Blutiger Freitag
Raum durchsucht, war trotz ihrer gefesselten Hände mühsam in jeden Winkel gekrochen. Krampfhaft versuchte sie diese Übelkeit, die sie vor lauter Angst befallen hatte, zu unterdrücken. Von dem überwältigenden Gestank nach Benzin brannten ihr die Lungen, und sie musste ständig würgen. Ein paarmal übergab sie sich. Aber bis auf die Säure war ihr Magen leer.
Sie brauchte nur etwas Scharfes – irgendein Werkzeug, das jemand liegen gelassen hatte, eine Schere oder Ähnliches –, um die Nylonfessel an ihren Handgelenken zu zerschneiden.
Rebecca fand nichts. Nur leere Benzinkanister. Regale. In einer Ecke stand ein alter Ofen. Rebecca starrte darauf. Der Metallkörper war am Boden durchgerostet. Die ein- und ausführenden Rohre hatte jemand zusammengestückelt. Sie suchte nach herausstehenden Schrauben oder Bolzen. Dann entdeckte sie auf einer Seite eine verbogene Metallkiste, die als Ablage diente. Man hatte versucht, sie wieder gerade zu hämmern, aber ein Stück lugte noch heraus. Beschlagenes Metall, gezackte Ecken ... scharfe Kanten.
Die Aufregung besiegte ihre Übelkeit.
Das verbogene Stück Metall hing ziemlich hoch. Es erforderte einige Anstrengung, um die gefesselten Hände am Rücken so weit anzuheben. Der Schmerz schoss ihr durch den verwundeten Arm, und Rebecca musste ihre Bemühungen kurz unterbrechen. Sie setzte sich. Wartete, bis es wieder besser wurde. Bemühte sich, regelmäßig zu atmen. Dann versuchte sie es von Neuem, hob langsam die Arme hinter dem Rücken. Sie musste die Hände hoch genug bekommen, um an das Metallstück heranzureichen. Sie würde es schaffen, aber hielt sie es lange genug aus, bis sie die Fessel mit dem scharfen Metallrand durchgeschnitten hatte?
Nur noch ein Stückchen höher. Sie hatte es fast geschafft, als der Lärm von oben plötzlich verstummte.
Sie ließ die Arme wieder sinken und wartete, horchte. Vielleicht machten sie gleich weiter. Sie legten womöglich eine Pause ein. Oder gingen. Ob sie das Haus verließen? Sie hörte Stimmen. Aufgeregte Stimmen. Ein Streit. Dann knarrte die Luke, als jemand sie öffnete.
Rebecca drückte sich weiter in die Ecke, obwohl ihr klar war, dass sie sich nirgends verstecken konnte. Wenn ihr nur noch ein paar Minuten mehr geblieben wären, hätte sie ihre Handgelenke befreien und sich verteidigen können. Diesmal würde sie mit den Füßen um sich treten, beschloss sie. Und schreien. Egal, ob sie jemand hören konnte.
Das Licht, das von oben hereinfiel, hatte einen blauen Schimmer, war nicht so grell wie erwartet. Aber Rebecca musste trotzdem blinzeln, nachdem sie die ganze Zeit in dieser dunklen Höhle gehockt hatte. Sie atmete flacher, während sie angestrengt horchte, aber ihr Herzschlag pochte laut in ihren Ohren.
Jemand beugte sich herunter. Sie sah Schatten über der Luke. Die Stimmen wurden jetzt lauter, aber sie verstand immer noch nichts. Ein Handgemenge, Gummisohlen quietschten auf dem Linoleumboden, jemand wurde herumgeschleift. Dann flog ohne Vorwarnung eine Gestalt durch die Öffnung und prallte hart auf dem Betonboden auf.
Die Luke wurde zugeschlagen und fest verschlossen. Diesmal fiel kein Lichtstrahl mehr durch einen Spalt. Aber vorher hatte Rebecca noch einen Blick auf den leblosen Körper vor sich werfen können.
Es war Dixon.
64. KAPITEL
Nick war klar, wie albern er reagierte – okay, er verhielt sich geradezu kindisch –, aber trotzdem war er enttäuscht. Maggie hatte ihn um Hilfe gebeten, das schon. Aber nicht, weil sie einen Freund brauchte, sondern weil er als Anwalt gewohnt war, Gerichtsdokumente schnell und effizient durchzusehen. Na gut, offensichtlich hatte sie die Lage richtig eingeschätzt. Denn er schien über wichtige Informationen zu verfügen.
„Du kennst diese Liste von Flughäfen?“, fragte sie ungläubig nach.
„Vor zwei Wochen hat mich die United Allied Security zu einem Seminar über Terroranschläge geschickt. Das gehörte zur Vorbereitung auf meinen neuen Posten. Es ging hauptsächlich um die Grundlagen – wonach man suchen muss, wie die Sicherheitsanlagen aufgestellt werden und so weiter.“
Nick hatte während des Seminars eine Menge gelernt. Trotzdem hatte es ihn gestört, dass ihn das Ganze eher an ein Verkaufsgespräch erinnerte. Wichtig war vor allem, dass die Klienten ihre alten Anlagen durch neue Systeme ersetzten. Die Horrorszenarien, die dabei präsentiert wurden, schienen ihm damals ziemlich weit hergeholt. Er hatte sich schon gefragt, ob das Ganze eine Taktik
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