Blutige Erde Thriller
Land vorzudringen, doch wenn nicht, würde er von diesem erhöhten Standpunkt aus wenigstens sehen können, was auf sie zukam.
»War irgendeiner der Soldaten verletzt, als wir entkommen sind?« Ihre Stimme gewann an Kraft, doch er war sich nicht sicher, ob das ein gutes Zeichen war.
»Der Junge, der versucht hat, dich zu erschießen, ist tot. Seine Waffe ist explodiert.«
Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen, und einen Augenblick lang dachte er, sie würde stürzen.
»Ich hatte nichts damit zu tun, Annika. Es ist einfach passiert.«
»Wir hätten nicht entkommen dürfen.«
»Wie meinst du das?«, sagte er, obwohl er es genau wusste.
Sie drehte sich zu ihm um. »Ich spreche davon, wie wütend unsere Flucht die Soldaten gemacht haben muss. Ich spreche von dem, was sie meinen Freunden aus dieser Wut heraus wahrscheinlich angetan haben.«
»Ich habe diese Chance gesehen, und ich habe sie genutzt, Annika. Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Zusehen, wie dich die ganze Truppe nacheinander vergewaltigt und dich dann mit einer Machete in Stücke hackt, bevor sie mich an einen Pfahl binden und anzünden?«
»Ja!«, sagte sie. »Wir sind nur zu zweit, Josh. Aber im Dorf leben sechzig Menschen. Sechzig Menschen, die mit all dem nichts zu tun haben.«
»Mit all dem nichts zu tun haben?«, sagte er und sprang
auf. »Willst du mich verarschen? Das ist ihr Land, Mtiti ist ihr Präsident. Diese Soldaten sind ihre Kinder. Nicht deine. Und verdammt nochmal nicht meine.«
»Sie haben keine Kontrolle -«
»Bullshit! Das ist alles, was man von diesen ganzen Hilfsorganisationen immer zu hören bekommt. Alle sind die heiligen Opfer von ein paar schwarzen Schafen. Was würde passieren, wenn die Yvimbo den Laden übernähmen? Würden sie die erste aufrichtige afrikanische Regierung in Kraft setzen? Oder würden sie einen Rassenkrieg gegen die Xhisa starten? Es gibt hier keine Opfer, Annika. Sondern einfach nur Leute, die nicht gut genug bewaffnet sind.«
»Einfach nur ein weiterer Haufen Afrikaner«, antwortete sie, und jetzt waren Tränen auf ihren Wangen zu sehen. »Das ist es doch, was du sagen willst, oder? Es spielt keine Rolle, ob sie leben oder sterben, stimmt’s?«
»Das meine ich doch nicht -«
»Aber es ist nicht deine Schuld«, sagte sie, und ihre Worte schienen sich nicht mehr an ihn zu richten. »Du bist gerade erst angekommen. Du hast niemanden aus dem Dorf gekannt. Warum habe ich in der Kirche nur aus dem Fenster gesehen? Ich wusste doch, was draußen ablief. Warum bin ich nicht einfach durch die Vordertür gegangen? Diese Menschen waren für die längste Zeit meines Erwachsenenlebens meine Familie. Das war mein Zuhause.«
»Um Himmels willen, Annika. Sie hätten dich einfach mit ihren Maschinengewehren abgeknallt. Du konntest nicht mehr klar denken. Du hattest Angst. Und das ist absolut verständlich.«
Sie drehte sich um, ging noch ein Stück weiter und verschwand einen steilen Abhang hinab, bevor ihm etwas einfiel, was er noch hätte sagen können.
Er verstand überhaupt nichts - weder dieses Land noch die Menschen, die darin lebten. Nicht einmal seine eigenen Beweggründe. Hätte er dasselbe getan, wenn das Dorf voller amerikanischer Frauen und Kinder gewesen wäre? Und wenn ja, wäre es dann genauso leicht gewesen?
Sie kam eine halbe Stunde später zurück, gerade als seine Sorge so groß wurde, dass er ihr nachgehen wollte.
»Annika, es tut mir leid. Das alles war meine Schuld. Ich habe dich aufgehalten, als du versucht hast, nach draußen zu gehen und diesen Leuten zu helfen. Und als ich eine Chance für uns sah, habe ich sie ergriffen, ohne an die Konsequenzen zu denken.«
»Es ist erledigt«, sagte sie, doch ihr Ton war zweideutig. Keine Wut, aber auch keine Vergebung. Für keinen von ihnen. »Sind wir im Rebellengebiet?«
»Ja.«
Sie nickte in Richtung des Pick-ups. »Was haben wir?«
»Nicht viel«, sagte er, dankbar für den Themenwechsel. »Etwa fünfzig Schuss Munition für das Gewehr. Ein paar Werkzeuge, knapp zwanzig Liter Wasser und eine Tasche mit halb geschmolzenen Schokoriegeln, die ich beim Tanken gekauft habe.«
»Wie viel Geld haben wir noch?«
»Wir hatten von Anfang an nicht besonders viel«, sagte er, streifte sich ihren kleinen Lederbeutel mit dem Bargeld vom Hals und reichte ihn ihr. »Etwa dreihundert Euro.«
»Als ich darüber nachdachte, wie viel ich in den Safe legen sollte, hatte ich nicht gerade eine Situation wie diese im Kopf.«
»Ich
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