BLUTIGER FANG (German Edition)
versetzen.“
„Tommy, tu mir das nicht an. Mit wem soll ich dann die Nacht hier verbringen? Mit Ringer vielleicht?“
Die Männer lachten.
„Wer geht heute als Erstes?“, sagte Siegel.
Häuptel kam an den Tisch heran und schnallte sich ein Waffenhalfter um. „Bleib hier, ich mach den ersten Gang.“
Siegel lächelte, ohne aufzusehen. „Vergiss das Walkie-Talkie nicht.“
„Pah, wozu brauch ich ‘n Walkie-Talkie? Ich hab doch das hier.“
Siegel schaute auf.
Häuptel deutete auf die Dienstwaffe, die er in das Halfter steckte. Es war eine halbautomatische Pistole, P 220 Classic Aluminium, von SIG SAUER, 9 mm Luger.
Siegel schmunzelte.
„Wenn’s wirklich mal Ärger geben sollte, rufe ich den hier und nicht dich.“
„Na, hoffentlich erhört er dich dann“, sagte Siegel, lächelte und steckte seinen Kopf wieder in die Zeitung.
„Und du schlaf hier nicht ein. In einer halben Stunde bin ich zurück.“
Häuptel gähnte und bewegte sich auf den Ausgang zu.
An der Tür drehte er sich noch einmal herum.
Sein Kollege hing über der Zeitung und beachtete ihn nicht mehr.
„Na denn“, sagte Häuptel und öffnete die Tür.
Bronco versteckte sich in der Nähe der Rolltreppen zwischen den Kühlschränken, wo er vorhin schon herumgehangen und alles beobachtet hatte.
Er dachte nach und sah dabei immer wieder hinüber zum Eingang des Restaurants. Es gruselte ihn bei der Vorstellung, dass der Übertritt in dieses schwarze Loch einem Selbstmordkommando gleichkommen sollte. Wenn Kramer mit all dem, was er erzählte, Recht hatte, dann war dort ein ausgewachsener Löwe, der einfach nur seine Ruhe haben wollte.
Bronco fröstelte. Er griff in seine Jackentasche, in die er am Abend bei ihrem Fressgelage eine offene Packung Kartoffelchips gepresst hatte, holte eine Hand voll heraus und stopfte sich das Zeug in den Mund. Dass er das tat, bemerkte er im Grunde erst durch das Geräusch, das sein Kauen verursachte. Es erschien ihm verräterisch laut. Bronco schluckte die Reste hinunter und ließ die Packung in der Tasche auf sich beruhen. Dann blickte er zum Büro der Wächter, dessen Tür noch immer unsichtbar im Dunkeln lag.
Aus dieser Position hatte er einen guten Überblick. Auch strategisch war die Lage sehr gut. Er war sowohl in der Nähe der Rolltreppen, hatte einerseits Teile der Linksfront im Blick, wo sich das Chefbüro und daneben gleich das Büro der Wächter befanden, und andererseits saß er in einer Entfernung von etwa siebzehn, achtzehn Metern fast frontal vor dem Eingang des Restaurants. Die Stellung kam ihm vor wie die Spitze eines Dreiecks, von der aus er einen optimalen Blick auf die beiden Längsseiten und deren Endpunkte hatte.
Er schaute zum Restaurant und dachte weiter nach.
Was hatte Kramer noch über Großkatzen erzählt? Sie würden an Orten, die sie nicht kennen, versuchen, sich zu verstecken, versuchen, sich unbemerkbar zu machen und nicht aufzufallen? Wie er so zum Restaurant hinblickte, hatte er das Gefühl, dass Kramer richtig lag mit seinen Annahmen. Denn es war totenstill. Kein Laut war zu hören und nichts, das auf die Anwesenheit eines vier Zentner schweren Raubtiers hindeutete.
Bronco schwenkte den Blick abermals zum Büro.
Auch dort war alles still – bis jetzt, doch das würde sich gleich ändern.
Bronco versuchte, eine Lösung für sein Vorgehen zu finden. Das Problem spitzte sich auf eine einzige Frage zu: Wie werde ich die Wächter los?
Wieder wechselte er die Blickrichtung.
Wenn Kramer Recht hatte – und er zweifelte nur noch leise daran –, dann gab es in diesem Restaurant einen Löwen, der unsicher und verstört in einer Ecke saß und jeden angreifen würde, der sich ihm näherte.
Bronco hielt plötzlich den Atem an. Es war ihm, als seien seine Gedanken zu laut, als trübten sie den Gehörsinn, und dann glaubte er auch, etwas vernommen zu haben. Es blieb jedoch still. Er spürte nur einen dröhnenden Pulsschlag im Ohr.
Wie die Hand eines Kinobesuchers in einen Becher Popcorn fährt, griff er in die Tasche und wollte Chips herausholen. Unversehens hatte er die Packung in der Hand. Doch irgendetwas hielt ihn ab. Der Gedanke, dass er mit der Fresserei auffallen könnte, behagte ihm nicht.
Da schoss ihm ein anderer Gedanke durch den Kopf, der ihm angesichts der Chipstüte gekommen war und ihm jetzt wie die genialste aller Lösungen erschien. Und diese Überlegung lautete, während er sich im Geiste schon
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