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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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sagen?«
    Sam schnappte nach Luft, brachte aber keine Antwort heraus.
    »Warum bist du nicht gleich zu mir gekommen?«, sagte die Tante vorwurfsvoll. »Dein kleines Andenken ist mindestens fünf Monate alt. In deinem Zustand hätte ich dir die Stelle hier gar nicht geben dürfen.«
    »Ich wollte … dir keine Schwierigkeiten machen.«
    »Aber genau das hast du getan.« Auf Sams Versuch, etwas
zu erwidern, hob Margret die Hand. »Nicht jetzt. Hier können wir nicht reden. Komm nach Dienstschluss in mein Büro.«
    Samantha versprach es. Mit gemischten Gefühlen kehrte sie an die Arbeit zurück. Natürlich war die Tante sauer auf sie, doch im Grunde machte es keinen Unterschied: Binnen Kurzem hätte jeder die Wahrheit gesehen. Ihr blieb kaum noch Zeit zu handeln. Mit jedem Tag, den sie weiter verstreichen ließ, würde sie schwerfälliger und hilfloser werden. Zum zweiten Mal rief sie Richard an, wieder ohne Erfolg. Gleich darauf wurde ihr übel; sie führte es auf ihre ungewöhnliche Mahlzeit zurück. Als sie den Brechreiz kaum noch unterdrücken konnte, eilte sie auf ihr Zimmer und trank von dem Elixier. Erstaunlich, wie schnell es wirkte. Sie hielt die Flüssigkeit gegen das Licht. Hellrote und dunklere Schwaden wechselten sich ab. Wie stark mochte die Verdünnung sein, dass die enthaltenen Gifte Sam keinen Schaden, sondern Wohlbefinden bescherten?
    In ihrer Tasche vibrierte etwas. Sie nahm das Handy und las eine Nachricht, die von Richards Nummer abgeschickt worden war. Sie enthielt nur ein einziges Wort: HELP. Richards Befürchtungen fielen ihr ein, seine Angst, die Familie könnte draufkommen, dass er mit Samantha gemeinsame Sache machte. Sie tippte die Frage ein, was los sei, wartete minutenlang – seine Antwort blieb aus. Was gab es da noch zu überlegen? HELP. Ihr Freund brauchte Hilfe. Sam nahm den Mantel vom Haken.

27
    I hr Plan konnte tödliche Folgen haben. Lediglich ihr Bauch und sein kleiner Bewohner gaben Sam die nötige Zuversicht, um an der Klingel des Kóranyi-Hauses zu ziehen. Das Tor glitt auf, die Haustür öffnete sich, Sam ging die Halle mit den dreizehn Säulen entlang. An der Treppe erwartete sie ein Angestellter. In ihrer Situation half nur Frechheit.
    »Ich möchte zu meinem Verlobten.«
    »Mr Kóranyi ist nicht im Haus«, antwortete der fahle Bedienstete.
    »Dann warte ich auf ihn.«
    »Gerne. Wenn Sie im Salon …« Er wies die Treppe hoch.
    »Nicht nötig. Ich gehe in den Turm.« Sie wollte ihm vorauseilen, schon auf dem nächsten Absatz holte er sie ein.
    »Mr Taddeusz wird sich bestimmt in wenigen Minuten um Sie kümmern.«
    »In wenigen Minuten? Verstehe, gleich geht die Sonne unter.« Sie sah den Angestellten herausfordernd an.
    Der ließ sich nicht abwimmeln. »Sie werden feststellen, dass es im Salon viel bequemer für Sie ist.«
    »Na gut, warte ich eben dort.« Sie erreichten den ersten Stock, Sam ließ sich die Tür öffnen und fläzte sich auf das nächstbeste Polstermöbel, als habe sie alle Zeit der Welt.
    »Darf ich Ihnen eine Erfrischung bringen?«
    »Ich möchte heiße Schokolade mit viel Schlagsahne.«
    »Schlagsahne?« Er räusperte sich. »Ich bin nicht sicher, ob die Küche darauf eingerichtet ist.«
    »In meinem Zustand brauche ich so viel Sahne wie möglich.« Sie streichelte ihren Bauch. » Ihm schmeckt das ganz besonders.« Sie lächelte bittend.

    »Schlagsahne«, murmelte der Angestellte und zog sich zurück.
    Samantha ließ ein paar Sekunden verstreichen, dann huschte sie zur Tür und lauschte. Sie hörte seine Schritte nach unten verklingen. Rasch zog sie die Schuhe aus und schlich zum zweiten Mal die Treppe hoch. Hastig nahm sie Etage um Etage, bis sie atemlos vor Richards Tür stand. Ohne anzuklopfen, trat sie ein. Der Raum sah so unordentlich aus wie immer und doch war diesmal etwas anders. Hier hatte ein Kampf stattgefunden. Der Infusionsständer lag umgekippt neben dem Bett, das Laken war an den Seiten herausgezerrt worden, als habe jemand versucht, sich daran festzukrallen. Schubladen standen offen, ein Regal war zusammengekracht. Sam entdeckte einen einzelnen Turnschuh, der ohne Zweifel Richard gehörte. Sie hatten ihn fortgeschafft! Wie konnten sie ihrem eigenen Sohn, ihrem Bruder so etwas antun? Entmutigt sank sie aufs Bett und ließ den Blick umherschweifen. Sie hatten auch seine Plüschtiere durchwühlt. Nein, es sah nur so aus – ein Tier schien aus der Sammlung hervorgekramt worden zu sein. Die Stoffratte lag in einer ungewöhnlichen Position auf

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