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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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uns selbst!«
    »Soll ich ein paar Rüben mehr schneiden?«, fragte Albrecht lächelnd.
    Magdalene machte ein entsetztes Gesicht. »Herr«, grollte sie,»auch Ihr habt Euch verändert, wenn ich das bemerken darf. Wie könnt Ihr ein solches Ansinnen nur erwähnen?«
    »Und was wäre daran so ungeheuerlich?«, lächelte Albrecht.
    »Herr ... ein Edelmann, der niedere Arbeiten verrichtet ... !« Die Amme schlug die Hände zusammen.
    »Lauf, Christoph«, sagte Albrecht. Für den Augenblick war seine trübe Stimmung verflogen. »Du brauchst keine Rüben mehr zu schneiden, hörst du? Hol mir die Gaukler her. Ich möchte sehen, was es für Leute sind und womit sie morgen unsere Gäste unterhalten werden!«
    Der Junge huschte hinaus. Magdalene stand ganz still und sah ihren Herrn an. Sie erforschte sein Gesicht; der Blick ihrer lebendigen grauen Augen stellte Fragen über Fragen. »Herr«, murmelte sie, »habt Ihr etwa ...«
    »Noch nicht«, gab Albrecht zurück, »doch ich werde es tun – über kurz oder lang.«
     
    Sie hatten es sich auf der Bank hinter dem Tisch bequem gemacht, Anna Elisabeths Vater, der Hannes, der Simon und der Quirin. Michel, der aus dem Stall dazugeholt worden war, hatte den dreibeinigen Melkschemel mitgebracht und nahm nun eine Schmalseite des Tisches ein. Allesamt schauten sie erwartungsvoll zum Herd herüber, wo Anna Elisabeth dem Hasenpfeffer die letzte Würze gab.
    Das verbotene Festessen duftete herrlich. Bierkrug und Becher standen bereit. Frisches Brot, in dicke Scheiben geschnitten, wartete aufgestapelt auf einem Holzteller. Niemand sagte ein Wort; dazu wässerte ihnen der Mund zu sehr, vermutete Anna Elisabeth.
    Jetzt war das Gericht so gut wie fertig. Für einen Wolf von Weißenstein war Hasenbraten sicher keine Seltenheit, geschweige denn gänzlich verboten. Der sah solche Köstlichkeiten wohl alle Tage auf seiner Tafel, und in seiner Küche würdeman das Fleisch auch nicht in winzige Stückchen schneiden müssen, damit jeder etwas abbekam. Anna Elisabeth streute noch ein wenig getrockneten Quendel über der brodelnden Soße aus, füllte den Hasenpfeffer in eine große Steinzeugschüssel und trug ihn auf. Ein Wolf von Weißenstein würde sich kaum so gierig über sein Essen hermachen wie die Männer am Tisch ihres Vaters, die derart heißhungrig darauf gewartet hatten.
    Sie fielen regelrecht darüber her. Hastig tunkten sie ihre Brotbrocken in die Schüssel, häuften sich die Löffel so voll, dass sie sie kaum noch in den Mund bekamen, kauten mit vollen Backen. Der Michel, der doch gewöhnlich ein bescheidener Kerl war, hielt sich heute keineswegs zurück. Er aß so schnell, dass ihm der Hannes einen bitterbösen Blick zuwarf und mit vollem Mund zischte: »Lass der Annelies auch was, Rüpel!«
    Im Handumdrehen war die ganze Riesenkumme so gut wie leer. Der Vater rülpste laut, wischte sich mit dem Handrücken den soßenverschmierten Mund ab, bedeutete seiner Tochter, dass sie jetzt an der Reihe sei. Ob das am Tisch eines Herrn von Stand auch so ging, dass die Frauen bekamen, was die Männer übrig ließen?
    Anna Elisabeth holte sich die Schüssel und setzte sich damit auf den Herdrand. Wenige kleine Bröckchen von dem Hasenfleisch und ein Pfützchen Soße hatten sie ihr gelassen, die Kerle ... nun ja, sie hatten ja auch den ganzen lieben langen Tag über schwer gearbeitet – schwerer jedenfalls als sie. Bauholz fürs Kloster zu schlagen, das war kein Kinderspiel. Morgen würden die Stämme mit Ochsen und Pferden aus dem Wald gerückt werden müssen. Und nächste Woche stand der Transport zum Lagerplatz des Klosters an ...
    Anna Elisabeth aß ihren Rest mit wenig Genuss. Warum drehten sich ihre Gedanken nur immer wieder um den Wolf von Weißenstein? Warum konnte sie nicht einfach vergessen,dass er je hier gewesen war? Schon brannten wieder Tränen in ihren Augen, und der Hannes hatte es auch bereits bemerkt.
    Seine Augen verdunkelten sich. »So geht das schon seit dem Michaelifest«, sagte er zu Quirin, der links neben ihm saß. »Dauernd muss sie weinen, meine Annelies. Sie kann’s einfach nicht verwinden, dass der gottverfluchte Junker –«
    Es klopfte an der Haustür. »Wer mag das jetzt noch sein?«, fragte der Vater.
    Der Hannes schien es zu wissen. »Mach auf, Schätzle«, sagte er zu Anna Elisabeth. »Ich wusste, er kommt heute noch.«
    Die Männer sahen ihn fragend an. Anna Elisabeth stellte ihre Schüssel ab, ging gehorsam zur Tür und öffnete. Draußen stand ein Mann in

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