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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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wir euch nicht finden? Das ganze Land hat nach euch gesucht. Ihr hattet niemals den Hauch einer Chance.«
    Stolz präsentierte er erneut das Kästchen und öffnete langsam den Deckel. Schon mit dem ersten Spalt drang pulsierendes Licht heraus. Strahlend gelb und voller Kraft zeigte sich der Splitter im Inneren. Gebettet auf blauem Samt lag er in dem Kästchen aus Eichenholz und schien die ruhige Glückseligkeit seines Trägers zu offenbaren.
    Gnunt stockte der Atem. Sollten tatsächlich alle ihre Bemühungen umsonst gewesen sein? Mogda hatte ihm erklärt, warum der Splitter wieder zurück an seinen Ursprungsort gebracht werden musste.
    »Die Kraft der Götter liegt in den Steinen«, hatte er gesagt. »Nur wenn die Kräfte ausgewogen sind und ihre Quellen sich auf der Welt in der Waage halten, kann das Gefüge weiter bestehen.«
    Gnunt verstand von Gefügen, Kräften und Göttern nicht viel, dennoch schienen ihm Mogdas Worte bedeutsam zu sein. Er hatte versprochen, den Stein wieder in den Wald der Elfen zu bringen. Er hatte es ihm mit seinem Leben versprochen. Jetzt war der Stein hier, in den Händen von Lügnern, genau wie sein Leben.
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?«, stieß der Hohepriester ärgerlich hervor. »Welche Schurkerei habt ihr euch einfallen lassen, um seine Macht vor unseren Augen zu verbergen?«
    Tyvell streckte Gnunt den Kasten entgegen und tauchte das Gesicht des Ogers in das pulsierende Leuchten. Gnunt musste die Augen zusammenkneifen, weil das Licht in seinen Augen schmerzte. Zwinkernd betrachtete er das Artefakt. Etwas stimmte nicht. Das Leuchten, das vom Funken der Magie ausging, blendete nicht. Gnunt hatte gesehen, wie Ochmalat ihn zum Zaubern benutzte, und auch, als Cindiel ihn in den Händen hielt. Sein Licht war warm und hatte ihn mit Freude erfüllt. Gnunt konnte die Magie in ihm spüren. Das Licht hatte ihn angezogen wie ein Insekt. Dieser Stein hier strahlte nur Kälte aus, und das Leuchten brachte seine Augen zum Tränen. Gnunt betrachtete den Stein genauer, als das Glühen nachließ. Feine Risse zogen sich über den Kristall, und in seinem Inneren lag eine Trübung. Form und Größe passten zu dem Funken der Magie, und auch das Leuchten kam dem nahe, an was Gnunt sich erinnerte - aber es kam ihm nur nahe. Dies war keiner der Funken der Götter. Konnten die Hüttenbauer das nicht erkennen? Er würde es ihnen nicht sagen.
    »Fföner Ftein«, brabbelte Gnunt. »Ift Ftein von Gott Fauber.«
    »Das weiß ich selbst, du Dummkopf«, fauchte ihn der Hohepriester Tyvell an. »Ich will wissen, was ihr mit ihm gemacht habt, dass wir seine Macht nicht mehr benutzen können.«
    Gnunt hätte am liebsten gelächelt, doch dieses eine Mal verkniff er es sich. »Ftein immer noch Fauber.«
    »Wenn immer noch Zauber in ihm ist, zeig mir, wie ich ihn beherrschen kann.« Erfüllt von hochgestimmter Aufregung hielt der Hohepriester Gnunt das Kästchen hin, sodass er es mit seiner angeketteten Hand berühren konnte. Die anderen Priester am Tisch wollten Tyvell warnen, doch der tat ihre Befürchtungen mit einer barschen Handbewegung ab. Gnunt nahm den Deckel des Kästchens zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Zeig es mir«, stöhnte Tyvell erregt.
    Gnunt öffnete und schloss das Kästchen, öffnete und schloss es und öffnete und schloss es wieder.
    »Licht, dunkel, Licht, dunkel, Licht dunkel«, wiederholte er monoton und freute sich dabei wie ein kleines Kind.
    Auf dem Gesicht des Hohepriesters spiegelte sich seine Demütigung wider - eine herrliche Demütigung. Mogda wäre stolz auf Gnunt.
    »Schluss jetzt mit dem Unsinn«, kreischte Tyvell. »Kerkermeister, bringt ihn zum Sprechen, wenn Ihr nicht wollt, dass Ihr der Nächste seid, der in Ketten vor mir steht.«
    Tyvell ließ das Kästchen zuschnappen und eilte zurück auf seinen Platz. Gnunts Peiniger begannen ihr grausiges Werk. Gemeinsam stellten sie zwei der Bronzeschalen mit den glühenden Kohlen unter die Ketten, die Gnunts Arme an das Foltergestell fesselten. Die eisernen Glieder schwebten über dem rot glühenden Kohlebecken, und die Luft um sie herum flimmerte, während das Öl auf dem Metall zischend verpuffte. Es dauerte einige Minuten, bis die Wärme Gnunts Handgelenke erreichte, doch dann ging es immer schneller. Erst war es wohlig warm, dann wurde es langsam unangenehm, bis die ersten Schmerzen begannen.
    »Macht weiter«, schrie Hohepriester Tyvell.
    Jemand riss Gnunt das Hemd herunter. Er spürte ihre erstaunten Blicke.
    »Sieh dir das an«,

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