BLUTIGER FANG (German Edition)
Zeigefinger vor die Plastiktüte genau an der Stelle, wo der Mund war. Die anderen verstanden, weil sie im Vorfeld ausgemacht hatten zu schweigen. Joel hatte nicht herausfinden können, ob Videokameras und Bewegungsmelder womöglich auch mit Sensoren ausgestattet waren, die auf akustische Signale reagierten.
Bronco, Frank und Linda blieben bei der Fahrstuhltür stehen.
Joel machte einige Schritte in die Abteilung.
Dann nahm er den Plan zur Hand und versuchte, den ersten Melder zu orten. Die Minute, die er dafür brauchte, kam ihm, und vermutlich auch den anderen, wie eine Ewigkeit vor.
Joel begann, abwechselnd in den Plan und ins Erdgeschoss zu blicken.
Plötzlich sah er auf und wies stumm zur Decke über einer Regalecke. Dort hing ein Infrarotbewegungsmelder. Er winkte Frank zu sich heran.
Der setzte sich mit der Leiter lautlos in Bewegung.
Joel blickte ihm entgegen und erschrak. Direkt über dem Fahrstuhlausgang sah er einen anderen Bewegungsmelder, den er in seiner Anspannung ganz vergessen hatte. Joel wusste, dass ihr Vorhaben jetzt gescheitert wäre, wenn sie die Thermoanzüge und Plastiktüten nicht übergezogen hätten. Hoffentlich halten sie dicht!
Die Leiter knarrte etwas, als Frank sie in Position stellte.
Joel holte eine Zange aus der linken Tasche und stieg nach oben.
Dort hing ein weißer Kasten, ein unauffälliges, elegantes Gehäuse, das an seiner Rückseite an die Decke geschraubt und an der Unterseite etwas bauchig gewölbt war. Oben waren die Einfassungen für die Schrauben zu sehen und unten ein displayartiges Rechteck, hinter der sich die Präzisionsspiegeloptik verbarg. Es war ein Infrarotmelder von Watchpower, Modell ISO 9380, der im Inneren eine empfindliche Elektronik aufwies.
Joel wusste Dank des Studiums der Handbücher genau, was zu tun war.
Der ISO 9380 war modular aufgebaut und konnte relativ einfach montiert und justiert werden. Das Gerät bestand aus vier Teilen: der Rückseite aus Plastik, die einfach und bequem überall angeschraubt werden konnte, der Vorderseite sowie dem Präzisionsspiegel und der Elektronik. Spiegel und Elektronik konnten kinderleicht in Bausatzart montiert werden.
Das Besondere an diesem Modell war die einfache Reichweitenjustierung, mit der die Überwachungszonen an den jeweils zu überwachenden Raum angepasst werden konnten. Diese Justierung wurde durch eine Schraube vorgenommen, die am Kopfende des Melders eingelassen war. Mittels Lösen oder Anziehen der Schraube konnte die Bauchwölbung des Vorderteils so verändert werden, dass der Präzisionsspiegel im Inneren seine Lage veränderte, sodass hieraus eine Veränderung der Überwachungsweite erfolgte.
Und genau dies hatte Joel vor. Er wollte die Geräte weder abstellen noch abschrauben noch sonst etwas machen, was vielleicht Alarm in der Zentrale hätte auslösen können. Er wollte die Melder einfach nur neu justieren, und zwar auf deren Mindestreichweite von zweieinhalb Metern. Da die Deckenmelder im Erdgeschoss in über vier Metern Höhe hingen, war die Sache mit einer Neujustierung vom Tisch.
Anders sah es aus bei den am Boden befindlichen Meldern, an die man näher herankommen konnte. Ohne Thermoanzüge und Plastiktüten würde Alarm ausgelöst werden, weswegen Joel sich um sie kümmern wollte, sobald die Deckenmelder entschärft waren.
Jetzt machte er sich daran, den Schraubenzieher in die obere Gehäuseschraube einzuführen und die Vorderabdeckung neu zu justieren. Er hatte unter der Plastiktüte bereits Schweiß auf der Stirn, als er sich auf den Melder konzentrierte. Bevor er den Schraubenzieher in das Loch führte, sah er noch einmal nach unten. Frank, der die Leiter festhielt, sah ihm aufmerksam zu und schwitzte wohl ebenfalls, genauso wie Linda und Bronco, die noch immer bei der Fahrstuhltür standen und sich nicht rührten.
Dann wandte Joel sich der Arbeit zu. Er sah, wie sich die äußere Gehäuseabdeckung veränderte und die Bauchwölbung einen anderen Winkel einnahm. Es war genau wie im Handbuch beschrieben. Er löste die Schraube so weit, bis sie die äußerste Stellung erreicht hatte, und er sicher sein konnte, dass die Reichweite jetzt auf unter zweieinhalb Metern lag.
Alle Bewegungsmelder waren elektronisch mit einer Einbruchmeldezentrale verbunden, die im Büro der Wachgesellschaft unter Aufsicht stand, deren Hauptgebäude auf der anderen Seite des Stadtparks war.
Dort war heute Abend alles ruhig. Nur drei Sicherheitsleute saßen an einem Tisch und spielten Karten.
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