Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
rechnen, dass wir dort belastendes Material finden?«
»Ich verweigere die Aussage.«
»Wenn Sie jetzt mit uns kooperieren und uns sagen, was wir dort eventuell finden und wo, wird sich das bei unserer Beurteilung für die Staatsanwaltschaft niederschlagen.«
»Ich verweigere die Aussage.«
Gordon stoppte die zwei Laufwerke des Kassettenrekorders. Dann stand er auf und kam um den Tisch herum. Er hockte sich auf eine Ecke, kreuzte die Arme vor der Brust und sah auf den Nomaden hinab. »Ich vermisse die alten Zeiten«, sagte er.
»Tatsächlich?«, fragte der Nomade.
»Ja, tatsächlich. Die Zeiten, als es noch keine Ombudsstelle und keine Menschenrechtskommission gab. Damals konnten wir bei unseren Verhören noch ein wenig … nun ja, rigoroser vorgehen. Wir haben alles Mögliche gemacht, und keiner hatte etwas dagegen. Ich habe damals einen Haufen Mistkerle hinter Schloss und Riegel gebracht, die meisten aufgrund eines Geständnisses. Da hättest du mal hier sein und sehen sollen, wie weit du mit deinem ›Ich verweigere die Aussage‹-Mist gekommen wärst. Ich bin übrigens Christ, musst du wissen.«
»Freut mich für Sie.«
»Das kann es auch, mein Junge. Meine bessere Hälfte hat mich auf den rechten Weg geführt. Davor habe ich getrunken. Dem hat sie sehr schnell ein Ende gemacht und dafür gesorgt, dass ich in die Kirche gehe und mit dem Herrn da droben meinen Frieden mache. Das muss um neunundsiebzig, achtzig herum gewesen sein. Und weißt du, was komisch ist? Solche Typen wie dich so windelweich zu prügeln, dass nur so die Zähne flogen, hat mich trotzdem nie gestört. Es hat meinen christlichen Glauben nie beeinträchtigt.«
»Das war ja praktisch«, sagte der Nomade.
»War es wirklich, mein Junge. Weißt du, meine Überzeugungen sind mir nämlich heilig. Mein ganzes Leben richte ich nach ihnen aus. Aber wenn ich es mit einem wie dir zu tun bekomme oder dem ganzen Gesindel, das ich damals eingebuchtet habe, dann gelten meine Grundsätze nicht mehr. Weil du nämlich ein Tier bist. In den Augen Gottes bist du nicht mehrwert als ein Schwein in einem Schlachthaus und in meinen auch nicht.«
Der Nomade tat beleidigt. »Moment mal, es gibt keinen …«
»Halt den Mund!« Gordon beugte sich dicht zu dem Nomaden hinab. »Heute machen wir es nicht mehr so wie früher. Ich habe solche Sachen nie für Folter gehalten, nur für rigorose Verhörmethoden. Aber diese ganzen Mitleids-Mimosen und die Politiker haben das nun mal anders gesehen, und damit hat es sich. Aber es ist nicht zu spät, die Uhr noch einmal zurückzudrehen. Du siehst ja jetzt schon ziemlich mitgenommen aus, deshalb müsste ich mir wohl keine großen Sorgen darüber machen, dass ich zu viele Spuren hinterlasse. Und jetzt fang an zu reden, mein Junge, sonst erteile ich dir eine Lektion über die Polizeimethoden vergangener Zeiten. Verstanden?«
Der Nomade schwieg.
Gordons fleischige Hand packte das Gesicht des Nomaden. »Verstanden?«
Der Nomade zuckte die Achseln.
Gordon nahm die Hand weg und wischte sie sich am Hosenbein ab. »Na schön«, sagte er, »kommen wir also wieder zur Sache.«
Er kehrte zu seinem Stuhl zurück und schaltete den Kassettenrekorder wieder ein.
»Also«, begann er. »Wer ist Ihr Kontaktmann in Belfast?«
Der Nomade grinste. »Ich verweigere die Aussage.«
Noch bevor Gordon reagieren konnte, ging die Tür auf, und der blasse Polizist trat ein. Der Nomade richtete seine brennenden Augen starr nach vorn. Der blasse Cop kam zu Gordon, beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
Gordon schaltete den Kassettenrekorder aus, hüstelte und folgte dem blassen Cop aus dem Raum.
Der Nomade leckte sich mit der Zunge über die Oberlippe und lächelte.
68
»Scheiße«, fluchte Lennon.
»Tut mir leid, aber sonst habe ich niemanden«, sagte Gordon.
»Ich würde lieber hierbleiben.«
»Niemand weiß, wo hier ist«, sagte Gordon. »Sie verraten es ja nicht einmal mir, wie soll es dann sonst jemand wissen? Hören Sie, ich brauche für die Durchsuchung einen Beamten mit Ihrer Erfahrung vor Ort. Die Hoteldirektion wartet schon. Der einzige andere Beamte, den ich schicken könnte, wäre Dan Hewitt.«
»Nein«, sagte Lennon. »Ich mache es. Ich bin in einer halben Stunde da.«
»Guter Junge«, sagte Gordon.
Lennon ging ins Wohnzimmer und setzte sich neben Marie auf die Couch. In ihrem Schoß schlummerte Ellen, auf Roscoes riesigem Fernseher liefen mitternächtliche Video-Clips.
»Ich bin angefordert worden«, sagte
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