Blutiges Gold
ärztlich versorgt werden konnte.«
»Eine Eingebung, aha.«
»Ja.«
»So eine Art von Eingebung wie die, die dich zum Multimillionär gemacht haben?«
»Ja.«
Sie stieß so kräftig den Atem aus, dass ihr Haar auf der Stirn aufflog. Ihr fiel nicht ein einziger beruhigender Grund ein, warum Tim schwer verwundet aus dem Haus davongelaufen sein könnte, in dem ein blutiger Mord stattgefunden hatte.
Die Erinnerung an Cherelles volles, wildes Lachen, als sie ihr gesagt hatte, was Shanes Keltengold-Sammlung wert war, war genauso beunruhigend.
Verdammt, Cherelle. Warum bist du damit nicht zu mir gekommen? Ich hätte dir helfen können. Du hättest dich nicht einlassen müssen auf … auf was immer du dich eingelassen hast.
Dann fiel Risa wieder ein, dass Cherelle ja zu ihr gekommen war. Und ihr dadurch diesen Gangster auf den Hals gehetzt hatte.
Vielleicht hatte sie keine andere Wahl gehabt.
Risas Mundwinkel verzogen sich nach unten. Es gibt immer eine Wahl.
Und bisweilen ist die getroffene Wahl falsch.
»Warum sollen wir auf die Nacht warten, um uns das Haus genauer anzusehen?«, fragte sie.
Shane blickte sie aus seinen dunkelgrünen Augen an, in denen Trost und Sorge zugleich zu sehen waren. »Weil Ian keinen Schlüssel dafür hat.«
»Und wenn wir einen anonymen Anruf bei der Polizei machen und unter dieser Adresse um Hilfe rufen? Oder der Polizei gleich erzählen, dass Clines Mörder dort hingelaufen ist?«
»Ian wird genau das tun, sobald er sich davon überzeugt hat, dass sich in dem Haus keine Goldartefakte befinden.«
»Aber …«
»Anweisung von Dana«, sagte Shane und überging Risas Einwurf. »Sie möchte verhindern, dass ihr jemand bei dem Gold zuvorkommt oder dass es in den bürokratischen Mühlen von Leuten landet, die nicht die leiseste Idee haben, welch einen kulturellen Wert das Gold besitzt.«
»›Kauf, Verkauf, Schätzen und Schützen‹«, sagte Risa, sich an das Motto von Rarities Unlimited erinnernd. »An erster Stelle steht die Kunst, danach erst der Kunde.«
»Das wusste ich, als ich dort unterschrieb. Und das ist genau der Grund, warum ich unterschrieben habe.«
Sie lächelte schwach und lehnte sich zurück an die lederne Sitzlehne. »Aber du tust alles, um als Sammler zu gelten, der es nicht so genau nimmt.«
»Meinst du, dass sich Gauner oder Hehler mit gestohlenen Kulturgütern an einen Pfadfinder wenden würden?«
»Nein. Aber den meisten Leuten ist ihr guter Ruf zu viel wert, um ihn in den Dreck ziehen zu lassen.«
Ein Schulterzucken verriet ihr, wie wenig Shane um seinen guten Ruf bekümmert war.
Risa trommelte weiter mit den Fingern auf ihre Beine. »Und was ist, wenn jemand vor Anbruch der Dunkelheit ins Haus zurückkehrt?«
»Ian beobachtet das Haus.«
»Meinst du, Cherelle ist dort?«, fragte Risa schnell und ohne nachzudenken. »Meinst du, sie ist verletzt? Wenn es so ist, sollten wir nicht …?« Risa schloss die Augen und atmete tief ein. Was auch immer Cherelle gemacht hatte, es war verdammt schwer, einfach hier zu sitzen und nichts zu tun, während ihre Freundin vielleicht in größter Not war und Schmerzen litt. Oder Schlimmeres. »Sollten wir nicht einfach in das Haus einbrechen?«
Shane ergriff Risas Hand, um ihre rastlosen Bewegungen zu unterbrechen. Ihre Finger fühlten sich kalt an. Er wärmte sie zwischen seinen Händen und wartete darauf, dass sie sich wieder beruhigte. Er wusste, was sie ängstigte. Sie sah ihre Freundin im Geiste auf der Flucht, verletzt, sich versteckend, Hilfe suchend. Viele unklare Gefühle aus der Kindheit wirbelten durcheinander und rieben sich an dem kalten Verstandesgebäude erwachsener Vernunft, und daran konnte man gar nichts ändern.
»Es geht mir gut«, sagte sie schließlich mit einem Seufzen. »Wirklich.« Ihr Versuch zu lächeln ging daneben. »Aber wie auch immer – heute ist ein völlig beschissener Tag für mich. Und das Schlimmste daran ist, dass er noch nicht vorbei ist.«
Langsam strich er mit ihren Händen über seine Wange. »Der Nachbar hat außer Mrs Seton niemand kommen oder gehen sehen. Wenn Cherelle und Mrs Seton nicht gut miteinander klarkamen – das hat der Nachbar wenigstens gesagt –, dann ist es wenig wahrscheinlich, dass Cherelle dort hingehen würde, wenn sie verletzt wäre.« Er küsste Risas Finger und ließ sie wieder los. »Vor allem, wenn sie eine Freundin wie dich hat, zu der sie gehen könnte.«
»Du meinst, so eine dumme Freundin?«
»Nein. Eine so großzügige.« So viel
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