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Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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wäre wahrscheinlich außer sich vor Zorn, aber die Versuchung war einfach zu groß.
    Als ich zu ihr ging, fuhr sie mit ihrer Arbeit fort.
    »Ich weiß, die Chance ist eher gering«, erklärte ich und hielt ihr Jamie Wilcox’ Foto hin. »Aber vielleicht haben Sie ja diesen Mann schon einmal hier gesehen.«
    Sie trug ein unförmiges schwarzes Kleid, und ihre Augen waren hinter einer dicken Schicht Kajal versteckt. Sicherlich kaschierte sie absichtlich ihre Attraktivität, weil sie so vor den Avancen irgendwelcher angetrunkenen Gäste halbwegs sicher war.
    »Das ist der Mann, den sie ermordet aufgefunden haben, stimmt’s?« Sie hatte einen leichten osteuropäischen Akzent.
    »Stimmt. Er war am Freitagabend hier.«
    Sie vergewisserte sich ängstlich, ob ihr Boss in eine andere Richtung sah. »Er kam so gegen sechs, zusammen mit ein paar Freunden. Als die wieder gegangen sind, ist er noch kurz geblieben, denn er hatte sich gerade noch ein Bier bestellt.«
    »Und Sie sind sich sicher, dass das dieser Mann gewesen ist?«
    Sie errötete. »Er ist mir deshalb aufgefallen, weil er im Gegensatz zu den anderen wirklich höflich war. Diese blonde Frau hat noch versucht, sich an ihn heranzumachen, bevor sie gegangen ist.«
    »Ist so etwas ungewöhnlich?«
    »Nein. Hier tauchen jede Menge junger Frauen auf der Suche nach Freiern auf.« Sie sah mich von der Seite an. »Ein paar Minuten später hat auch er sich auf den Weg gemacht. Ziemlich schwankend. Was ich seltsam fand, denn außer ein paar Bier hatte er nichts getrunken.«
    An der Bar erschien ein Kerl mit hochrotem Gesicht und schnipste dicht vor ihrer Nase mit den Fingern. »Noch eine Runde, Schätzchen. Und zwar möglichst schnell.«
    Ich konnte gut verstehen, dass sie etwas verkniffen guckte, als sie ihm das Bier über den Tresen schob. Denn die Unhöflichkeit mancher Gäste war offenbar grenzenlos. Als ich mich bei ihr bedankte und einen Zehn-Pfund-Schein auf den Tresen legte, hellte ihr Gesicht sich wieder auf. Anscheinend dachte kaum einer von den Börsenheinis je daran, dass sie bei ihrem jämmerlichen Lohn aufs Trinkgeld angewiesen war.
    Um Mitternacht ließ ich mich in ein Taxi fallen und wankte zu Hause unsicher durchs Treppenhaus. Die Wände meines Schlafzimmers bewegten sich, die Deckenlampe schwang um meinen Kopf, und kurzfristig wurde mir schlecht.
    Ich stieß ein dumpfes Stöhnen aus. »Ich bin eindeutig zu alt für so etwas.«
    An Schlaf war nicht zu denken, denn ein paar Minuten nach mir tauchte auch mein Bruder in der Wohnung auf. Ich konnte seine laute, aufgeregte Stimme hören, die mit vier oder fünf anderen Stimmen durcheinandersprach. Es klang, als fände dort in seinem Zimmer eine Party statt, denn ab und zu drang auch ein schrilles Kreischen oder gellendes Gelächter an mein Ohr. Der Himmel wusste, was es mitten in der Nacht noch so lautstark zu bereden gab. Wolkensysteme, Drogen oder die geplante große Flucht. Am liebsten hätte ich die Tür zu seinem Zimmer aufgerissen und die Leute an die Luft gesetzt. Wieder brodelte in meinem Inneren heißer Zorn. Wer würde ihn ernähren, wenn er wieder auf die Straße zöge? Was würde passieren, wenn der Winter kam? Ich stellte ihn mir vor, wie er unter einer Decke kauerte, während der Schnee in dichten Flocken auf die Erde fiel, aber dann steckte ich mir die Finger in die Ohren und kniff in dem Bemühen einzuschlafen beide Augen zu.

12
    Die Behauptung, dass ich mich am nächsten Morgen elend fühlte, war noch deutlich untertrieben. Die Dusche rauschte wie ein Wasserfall in meinen Ohren, jeder noch so kleine Schritt kam mir wie ein Kampf gegen metertiefen Treibsand vor, und als ich vor die Haustür trat, verstärkte sich das Dröhnen in meinem Schädel durch die drückende Hitze und das Sonnenlicht, das sich in allen Oberflächen spiegelte, noch um ein Vielfaches.
    Burns hatte eine geheimnisvolle Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen und gefragt, ob ich Interesse daran hätte, eins von Greshams größten Geheimnissen zu sehen. Eine solch mysteriöse Einladung nahm ich natürlich an, aber wegen des Berufsverkehrs erschien mir die Fahrt durch Chelsea wie der reinste Alptraum. Eine Horde Frauen stürzte durch die Eingangstür von Mulberry, als hinge ihr Leben vom Erwerb einer perfekten Reisetasche ab. Sie gehörten offenbar alle derselben Familie an, denn sie alle hatten den strahlenden Teint, wie man ihn im Kosmetikstudio verpasst bekam, und dasselbe honigblonde Haar. Das erinnerte mich daran,

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