. »Warst du dort?«
    »Ja, ich glaube, mich zu erinnern … Gut möglich, dass ich dort gewesen bin.«
    »Und bei diesem Besuch …« Sie schluckte. »Hast du da irgendwie anders ausgesehen?«
    Seine Augen wurden schmal. »Ist das so wichtig?«
    »Klar ist es wichtig, wenn du als …« Sie stockte wieder.
    Er betrachtete seine Fingerspitzen. »Sagen wir, ich schätze es manchmal, auf Reisen in eine andere Haut zu schlüpfen.«
    »Eine andere Haut«, wiederholte sie. »Wenn du dort warst, weißt du, weshalb ich meine Eltern besucht

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