Blutiger Freitag

Auswahl blieb allerdings dem Projektmanager überlassen.“
    „Warum ein Flughafen? Ich dachte, die Störsender wurden eingesetzt, um gegen den Einzelhandel vorzugehen? Sollten dadurch nicht die Computersysteme lahmgelegt und die Gewinne klein gehalten werden?“
    „Nein, nein, das haben Sie falsch verstanden.“ Henry schüttelte den Kopf. Dabei hatte er gedacht, sich deutlich genug ausgedrückt zu haben. „Hier geht es nicht um Geld. Unser Anliegen ist die Sicherheit Amerikas. Das Land vor neuen Terroranschlägen zu bewahren. Diese Regierung hat alle Vorsichtsmaßnahmen vernachlässigt, an denen wir so hart gearbeitet haben. Und welcher Ort wäre für eine diesbezügliche Demonstration besser geeignet als ein Einkaufszentrum an dem geschäftigsten Tag des Jahres? Oder ein Flughafen an einem der Hauptreisetage, wenn all die Leute von ihrem Kurztrip nach Hause fliegen.“
    „Wussten Sie, dass es die Mall of America sein würde?“
    „Ja, natürlich, es ist das größte Einkaufszentrum Amerikas.“
    „Warum können Sie dann nicht sagen, welcher Flughafen betroffen ist?“
    Er nickte. Sie war intelligent. Aber sie hatte es noch immer nicht verstanden.
    „Die Sache mit dem Einkaufszentrum war eindeutig. Bei den Flughäfen würden natürlich mehrere infrage kommen. Aber wir wissen nicht, welcher, damit wir uns nicht verraten oder es weitersagen können.“
    „Sie werden mir die Liste geben.“ Das war keine Frage.
    Er zögerte, dann sagte er sich erneut, dass es nicht mehr wichtig war. Das stellte nur eine kleine Gegenleistung für Dixons Leben dar.
    „Natürlich. Ich habe aber nicht sämtliche Flughäfen im Kopf. Ich muss erst die Liste raussuchen und sie Ihnen dann zumailen.“
    Maggie zog ihr Smartphone aus der Tasche.
    „Sie werden mir die Liste zumailen, bevor ich gehe.“
    Vielleicht hatte er sie doch unterschätzt. Sie war ziemlich scharfsinnig, besaß eine schnelle Auffassungsgabe und war ... mutig.
    „Erzählen Sie mir von dem Mann, der sich Projektmanager nennt“, drängte sie ihn.
    „Ich habe ihn nicht angeheuert“, erwiderte er.
    „Er wurde angeheuert?“
    Wieder hatte sie ein Gefühl preisgegeben. Er konnte es sehen, in ihren Augen. War es Überraschung? Nein, Henry glaubte eher so etwas wie Abscheu zu erkennen.
    „Wir haben ihn nie gesehen. Er hat darauf bestanden, dass ihn keiner zu Gesicht bekommt und niemand weiß, wer er ist, woher er kommt.“
    „Wie kamen Sie dann auf die Idee, dass Sie sich auf ihn verlassen können?“
    Henry zuckte die Schultern. Gute Frage. „Er wurde uns von jemand empfohlen, der unser Vertrauen besitzt.“
    „Wollen Sie behaupten, dieser Mann, den Sie angeheuert haben, um die Computeranlagen des Einkaufszentrums lahmzulegen und den Flugverkehr zu stören, verfolgt seine eigenen Pläne?“
    „Entweder verfolgt er seine eigenen Pläne, oder er handelt nach den Anweisungen von jemandem aus unserer Gruppe. Jemand, der meint, wir brauchten keine Störsender, sondern Bomben, um Amerika wachzurütteln.“ Irgendwie konnte Henry über sich bringen, Agent O’Dell zu sagen, dass die Gruppe, die er verteidigt und die zu schützen er geschworen hatte, einen Schritt zu weit gegangen war. Sie hatten seine Warnungen nicht ernst genommen und die Integrität und Ehre der Gruppe verraten. Und wofür? Macht? Geld?
    „Ihnen ist doch klar, dass ich Sie zum Verhör bringen könnte“, sagte sie. „Ich könnte dafür sorgen, dass Sie uns sagen, wer diese Person ist.“
    „Ich kenne meine Rechte, Agent O’Dell, für mich arbeiten die besten Anwälte des Landes. Wenn ich schweige, bekommen Sie überhaupt keine Informationen. Sie wollen hören, was ich weiß, und ich will meinen Enkel lebend zurückhaben.“
    Ihr Verständnis von vorhin hatte sich beträchtlich vermindert.
    „Wenn Sie Ihren Enkel zurückhaben wollen, müssen Sie mir schon ein paar Informationen geben. Ich weiß nicht, ob Sie sich klargemacht haben, wie Chad Hendricks und Tyler Bennet ums Leben gekommen sind.“
    Er zuckte zusammen und schloss die Augen.
    „Die Rucksäcke sind auf ihren Rücken explodiert, gezündet von einem Standpunkt außerhalb der Mall.“ Ihr Tonfall hatte an Schärfe gewonnen. „Sie sind ahnungslos im Einkaufszentrum herumgeschlendert. Wollten lediglich für etwas Aufregung sorgen, indem sie ein paar Computer störten, den Geschäftsablauf verzögerten und diese geldgierigen Ladenbesitzer verärgerten. Sie hatten keine Ahnung, dass sie selbst von einer Bombe zerfetzt werden