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Blutiges Gold

Blutiges Gold

Titel: Blutiges Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Hände kalt wurden und ihr Herz so heftig zu klopfen anfing, wie sie es als Kind gespürt hatte beim Heimschleppen der schweren Einkäufe. Eine Achterbahnfahrt mit hohem Adrenalinspiegel, bei der die Gefühle von Angst und rauschhafter Beglückung nicht voneinander zu trennen waren.
    Das war es noch nicht mal, was sie störte. Sie war von den Gruselgeschichten beunruhigt und von den Albträumen, aus denen sie schweißgebadet erwachte. Ihre Arbeit als Channel ging ihr spürbar an die Nieren. Sie sah zu viel, sie hörte zu viel. Und sie fühlte dabei zu viel.
    Mit Schwindeleien irgendwelchen Blödmännern das Geld aus der Tasche zu ziehen, war eine Sache. Eine ganz andere war es, wenn man spürte, dass diese Schwindeleien Wirklichkeit waren.
    Nicht immer wirklich, nur manchmal.
    Bei Virgil fast immer.
    Stimmen, die flüsterten. Sangen. Schrien. Brennende Feuer und Messer, von denen Blut tropfte.
    O Gott, das war mehr als genug, um sie auf Knien zu den Nonnen zurückzutreiben, die viele Jahre lang versucht hatten, mit Angst und Schrecken ein liebes kleines Mädchen aus ihr zu machen.
    Traurig entschied Cherelle, dass sie im Begriff war, so verrückt zu werden wie Virgil. Vielleicht war das ja ansteckend, wie Herpes.
    Der Bronco geriet so heftig in ein Schlagloch, dass Tims Kopf gegen die Scheibe schlug. »Was zum Teufel machst du …«, fing er an, sich zu beschweren.
    »Halt’s Mau l !«, überschrie Cherelle ihn wütend. »Du bist doch fein raus. Stehst immer nur rum, siehst bloß gut aus und machst den Weibern schöne Augen. Ich bin diejenige, die sich mit dem Teufel einlässt und all die Schreie der Verdammten zu hören kriegt.«
    Tim schaute sie beunruhigt von der Seite an. »Hey, Cher, bist du in Ordnung?«
    »Verdammt supergut, warum?«, presste sie böse zwischen den Zähnen durch.
    »Du hast dir gerade ’ne ziemlich wilde Nummer geleistet.«
    »Klingeling, richtig geraten, erster Preis! Ich bin ein Channel, vergiss das nicht! Es ist mein Job, wilde Nummern abzuziehen.«
    »Darin bist du höllisch gut, Schätzchen.«
    Gerade wollte sie ihm wegen seiner gewollt witzigen, saublöden Kommentare die Meinung geigen, als sie vor sich das Licht von Virgils Haus erblickte. Mit festem Griff und finsterem Blick riss sie das Lenkrad herum und jagte die holperige Einfahrt zum Haus entlang.
    Am östlichen Himmel war nicht einmal ein leichtes Anzeichen von Dämmerung zu sehen, als sie aus dem Wagen stieg, die Tür zuknallte und tief Luft holte. Ohne auf Tim zu warten, lief sie los über den Schotterweg, der mit bunten Bachkieseln bedeckt war, die in der Dunkelheit schwarz aussahen. In dem alten Haus brannte ein Licht. Sie erkannte an seiner Position, dass es im Wohnzimmer sein musste, das dem Alten meist auch als Schlafzimmer diente. Darin schlief er nicht nur, sondern wanderte genauso viel auf und ab.
    Die Eingangstür wurde geöffnet, noch ehe Cherelle die Hälfte des Wegs zum Haus zurückgelegt hatte. Ein goldenes Licht quoll hervor wie eine rechteckige Zunge. Mit der Entschiedenheit einer Schauspielerin, die ins Scheinwerferlicht tritt, schlüpfte sie konzentriert in ihre Rolle als Channel.
    Vorhang auf!
    Ein hagerer, knochiger Mann, der kaum größer war als Cherelle mit ihren ein Meter fünfundsechzig, kam mit steifen Schritten auf sie zu. Wie üblich hatte Virgil mehrere alte Hemden übereinander an. Darüber trug er seine übliche weite schwarze Jacke, Hosen aus Armeebeständen, die aus einer Zeit stammten, als Uniformen noch aus Wolle gefertigt waren, und Stiefel, so hart und grob wie der Erdboden selbst. Das einzig Ungewöhnliche an seiner Erscheinung war die schlichte Holzkiste, die er unter den Arm geklemmt hatte.
    Bevor sie ihren Mund öffnen konnte, um ihn sanft und freundlich zu begrüßen, schob er ihr ein Bündel Geldscheine in die Hand.
    »Vierhundert«, sagte er.
    Die Scheine jetzt nachzuzählen, hätte die Stimmung kaputt gemacht. Außerdem hatte Virgil noch nie irgendwelches Theater gemacht beim Bezahlen. Also murmelte Cherelle irgendetwas Undefinierbares und reichte die Scheine an Tim weiter, der sie gerade eingeholt hatte.
    »Ich spüre, dass Sie heute Nacht dringend Hilfe brauchen«, wandte sie sich an Virgil. Dann biss sie sich von innen auf die Wange, um zu verhindern, dass sie laut auflachte. Im Grunde bestand kein großer Unterschied darin, ob sie als Nutte oder als Channel arbeitete. In beiden Fällen kam es darauf an, die Typen zufriedenzustellen, auch wenn sie sich dabei noch so jämmerlich

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