Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
schwarzer Pudel drängte sich mit einem Hut in seinen Fängen zwischen die Meute der Schaulustigen, und wer auf dieses putzige Schauspiel achtete, der wurde den Hund nicht eher los, bis er ihm eine Münze in den Hut geworfen hatte.
Als die Uhr auf viertel eins schlug, kam endlich der erste richtige Kunde. Geckenhaft gekleidet kostete er nicht bloß und machte verbrauchte Komplimente, sondern kaufte der längst gekränkten Madame zwei Flaschen ab. Dabei schaute er Barbara tief in die Augen und hätte mit Sicherheit noch einen dritten Weißburgunder gekauft, wenn Barbara nicht so spröd auf seine unfachmännischen Bemerkungen geantwortet hätte. Die Geschäftswende begann dann eine Viertelstunde später. Zwei Magistratsbeamte erwiesen Barbara die Ehre, indem sie ihr Mittagessen ausgiebig mit Kostproben begossen und wirklich angetan von soviel Qualität jeweils sechs Flaschen abnahmen. Natürlich sollten sie im Laufe des Nachmittags durch einen Boten geschickt werden. Denn mit unter den Arm geklemmten und in die Rocktaschen gestopften Weinflaschen auf die Amtszimmer zurückzukehren, erschien den braven Beamten anstößig.
Doch damit war der Bann gebrochen. Dass zwei vom Rat bei Barbara einkauften, machte neugierig. Zwei Fischer goutierten ihren Elbling aus dem Fass, ein Weib ließ ihn sich in eine mitgebrachte Flasche abfüllen, für eine Weinschaumcreme, wie sie verriet. Andere Hausfrauen fanden es reizvoll, ihren Männern von der skandalumwitterten van Bergenschen Witwe ein Andenken zu bescheren. Als drei Gesellen von Meister Jonathan sie johlend begrüßten, wurde es sogar gemütlich.
»Der Carli find’t an keinem Weib mehr Gefallen, seit er für Euch gesägt hat«, neckte sie der eine und ließ sich das dritte Schmalzbrot reichen. Wie die anderen Gesellen sprach er dem Elbling zu, der nach übereinstimmender Meinung besser sei als alle Weißburgunder in den Schankstuben. »Und seitdem badet er jeden Monat einmal.«
»So gehört sich’s auch«, sagte Barbara. »Frauen erobert man nicht ungewaschen. Richtet dem Carli einen Gruß aus.«
Eine ganze Weile plänkelte man auf ähnliche Art, zwischendrin die Käufer, von denen sich auch einige für ihren kostbaren Ruländer interessierten. Als die Uhr auf drei schlug, waren die Schmalzbrote verzehrt. Das letzte war das einzige, das Geld einbrachte: Gut gelaunt versteigerte es Barbara zwischen zwei Kaufleuten. Den Zuschlag bekam derjenige, der schwor, ihr das nächste Mal ein Tischfass abzukaufen. Immer mehr Volks kam und genoss im milchiggoldenen Licht bei einem Glas Wein die letzten Herbstfreuden des Jahres. Man schwatzte und lachte in Volksfeststimmung, der van Bergensche Weinstand wurde zum Magneten.
»Eine Flasche Ruländer mit drei Gläsern!«
Barbara schnellte herum und blickte in das grinsende Gesicht Bernhards, der ein Mädchen im Arm hielt. »Madame Nachbarin, ich mache bekannt: Mademoiselle Dimminger aus Bickensohl.«
»Vom Gastwirt Dimminger«, ergänzte die noch schlank zu nennende Blondine, ein Mädchen mit kräftiger Stimme und eckigen Kopfbewegungen. »Ich bin die Johanna. Darf ich Euch Barbara nennen?«
»Aber ja«, antwortete Barbara überrascht und reichte Bernhard die Flasche, weil er sich erbot, den Korken zu ziehen. »Wer ist denn der oder die glückliche dritte?«
»Ihr, Barbara«, sagte Bernhard. »Der eigene Wein schmeckt am besten, wenn ihn jemand zahlt.«
»Ich leg’ bestimmt ein gutes Wort beim Vater ein«, setzte Johanna nach. »Bernhard meint, Euer Wein sei besser als der Schnitzersche.«
»Hab’ ich nie gesagt, Barbara«, lachte Bernhard auf. »Aber es zeigt, dass meine Johanna Konversation zu machen versteht. Damit hat sie mich ins Netz gezogen. Und jetzt zwingt sie mich gar zur Verlobung.«
Barbara konnte nur lächeln und ein paar unverbindliche Glückwünsche aussprechen, denn sie musste bedienen, weil Riecke Gläser spülte. Hastig prostete sie den beiden zu und sah aus den Augenwinkeln, dass Bernhard anerkennend nickte, seine Johanna aber ziemlich beleidigt ins Glas schaute.
»Ich würd’s mir nicht gefallen lassen, Mademoiselle, was er sagt«, mischte sich ein vollbusiges Marktweib mit drahtigem Oberlippenflaum ein, nachdem sie ein Glas Weißburgunder mit kleinen Schlucken geräuschvoll in sich hineingeschlürft hatte.
»So scherzen die Männer, wenn sie verliebt sind. Aber haben sie dir den Ring über den Finger gesteckt, greifen sie ein Jahr später zur Peitsche. Da könnt’ ich viel erzählen …«
»… nur, wenn
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