Blutige Rache
ihn Davenport. »Weiter so. Ich möchte die Sache geklärt haben, wenn ich zurück bin.«
Zehn Uhr: Er musste mit dem Auschecken warten, bis der Arzt kam, und der ließ sich Zeit. Nach einer kurzen Untersuchung riet er Virgil, es in den folgenden Tagen langsam angehen zu lassen und erst mal keine Aspirin zu schlucken.
»Und was passiert, wenn ich’s nicht langsam angehen lasse?«, erkundigte sich Virgil.
»Wahrscheinlich nichts, abgesehen davon, dass die Kopfschmerzen noch stärker werden«, antwortete der Arzt.
Virgil zog sich gerade an, als Jenkins eintrat. »Alles in Ordnung?«
»Ich darf raus«, sagte Virgil, der dem leichten Brummen in seinem Kopf keine Beachtung schenkte. »Hab gerade die Formulare für die Versicherung unterschrieben. Was ist mit Bunton?«
»Das Haus, wo Sie waren? Gehört dem Stiefbruder von Buntons Vater. Der ist also so was wie ein Stiefonkel für ihn, falls es das gibt. Er hat den Notarzt gerufen und uns verraten, dass Bunton mit einer Harley unterwegs ist. Wir haben die Zulassungsnummer und eine Beschreibung der Maschine und halten jede zweite Harley in Minnesota auf, bis jetzt ohne Erfolg.«
»Und was ist mit meinem Truck?«
»Shrake und ich haben ihn hergebracht. Er steht in der Parkgarage auf der anderen Seite der Straße. Ich begleite Sie.«
»Danke.« Virgil schlüpfte in seine Stiefel. »Dieser verfluchte Bunton. Was dem wohl jetzt durch den Kopf geht?«
»Vielleicht gar nichts«, erwiderte Jenkins. »Ich hab mir seine Akte angesehen. Eine große Leuchte ist er anscheinend nicht.«
»So dumm kann er aber doch gar nicht sein, dass er einem Cop wissentlich eins überbrät«, sagte Virgil, stand auf und steckte das Hemd in die Hose. »Wenn er wegen tätlichen Angriffs auf einen Polizisten in Stillwater landet, kommt er so schnell nicht wieder raus.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Ich fahr noch mal zu dem Onkel und unterhalt mich mit dem. Möglicherweise lassen sich so ein paar Dinge klären.«
Carl Bunton, Buntons Stiefonkel, hatte seinen Job bei Northwest Airlines verloren und arbeitete jetzt in einem Gemischtwarenladen. Virgil folgte Jenkins mit dem Wagen in südlicher Richtung zu dem Geschäft an der Franklin.
Als sie eintraten, deutete Jenkins mit dem Finger auf den Mann und sagte zu Virgil: »Carl Bunton.«
Virgil nickte. »Ich wollte mich für Ihre Hilfe gestern bedanken.«
»Gern geschehen. Aber ich weiß nicht, wo Ray steckt. Er ist ein Trottel, und ich fühle mich nicht verantwortlich für ihn.«
»Irgendwo muss er doch sein«, sagte Virgil.
»Wahrscheinlich oben im Reservat.«
Jenkins schüttelte den Kopf. »Das liegt sechs Autostunden entfernt. Wir haben die Suche nach ihm eine Stunde nach seiner Flucht gestartet; wir hätten ihn sehen müssen, wenn er nach Red Lake gefahren wäre. So viele Straßen dahin gibt’s nicht.«
»Er kennt sie alle«, gab Bunton zu bedenken. »Wenn er erst mal im Reservat ist, kriegen Sie ihn nicht mehr raus. Da droben herrschen eigene Gesetze.«
»Aber er ist nicht da oben«, sagte Jenkins.
»Hat er Freunde hier, die ihn unterbringen würden? Oder Verwandte?«
»Ray hat überall Freunde - die kenn ich gar nicht alle. Er ist seit fast fünfzig Jahren Biker, und die scheren sich einen Dreck um die Cops.«
»Hm«, brummte Virgil. »Sie haben keine Ahnung …?«
Bunton schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ich sag Ihnen noch mal, der fährt ins Reservat, da bin ich mir sicher. Und sobald er oben in den Wäldern ist, findet ihn keiner mehr.«
Sie hielten vor Buntons Haus, wo Virgil durchs Garagenfenster schaute. Der Blazer stand immer noch aufgebockt da. Ray Bunton hatte den Wagen also nicht in der Nacht geholt. Wieder bei seinem eigenen Truck, verabschiedete sich Virgil von Jenkins und rief Sandy an.
»Wie schlimm verletzt bist du?«, erkundigte sie sich.
»Nicht der Rede wert … Aber zurück zu Ray Bunton. Überprüf doch bitte, wann und wo er die letzten Male festgenommen wurde und ob jemand dabei war. Ich würde gern wissen, wer seine Freunde sind, die ihm einen Wagen besorgen oder leihen könnten.«
Als Virgil das Büro erreichte, hatte Sandy bereits fünf Namen für ihn und versprach ihm, weitere herauszufinden. Daraufhin nahm Virgil Kontakt mit den örtlichen Polizeirevieren auf, damit die sich auf die Spur von Bunton setzten. Damit war Virgil bis zum Abend beschäftigt.
Am Nachmittag rief McDonald, der Kollege in Bemidji, an, der Verbindung zu den Mounties hatte, mit Informationen über die
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