Blutiger Frühling
Hannes zu Packen zusammenrollen, die leicht transportiert werden konnten. Dann ging es zu den Vorratskellern.
Hier lagerten all die guten Dinge, die den hörigen Bauern von den Vogtsknechten abgenommen worden waren – der Getreidezehnte, das in Tonnen eingesalzene Fleisch, Butter, Käse und in Wachs eingelegte Eier ...
»All das ist unser«, sagte ein junger, flachshaariger Kerl aus Hannes’ Nachbarschaft, »wir haben’s mit unserem sauren Schweiß erarbeitet. Und jetzt führen wir es wieder heim in unsere Speicher und Keller, wo’s hingehört!«
»Ganz recht«, sagte Hannes.
»Und was ist mit dem Wein, den der Vogt hier lagert?«, fragte der Schmiedejörg grinsend. »Sollen wir den etwa hier lassen?« Er deutete mit dem Daumen auf drei große Fässer, die ganz hinten im Gewölbe auf Gestellen aufgebockt waren.
»Sicher nicht«, gab der Schweineheinz zurück. »Hab noch nie Wein getrunken; das muss ich unbedingt nachholen. Und ihr anderen seid sicher auch nicht abgeneigt – oder?«
Ein Johlen antwortete ihm. Besonders die Jüngsten der kleinenTruppe zollten begeistert Beifall. Schon hatte einer von ihnen das Spundloch des ersten Fasses eingeschlagen. »Probieren wir doch gleich«, schrie er, während er sich vor dem sprudelnd auslaufenden Fass auf die Knie sinken ließ, »der Trunk kann so schlecht nicht sein, wenn Klosterknechte ihn horten!«
Er hielt den Mund in den roten Strahl, der sich aus dem Spundloch ergoss. Die anderen drängten sich um ihn, knieten ebenfalls und suchten mit dem Mund etwas von dem plätschernden Nass zu erhaschen. Hannes sah dem Spiel kopfschüttelnd zu. »Verschwendung«, brummelte er, »pure Verschwendung ...« Aber er hinderte seine Leute nicht daran, auch das zweite Fass anzustechen.
In kurzer Zeit waren sie deutlich betrunken. Unter lautem Johlen wollten sie auch dem dritten Fass das Spundloch einschlagen, als von der Treppe her laute Geräusche in den Keller drangen. Hannes Rebmann, der bis jetzt keinen Tropfen getrunken hatte, versuchte zu ergründen, was da vor sich ging. Er hatte gerade die Treppe erreicht, als ihm vier Mönche entgegenkamen.
»Was treibt ihr hier?« Der Erste, ein breitschultriger, dickbäuchiger kleiner Mann, dessen Tonsur beinahe den ganzen Schädel einnahm, reckte sich zu voller Größe auf und starrte Hannes Rebmann strafend an. »Wie könnt ihr es wagen, in unser stilles Haus einzudringen und den Frieden des Klosters zu stören?« Seine Hand fuhr vorwärts; er tippte Hannes mit dem Zeigefinger mitten auf die Brust. »Sofort verlasst ihr diesen Keller und folgt mir und den Brüdern nach oben. Dort wird unser ehrwürdiger Herr Abt euch sagen, welche Strafe er für euch in Betracht zieht. Nun, wird’s bald?«
Er tippte Hannes noch einmal an, aber diesmal wurde seine Hand festgehalten. »Nimm dich zusammen, Pfaffe«, sagte Hannes trocken, »und merke dir eins: Ab sofort wird niemand mehr auf deine Befehle achten – geschweige denn auf die deinesAbtes. Geh nur voraus und sag ihm das: Wir Bauern haben es satt, uns ausplündern zu lassen. Wir wollen nicht mehr für euch arbeiten ohne Lohn. Wir wollen euch unser Eigentum nicht mehr ausliefern ohne Bezahlung. Und wir nehmen uns zurück, was ihr uns gestohlen habt.«
Der Mönch schnappte deutlich nach Luft. Ihm und seinen Mitbrüdern fehlten für den Augenblick die Worte. Hannes ließ die Mönche einfach stehen und wandte sich an seine Leute. »Lasst es genug sein«, sagte er, »und schafft das letzte Fass nach oben. Dann seht in den Ställen nach – der Vogt hat sicher ein paar kräftige Gäule hier stehen, auf deren Rücken wir unser Eigentum heimschaffen können. Macht zu ... damit wir noch vor der Dunkelheit wieder zu Hause sind!«
Die berauschten Kerle brauchten eine Weile, bis sie sich genügend gesammelt hatten und begriffen, was Hannes von ihnen wollte. »G...gut«, nuschelte der Schweineheinz schließlich, »sorgen wir dafür ... d-dass alles fein säuberlich n-nach oben geschafft wird ...« Er starrte die Mönche an, die immer noch mit ungläubigen Blicken dastanden und zu verstehen suchten, was sich vor ihren Augen abspielte. »Ihr da«, sprach er sie an, »ihr seht mir kräftig genug aus. P-packt doch mal m...mit an!« Und er deutete auf die Getreidesäcke, von denen zwei junge Männer sich gerade je einen auf die Schultern wuchteten.
»O nein!« Einer der Klosterbrüder war so weit zur Besinnung gekommen, dass er seiner Worte wieder mächtig war. »Nein – das werdet ihr nicht tun!
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