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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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durch den marmornen Korridor und weiter ins Freie. Erleichtert stellte sie fest, dass das Tor aufschwang und ihr den Weg freigab. Sam eilte auf den Belgrave Square, zurück unter die Menschen.

    Nach halbstündiger Fahrt mit dem Bus erreichte sie eine Straße, in der es ohne Kenntnis der Hausnummer unmöglich gewesen wäre, die Adresse, die sie in Tante Margrets Computer aufgespürt hatte, zu finden. Die Reihenhäuser sahen identisch aus. Jedes hatte einen ebenerdigen Erker, zwei Dachgauben und eine braune Eingangstür. Mr Bull wohnte mit seiner Familie im Haus Nr. 112. Samantha fasste sich ein Herz und klingelte. Während Schritte näher kamen, durchfuhr es sie plötzlich, dass Mrs Bull vom Tod ihres Mannes möglicherweise noch gar nichts wusste.
    Der Anblick der Frau in Schwarz bewies ihr das Gegenteil. »Entschuldigen Sie die Störung. Ich komme vom Chelsea and Westminster Hospital«, sagte sie.
    Mrs Bull, eine mollige Dreißigjährige, bat sie herein.
    »Sie kommen wegen der Überstellung? Ich habe dem Krankenhaus schon telefonisch mitgeteilt, welches Bestattungsinstitut wir …« Sie verlor die Fassung, zog die Kleenex-Box heran und schnäuzte sich ausgiebig.
    »Ich bin nicht wegen der Überstellung hier.« Auf eine Geste der Witwe nahm Sam Platz. »Ich arbeite in der Abteilung, wo man Ihrem Mann das Spenderorgan entnommen hat.«
    Aus tränenverschleierten Augen musterte Mrs Bull ihr
Gegenüber. »Für eine Ärztin sind Sie aber noch ziemlich jung.«
    »Dieser Unfall«, überging Sam die letzte Bemerkung. »In unserer Datei steht, Ihr Mann sei kurz nach fünf Uhr morgens zu Tode gekommen. Wieso ist er um diese Uhrzeit und noch dazu bei Regen Motorrad gefahren?«
    »Darüber zermartere ich mir seit Stunden den Kopf.« Mrs Bull seufzte. »In der Nacht hat uns ein Anruf rausgeläutet. Greg wollte mich nicht stören und hat unten telefoniert. Als ich das nächste Mal wach wurde, stand er im Lederdress vor mir, den Helm unterm Arm, und sagte, er hätte was zu erledigen. Draußen goss es aus Eimern! Ich fragte ihn, was der Unsinn soll. Darauf sagte er: Bin bald zurück, mach mir was Leckeres zum Frühstück. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe!« Die Frau schluchzte.
    Sam setzte sich neben sie und streichelte ihre Schulter. »Hat er nicht gesagt, von wem der Anruf kam? Könnte es einer seiner Kumpels gewesen sein – vom Motorradclub?«
    »Um vier Uhr morgens? Das wäre doch unerhört.«
    Sam wartete, bis das Weinen nachließ. »Sagt Ihnen der Name Kóranyi etwas?«
    »Natürlich.« Ein unerwartetes Lächeln huschte über das gerötete Gesicht. »Das ist eine Familie, die uns viel Gutes getan hat.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Als wir die Kreditrate für Gregs neue Harley nicht bezahlen konnten, streckte Mr Kóranyi uns die Summe vor.«
    »Wann hat Ihr Mann sich als Organspender registrieren lassen?«
    »Wir beide«, antwortete Mrs Bull stolz. »Das war uns eine Freude, nach allem, was die Kóranyis für uns getan haben. Was diese Sache betrifft, ist Mr Valerian ein Missionar. Bei jedem
Motorcycle-Treffen schärft er uns ein, wie viel Gutes man als Organspender tun kann. Bedauerlicherweise sind schon einige Clubmitglieder unter traurigen Umständen zu Organspendern geworden.«
    »Sie meinen, sie hatten ähnliche Unfälle wie Ihr Mann?«
    »Ähnlich? Nein.« Sie schniefte. »Es ist nun mal ein gefährlicher Sport. Trotzdem und das ist mein einziger Trost …« Sie nahm Sams streichelnde Hand.
    »Was, Mrs Bull?«
    »Dass Gregs Niere das Leben eines anderen Menschen rettet.«
    Sam brachte es nicht über sich, dieser Frau gegenüber ihren Verdacht auszusprechen.
    »Wann werden Sie ihn überstellen?«, fragte Mrs Bull beim Abschied.
    »Bestimmt bald.« Sam sah das Bild der verunstalteten Leiche vor sich. »Aber Sie sollten den Sarg nicht mehr öffnen, behalten Sie Ihren Gregory so in Erinnerung, wie er vor dem Unfall gewesen ist.«
    Sam ging zum Gartentor. An der nächsten Ecke blieb sie stehen. Mörder , Mörder! Sam konnte nichts anderes denken. Mit seiner geschenkten Niere hatte Teddie ihr bloß Sand in die Augen gestreut. Ein Mensch war gestorben, hinterrücks hatte Teddie ihn im Morgengrauen um die Ecke gebracht, damit ein Junge lebte. Mit entschlossenen Schritten strebte sie zur Bushaltestelle. Taddeusz war ein Monster. Ein Monster, das nicht davor zurückschreckte, den eigenen Bruder einzukerkern. Für Sam gab es jetzt nur noch ein Ziel: Sie musste Richard befreien!

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    S am mochte Knoblauch, um den

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