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Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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geprägt, um ihrem Ruf als graue Eminenz Nachdruck zu verleihen.
    Sie beendete unser Gespräch durch einen Druck auf einen Summer an der Wand. Sofort erschien ein junger Mann und führte mich wie eine Schwerverbrecherin durch den Flur.
    Als ich den Einsatzraum betrat, stolzierte Taylor dort mit hochgeschobenen Hemdsärmeln und um den Hals baumelndem Schlips herum, als wäre er der große Chef.
    Ich loggte mich in einen der Computer ein und rief die Akte Gresham auf. Seit dem Vortag hatte sich ihr Umfang locker verdoppelt, und neugierig ging ich einige der zahlreichen Vernehmungen von Freunden aus der Kirche und dem Golfclub und Kollegen durch. Niemand hatte in der letzten Zeit eine Veränderung an ihm bemerkt.
    Kaum setzte Taylor sich mir gegenüber an den Tisch, schnürte mir sein widerliches Aftershave die Kehle zu.
    »Suchen Sie Burns?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich will einfach sehen, was es Neues gibt.«
    »Verzeihen Sie mir die Bemerkung, aber für mich sehen Sie gar nicht wie einer dieser Psychofuzzis aus.« Wahrscheinlich dachte er, es wäre sexy, als er mir urplötzlich direkt in die Augen sah.
    »Sie sind nicht der Erste, der das sagt. Aber mit dem Bartwuchs klappt es bisher einfach nicht.«
    Ohne auf den Scherz zu reagieren, starrte er mich einfach weiter an. »Sie können sich jederzeit an mich wenden. Falls Ihnen hier irgendjemand Schwierigkeiten macht, werde ich auf alle Fälle mit ihm fertig.«
    »Das werde ich mir merken, DS Taylor. Haben Sie auch hinsichtlich des Falles irgendwas für mich?«
    Grinsend lehnte sich der Kerl auf seinem Stuhl zurück. »In der Tat, das habe ich. Greshams Stellvertreter, Stephen Rayner, war an dem Tag, als sein Boss gestorben ist, nicht in der Bank. Sie sollten unbedingt mal mit ihm reden.«
    »Und warum?«
    »Weil er ein Lügner ist. Er hat seinen Kumpels bei der Bank erzählt, er wäre verlobt, aber das ist totaler Quatsch. Weil es nämlich keine Verlobte gibt.«
    »Das macht ihn noch lange nicht zu einem Mörder. Es gibt jede Menge Leute, die es hassen zuzugeben, dass sie Singles sind.«
    »Außerdem hat ihn die Bank vor Jahren mal verwarnt, weil er einem Kollegen eine reingehauen hat. Der Kerl kann sich einfach nicht beherrschen.« Taylors Miene wurde hart. »Er weiß mehr, als er bisher erzählt hat. Da gehe ich jede Wette ein.«
    Da Unsicherheit anscheinend nicht zu seinem emotionalen Repertoire gehörte, antwortete ich nicht. Denn wahrscheinlich wäre es nicht unbedingt gesund, ihm zu erklären, dass er vielleicht im Unrecht war. Das wäre ebenso riskant, wie wenn man seine Finger in den Rachen eines Pitbulls schob.

6
    Trotz des hellen Sonnenlichts, das durch die Fenster fiel, lag Will im Tiefschlaf auf der Couch, als ich nach Hause kam. Ich blieb kurz stehen, um ihn zu betrachten. Endlich sah er wieder halbwegs wie mein Bruder aus und nicht mehr wie ein Junkie, der vollkommen wahllos alles einwarf, was er irgendwo bekam. Durch meine halbgeschlossenen Lider sah er wieder wie der Sonnyboy aus seiner Schulzeit aus. Sein Haar hatte die Farbe nassen Strohs und war unverändert dicht und wild zerzaust. Sein Gesicht jedoch war fast nicht wiederzuerkennen. Seine Augen waren eingesunken, und die Wangenknochen ragten wie die Ecken eines Bilderrahmens aus dem eingefallenen Gesicht. Aber ich durfte nicht vergessen, wie weit Will in den vergangenen Monaten bereits gekommen war. Noch vor einem halben Jahr waren die Ärzte davon ausgegangen, dass seine verletzten Beine nie mehr heilen würden, doch inzwischen konnte er, wenn auch mit Hilfe eines Stocks, wieder alleine gehen, und schaffte es, halbwegs normale Gespräche mit anderen zu führen. Trotzdem war es kaum zu glauben, dass er einmal eine große Nummer in der Londoner Finanzbranche gewesen war. Kaum aber hatte seine Bank etwas von seiner bipolaren Störung mitbekommen, hatten sie ihn an die Luft gesetzt, und auch von keinem seiner sogenannten Freunde hatte er je wieder was gehört. Seither hatte ich Vorurteile gegenüber Leuten aus der Branche – meiner Meinung nach hatten die meisten dieser Typen Herzen aus Granit.
    Dass mein Telefon im Flur nicht blinkte, weckte wie gewöhnlich meinen Argwohn. Denn mein Bruder löschte häufig eingegangene Nachrichten, ohne mir etwas davon zu sagen. Weil er es anscheinend nicht ertrug, wenn fremde Stimmen Dinge flüsterten, deren Bedeutung ihm entging.
    Auf dem Weg zur Küche hörte ich ein lautes Tropfen. Das Spülbecken, in dem noch das Geschirr vom letzten Abend stand, lief

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