Blutiges Gold
sich ein dunkler Raum.
Der einzige Laut kam von kleinen nächtlichen Wesen, die durch das helle Licht gestört worden waren und jetzt auf kleinen, krallenbewehrten Füßen zurück in die Dunkelheit rannten. Die Luft roch entfernt und nur andeutungsweise nach Speisen. Das Haus hatte etwas undefinierbar Verlassenes, Leeres. Nicht die plötzliche Leere eines kürzlich erfolgten Todes, sondern ein vages Gefühl von Verlassenheit, das sich einstellt, wenn es kein menschliches Leben mehr gibt.
»Niemand zu Hause außer den Mäusen«, sagte Shane und trat ins Licht.
Risa hielt den Atem an, als sie den Widerschein von etwas Metallenem in seiner Hand sah. Eine Pistole.
Trotz seiner beruhigenden Worte überprüfte Shane das dunkle Zimmer hinter dem Wohnraum, bevor er seine Waffe wieder zurück in das Holster am Rücken steckte.
In dem kleinen Zimmer sah es genauso aus wie in dem übrigen Haus. Keine Menschenseele zu sehen.
Seine Hand mit der Jacke bedeckend, knipste er darin das Licht an. Das Schlafzimmer war nur sechs Quadratmeter groß, gerade genug Platz für ein schmales Bett, eine Kommode und eine Reihe von Haken an den Wänden als Ersatz für einen Kleiderschrank. Es herrschte ein Durcheinander, aber nicht die Art von Chaos, als wäre der Raum durchwühlt worden. Es wirkte eher wie die normale Nachlässigkeit eines Mannes, der allein lebte und dem es egal war, ob sich bei der Schmutzwäsche in den Ecken der Staub sammelte, bis die Wäsche gewaschen wurde – wann immer das sein würde.
Sich den Nacken reibend, blickte Shane sich um. Er wusste nicht, was ihn nervös machte; er wusste nur, dass es irgendetwas war. Auch wenn er sich dabei wie ein Idiot fühlte, holte er eine Taschenlampe hervor, kniete sich hin und leuchtete damit unters Bett. Alles, was er sah, waren Spuren in dem dicken Staub, als wäre etwas herausgezogen worden. Vielleicht ein Koffer. Das würde erklären, dass keiner zu Hause war und die einzigen Räder weit und breit zu einem alten Fahrrad gehörten.
Er wünschte sich, er könnte der einfachen, ganz und gar logischen Erklärung Glauben schenken. Aber er konnte es nicht. Er ließ den Strahl der Taschenlampe wieder und wieder unter dem Bett hin und her schwenken. Er wusste einfach, dass hier etwas war.
Er konnte es bloß nicht sehen.
»Shane?«
Etwas in Risas Stimme ließ ihn sofort aufspringen und in den Wohnraum hinübereilen. »Was ist los?«
»Die Bücher.«
»Hast du sie angefasst?«, fragte er strenger, als er beabsichtigte.
»Das war nicht nötig. Schau selbst.«
Er blickte über ihren Kopf hinweg zu einem Buch, das auf dem etwas weiter hinten stehenden Tisch lag. Seine Augen verengten sich und er trat näher. Ein wunderschönes Foto eines Torques von Snettisham bedeckte eine ganze Seite. Auf der gegenüberliegenden Seite waren verschiedene Broschen abgebildet.
»Ich versuche zu glauben, dass das ein Zufall ist«, sagte Risa.
»Klappt es?«
»Nein.«
»Bei mir auch nicht.«
»Das Gold wurde in den Kisten aufbewahrt, die wir in Cherelles Motelzimmer gefunden haben«, sagte Risa in düsterem Ton. »Das habe ich gefühlt.«
Shane wies sie nicht darauf hin, dass sie davon gar nichts gesagt hatte. Das musste er auch nicht, denn er hatte dieselbe Empfindung gehabt.
Alles, was sie fanden, verband Risas alte Freundin noch enger mit einem Diebstahl, der zu einem Mord geführt hatte.
»Cherelle muss das Gold von Virgil O’Connor bekommen haben«, sagte Risa unglücklich. »Das hat Socks wohl gemeint, als er etwas darüber sagte, dass sie es in Sedona bekommen habe. Aber wo hatte Virgil es her? Und wie? Das ist nicht das Haus eines Mannes, der Millionen für Antiquitäten aus massivem Gold übrig hat.«
Shane zog sein Computerhandy aus der Tasche. »Kein Netz«, sagte er. »Dachte ich mir.« Er nahm eine Nachricht auf, die an Rarities weitergeleitet würde, sobald das Gerät wieder in Reichweite eines Funknetzes war. »Lass uns auf die Suche nach Dokumenten in Virgils Sachen gehen, die die Suche von Rarities nach seiner Identität beschleunigen könnten. Wenn wir nichts finden, müssen sie sich mit den Adressen auf den Kisten begnügen. Hast du Handschuhe dabei?«
»Ich habe für die Untersuchung von Objekten immer Handschuhe bei mir, aber sie werden dir nicht passen.«
»Dann muss ich dir eben über die Schulter schauen.«
»Und mir sagen, was ich tun soll«, murmelte sie, als sie ihre Handtasche öffnete, um die Handschuhe herauszunehmen.
»Darauf freue ich mich ganz
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