Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
Vom Netzwerk:
Worte gewesen, »und einen besseren als Euch kann ich mir einfach nicht vorstellen, Herr Albrecht.« »Dann nenne mich aber auch Du«, hatte Albrecht darauf glückstrahlend geantwortet. »Dein Herr kann ich jetzt nicht mehr sein!« Seitdem war die Luft rein zwischen ihnen. Es gab nichts mehr zu klären.
    Jetzt lächelte Albrecht verschwörerisch. »Schon, als ich mir vornahm, sie trotz ihres Verbotes wiederzusehen, hatte ich einen Einfall. Zuerst habe ich ihn verworfen, aber dann kam er mir doch von allen Möglichkeiten am brauchbarsten vor. Und darum«, er deutete auf den prall voll gestopften Mantelsack hinter seinem Sattel, »darum habe ich ein paar zusätzliche Kleidungsstücke mitgebracht.«
    Christoph warf einen kurzen Blick auf den Packen. Dann wandte er sich wieder Albrecht zu. »Eines musst du mir erklären«, sagte er. »Ist dein Vorhaben eines Edelmannes würdig?«
    »Wie?«, fragte Albrecht verdutzt.
    »Wenn du es schaffst, die Frau zu verführen, dann wird siespäter unglücklich sein«, murmelte Christoph mit verhaltener Stimme. »Sie wird ihres Lebens nie mehr froh werden ...«
    Albrecht riss die Augen auf. »Verführen?«, gab er zurück. »Nein – ich muss sie nur wiedersehen. Und damit ich vielleicht auch ein paar Worte mit ihr wechseln kann, habe ich mir eine List –«
    »Wenn du sie nicht ... besitzen willst«, fiel ihm Christoph in die Rede, »warum liegt dir dann so viel daran, sie zu sehen und mit ihr zu reden? Ich meine, sie ist recht ansehnlich – aber sie kommt aus einer Bauernhütte.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Albrecht leise.
    »Du hast dich in sie verguckt«, dozierte Christoph altklug. »Nicht schwer zu verstehen ... wirklich nicht. Doch so etwas vergeht. Lass sie in Frieden, Bruder. Das ist auf jeden Fall besser für sie.«
    Albrecht senkte den Kopf. »Wenn ich nur ein bisschen in sie verschossen wäre, hättest du sicher Recht«, murmelte er, »aber ich liebe sie.«
    »Und wie soll es weitergehen?«, forschte Christoph.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Albrecht tonlos, »und das quält mich maßlos ...«
    »Lass uns umkehren, Albrecht«, schlug Christoph vor. »Bedenk doch, dass du sie nicht in Ehren umwerben kannst. Außerdem ist sie ja schon versprochen – nach allem, was ich weiß.«
    »Der Tölpel ist kein Gegenspieler für mich«, knurrte Albrecht verächtlich.
    »Aber er ist ein Bauer«, schulmeisterte Christoph. »Für ihn gelten andere Regeln als für dich, Bruder. Wenn er sie in sein Bett nimmt, entehrt er sie nicht damit.«
    Albrecht schwieg einen Augenblick. Dann hob er ruckartig den Kopf. »Und wenn ich sie zu meinem Stand erhebe?«, widersprach er mit funkelnden Augen. »Dann könnte auch ichsie vor Gott und den Menschen zu meiner Gemahlin machen ...«
    Christoph schüttelte den Kopf. »Wer hätte je von so etwas gehört?«, sagte er. »Du musst zugeben, Bruder – das ist eine ganz unsinnige Überlegung!«
    Doch Albrecht war ihm in Gedanken schon längst enteilt. »Nun komm«, drängte er, »wir müssen unsere Kleider wechseln. Bis zur Mette ist nicht mehr viel Zeit!«
     
    Die Glocke der kleinen Kirche hatte aufgehört zu läuten. Der Pfarrer, begleitet von zwei jugendlichen Ministranten war eben in den Chor eingezogen. Zwei tief verhüllte Gestalten reihten sich gerade noch rechtzeitig auf der Seite der Frauen in die Menge der Gemeindemitglieder ein. Sie nahmen schräg hinter Anna Elisabeth Plätze ein, knieten nieder und hielten ihre Köpfe verborgen unter den weiten Kapuzen ihrer Wollmäntel, während sie sich wie im Gebet tief vornüberbeugten.
    Die weihnachtliche Messe nahm ihren Lauf. Doch in Weihrauchduft und Kerzenschimmer spürte Anna Elisabeth deutlich die Blicke der beiden fremden Frauen, die so dicht hinter ihr knieten. Sich umzuwenden – das wäre äußerst unschicklich gewesen. Aber irgendwann fühlte sie sich so beunruhigt, dass sie doch einen hastigen Schulterblick wagte.
    Ihre Augen weiteten sich. Sie öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, doch kein Ton entschlüpfte ihren Lippen. Stattdessen flüsterte die größere der beiden tief verhüllten Gestalten: »Ich musste herkommen ... bitte, versteh mich, Anna!«
    Sie schluckte. Albrecht in Frauenkleidern und in Begleitung des Jungen, der mit ihm auf dem Michaelifest gewesen war! Ihr Herz begann schmerzhaft schnell zu schlagen, und in ihrer Kehle drückte plötzlich ein dicker Kloß. Er hatte sein Versprechen gebrochen, war doch wieder in ihr Leben getreten, wolltesich nicht ausschließen lassen.

Weitere Kostenlose Bücher