Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
Vom Netzwerk:
über. Anscheinend hatte Will die Teller spülen wollen, es dann aber vergessen, ohne wenigstens den Hahn sorgfältig wieder zuzudrehen. Obwohl das meiste Wasser durch den Überlauf geflossen war, hatte sich inzwischen eine Pfütze auf dem Fußboden gebildet, und laut fluchend machte ich mich auf die Suche nach dem Mopp. Will lag immer noch im Koma, als ich mit der Rettung meines Bodens fertig war, doch nach der Anstrengung tat mir der Brustkorb wieder höllisch weh.
    Ich trat vor den Spiegel an der Wand in meinem Schlafzimmer und zog mein T-Shirt hoch. Die Hälfte meines Oberkörpers schillerte in allen Regenbogenfarben, aber die Entzündung war so weit zurückgegangen, dass ich wieder leichter Luft bekam. Ich legte mich aufs Bett und packte einen Eisbeutel auf meine Brust.
    Als das Läuten meines Telefons mich weckte, hatte offenbar das Eis meine Körpertemperatur gesenkt, denn ich fuhr zitternd aus dem Schlaf.
    »Sie haben das Bankett doch nicht vergessen?« Burns klang noch angespannter als zuvor. »Ich hole Sie in einer halben Stunde ab. Werfen Sie sich in Schale, Alice. Schließlich sollen die ganzen Schampus-Säufer möglichst beeindruckt von Ihnen sein.«
    Ich durchwühlte meinen Schrank nach einem halbwegs eleganten Kleid und war gespannt auf das, was mich erwartete, denn Greshams Welt war mir vollkommen fremd. Eine Ansammlung von Millionären hatte ich bisher noch nie erlebt. Es war der Traum jedes Verhaltensforschers und wahrscheinlich deutlich interessanter als ein Abend vor dem Fernseher mit langweiligem Essen vom Chinesen, während neben mir mein Bruder auf dem Sofa lag und schlief. Ich schminkte mich dezent und zwängte mich in das einzig schicke Kleid, das ich besaß. Es war ein Relikt von einer Sommerhochzeit, und die grüne Seide schmiegte sich so eng an meinen Körper, dass man jede Rundung sah.
    »Aber hallo!« Burns trat durch die Tür und unterzog mich einer eingehenden Musterung. »Der Schickimicki-Look steht Ihnen wirklich gut.«
    »Danke, Don. Sie sind ein echter Schmeichler«, stellte ich ironisch fest.
    Irgendwo hatte er einen Smoking ausgegraben, doch die Fliege saß ein wenig schief. Am liebsten hätte ich die Hände ausgestreckt und sie zurechtgerückt, aber ich widerstand dem Drang und sah ihn mir erst mal genauer an. Infolge des Gewichtsverlusts waren sein Profil und selbst die Kinnpartie inzwischen deutlich zu erkennen – Mrs Burns musste im siebten Himmel sein.
    »Wo ist dieser Albion Club überhaupt?«, erkundigte ich mich.
    »Beim St. James’s Park.« Burns verzog verächtlich das Gesicht. »Es ist der älteste Herrenclub der Stadt. Sie brauchen jede Menge Kies, um Mitglied dort zu werden, außer Sie sind Prince Charles. Dort haben die Bankfuzzis Ruhe vor ihren Ehefrauen. Denn Frauen ist der Zutritt dort praktisch das ganze Jahr über verwehrt.«
    »Sie machen Witze«, meinte ich, doch er schien mich nicht zu hören, sondern starrte angestrengt nach draußen, als befürchte er, der Killer tauche jeden Augenblick dort auf.
    »Warum wollen Sie unbedingt dort rein?«
    »Die ganze Finanzwelt wird dort sein. Und jede Menge von den Leuten müssten Gresham gekannt haben«, erklärte ich.
    »Sie werden uns trotzdem nichts erzählen. Sie werden denken, dass wir Journalisten sind und eine Story wittern.«
    Burns’ Gesicht war angespannt, und spontan erkannte ich, dass er als Kind wahrscheinlich geradezu erschreckend scheu gewesen war. Heutzutage schaffte er es gut, seine Schüchternheit vor anderen zu verbergen, aber wie es aussah, machten Ansammlungen fremder Menschen ihm noch immer Angst.
    Wegen des Verkehrs, der stets am frühen Abend herrschte, kamen wir am Piccadilly Circus nur im Schritttempo voran. Horden von Teenagern bevölkerten die Stufen vor der Eros-Statue, und die Abgase der vielen Autos schienen sie bei ihren Flirts nicht im mindesten zu stören.
    Als wir endlich unser Ziel erreichten, eilte ein livrierter Türsteher herbei und nahm Burns die Autoschlüssel ab. Der Albion Club war eine riesengroße, neoklassizistische Beleidigung fürs Auge, doch am Kopf der Treppe sah ich Richard Branson, der am Anfang einer Schlange kinnloser Smokingträger auf dem roten Teppich stand. Mehrere Gesichter hatte ich schon häufiger im Fernsehen gesehen: Sie gehörten konservativen Abgeordneten, Finanzexperten und dem Gouverneur der Bank of England. Ich an ihrer Stelle hätte Angst gehabt, hier vor der Tür zu stehen. Denn angesichts des Zustands unserer Wirtschaft träumten einige verstörte

Weitere Kostenlose Bücher