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Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Titel: Blutige Fehde: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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eingeredet, dass er seine kleine Tochter verloren hatte. Aber trotzdem machte er immer noch einmal in der Woche einen Abstecher in die Eglantine Avenue. So wie heute Abend.
    Im Fenster über Maries Wohnung ging das Licht an. Für einen kurzen Moment tauchte ein junger Mann mit einer selbstgedrehten Zigarette auf, dann ließ er die schäbigen Rollläden herunter. Plötzlich hatte Lennon eine Idee. Er schob sie beiseite. Die Idee wehrte sich. Er gab auf, obwohl er wusste, dass es ein Fehler war.
    Lennon stieg aus seinem Audi, schloss ab und marschierte auf die Wohnung zu. Es gab drei Klingelknöpfe. Der unterste für Maries Wohnung besaß kein Namensschild. Auf dem mittleren stand »Hutchence«. Lennon drückte fünf Sekunden lang den Finger darauf, dann trat er einen Schritt zurück.
    Der mittlere Rollladen des Erkerfensters schoss hoch, danach das Schiebefenster. Der junge Mann lehnte sich heraus. »Ja?«
    »Polizei«, sagte Lennon. »Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Der junge Mann duckte sich sofort weg und schlug dabei mit dem Kopf an den Fensterrahmen. Von oben hörte Lennon das hektische Getuschel von mindestens drei Stimmen. Vermutlich wegen des Tabaks, den der Bursche rauchte.
    Der Kopf des jungen Mannes tauchte wieder auf. »Kann ich bitte einen Ausweis sehen?«, fragte er und hörte sich an wie ein Zwölfjähriger im Stimmbruch.
    »Wenn Sie möchten«, sagte Lennon. Er zog seine Brieftasche aus der Gesäßtasche, klappte sie auf und hielt sie hoch. »Allerdings bezweifle ich, dass Sie von da oben etwas lesen können.«
    »Ich bin in einer Minute unten«, sagte der junge Mann, das letzte Wort mindestens eine Oktave höher als der Rest.
    Während er wartete, musterte Lennon den winzigen Garten. Marie hatte ihn immer gut in Schuss gehalten. Jetzt hatten sich in den Ecken Müll und verdorrte Blätter angesammelt, und durch den rissigen Beton war das Unkraut eines ganzen Sommers gekrochen.
    Das Oberlicht über der Eingangstür leuchtete auf. Lennon setzte sein überzeugendstes Böser-Cop-Gesicht auf, gleich würde er den Kleinen ein bisschen hochnehmen. Die Tür ging auf. Er hielt dem Jugendlichen seinen Ausweis in Augenhöhe hin. Von drinnen war nichts zu hören außer einer Toilettenspülung irgendwo oben.
    Nach einigen Sekunden griente der Jugendliche und sagte: »John Lennon? Hatte Ringo keine Zeit?«
    Lennon starrte den Jungen möglichst furchteinflößend an. »Detective Inspector John Lennon. Meine Freunde nennen mich Jack. Sie können mich Inspector Lennon nennen. Verstanden?«
    Das Grinsen auf dem Gesicht des Jungen verschwand. »Verstanden.«
    »Ist Ihr Name Hutchence?«
    »Ja.«
    »Vorname?«
    »David.«
    »Was sind Sie, Student?«
    »Ja.«
    »Am Queen’s?«
    »Ja.«
    »Feiern Sie gerade eine Party, David?«
    »Nein!« Der junge Mann hob abwehrend die Hände. »Nur ich und meine Mitbewohner sind da. Wir haben überhaupt keinen Krach gemacht. Wir haben nicht mal Musik laufen oder so.«
    Lennon lehnte sich vor und schnupperte die Luft zwischen sich und dem Jungen. »Haben Sie was geraucht?«
    »Nur Zigaretten.« Der junge Mann faltete seine zitternden Hände. Oben rauschte wieder die Toilette.
    Lennon betrat den Flur. »Wie lange wohnen Sie schon hier?«
    »Erst seit ein paar Wochen«, sagte der Junge und machte einen tapsigen Schritt zurück. »Das Semester fängt erst am Montag an.«
    Lennon schob sich an dem jungen Mann vorbei und spähte das Treppenhaus hinauf. Auf dem nächsten Treppenabsatz duckte sich ein anderer Jugendlicher weg. Vermutlich ein Mitbewohner. »Wer wohnt im obersten Stockwerk?«, fragte Lennon.
    »Noch niemand. Der Vermieter sagt, nächste Woche sollen noch mehr Studenten einziehen.«
    Lennon zeigte auf die Tür weiter hinten im Flur. Sechs Jahre war es jetzt her, dass er die Wohnung im Erdgeschoss verlassen und diesen Teil seines Lebens hinter sich gelassen hatte. »Und da drin?«
    »Die ist auch leer«, sagte der Junge. »Der Vermieter sagt, jemand hat sie gemietet, aber die Leute sind im Moment auf Reisen.«
    Lennon versuchte den Türgriff herunterzudrücken. Natürlich war abgeschlossen. »Da ist nie einer drin?«
    »Nein, da … oh, Moment mal.« Das Gesicht des Jungen strahlte auf, als hätte er einen Preis gewonnen. »Letzte Woche hat jemand die Post abgeholt. Hier vorne lag ein ganzer Stapel.« Er wies auf ein Regal über dem Heizkörper. »Eines Abends sind wir mal ausgegangen, und als wir wiederkamen, war sie weg. Wollen Sie die Nummer des Vermieters haben?«
    »Nein«,

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