Blutiges Echo (German Edition)
wer aus dem Fenster schaut und uns sieht, fragt er sich doch, warum zum Teufel ich in deinen Kofferraum klettere. Er könnte die Bullen rufen, und wie wir beide wissen, sind das nicht unbedingt die Leute, denen wir jetzt über den Weg laufen wollen.«
»Also gut.«
Harry machte den Kofferraum auf, Tad kletterte hinein und zog die Klappe fast ganz zu. Einen Spalt ließ er offen, durch den er hinausschauen konnte. »Fahr langsam«, sagte er.
Harry parkte weit hinten in der Straße. Beim Aussteigen sah er Winston im Gebüsch herumschnüffeln. Der Hund hob den Kopf und schaute ihn an, dann fing er wieder an zu schnuppern und fraß irgendetwas in dem Busch an der Hausecke.
Vertrocknete Katzenscheiße höchstwahrscheinlich.
Durch eine Gasse zwischen zwei Häusern ging Harry zu Kaylas Haustür. Nervös klopfte er an.
Sobald er auf Kaylas kehliges »Komm rein« durch die Tür trat, stellte er erleichtert fest, dass alles in Ordnung war und Tad total danebenlag.
Die Lage war so entspannt wie ein Faultier.
Er spürte, wie alle Nervosität von ihm abfiel, während er den Flur hinunterging, Kaylas Parfüm in der Luft roch und durch den Mauerdurchbruch schaute, der den Flur vom Arbeitszimmer trennte. Da sah er sie in fast völliger Dunkelheit auf einem Stuhl sitzen – lediglich von der Küche leuchtete ein schwacher Schimmer herüber. Ihre Uniformbluse war offen, ihre Brust entblößt, und sie lächelte.
Sie hat doch gelogen, dachte er. Sie hat mich aus einem ganz anderen Grund hergelockt.
Einem viel besseren.
Deswegen wollte sie nicht, dass Tad Bescheid weiß. Aber ist das wirklich das Risiko wert, dass ich in meinem eigenen Auto durch die Gegend gondele? Hätten wir das nicht bei Tad im Schlafzimmer machen können?
Dann fiel Harry etwas auf.
Kayla lächelte nicht.
Sie bleckte die Zähne, aber das war kein Lächeln. In dem schummerigen Licht hatte er es nicht gleich erkennen können, aber nachdem seine Augen sich ein bisschen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, merkte er, dass sie das Gesicht verzog.
Und ihre Brüste waren von schwarzen Flecken übersät. Jetzt konnte er sie genau erkennen. Zigarettenrauch mischte sich unter ihr Parfüm. Das war ihm vorher nicht aufgefallen, doch nachdem sich seine Wollust verflüchtigt hatte, roch er es.
Kayla rauchte nicht.
Der Sergeant, der neben Harry dem Bären an der Wand gelehnt hatte, trat in die breite Öffnung zwischen Flur und Arbeitszimmer. »Tagchen, du Trottel«, sagte er.
»Tut mir leid, Harry«, sagte Kayla, »tut mir echt leid.«
Harry spürte jemanden hinter sich und drehte sich um. Es war der Polizeichef. In diesem Augenblick wirkte er gar nicht mehr wie ein Großvater. Und er hatte einen Freund dabei. Eine schwarze Pistole.
»Ein Mädchen erträgt nur eine begrenzte Anzahl von Brandwunden auf den Titten, bevor sie tut, was man verlangt«, sagte der Polizeichef. »Und eigentlich war das nicht mal der ausschlaggebende Faktor. Ich hab ihr in Aussicht gestellt, eine Zigarre zwischen ihre Beine zu stecken, sie anzuzünden und abbrennen zu lassen. Darauf hatte sie keine Lust. Wahre Liebe hat ihre Grenzen. Hab ich nicht recht, Officer?«
Kaylas Kopf knickte ab, als würde er ihr vom Hals fallen. »Es tut mir so leid, Harry. Wirklich.«
»Ihr zwei beide, ihr wart so schlau, aber die Sache hatte einen Haken: Kaylas Parfüm. Sie sollte es nicht bei der Arbeit tragen, weißt du, aber ach, sie konnte nicht anders. Und die Leiche, die ihr mir auf dem Sofa hinterlassen habt, die war widerlich, aber das Schild – das Schild, das Kayla gemacht hat – das stank nach ihrem Parfüm, und niemand sonst außer Kayla riecht so. – Wer ist Tad?«
Harrys Verstand lief auf Hochtouren. Ach ja, dachte er, sie hatte ihn vorhin am Telefon erwähnt. Aber sie hat nicht gesagt, wer er ist. Oder? Weiß er Bescheid? Verarscht er mich? Harry ging volles Risiko ein.
»Mein Hund«, antwortete Harry.
»Dein Hund?«
»Ja. Ein Schäferhund.«
»Du hast keinen Hund«, sagte der Polizeichef. »Wir waren in deiner Wohnung, schon vergessen? Da, wo den unglückseligen Mr Barnhouse an deiner Stelle das Schicksal ereilt hat. Da war weit und breit kein Hund.«
»Er ist bei meiner Mutter. Ich war auch gerade bei meiner Mutter, als Kayla mich angerufen hat. Bei ihr und Tad.«
»Wir könnten das überprüfen, weißt du.«
»Das ist mir klar.«
»Ein Hund?«
»Jepp.«
»Kaufst du ihm das ab, Pale?«, fragte der Chief. »Wir haben doch mit seiner Mutter geredet. Kannst du dich an einen Hund
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