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Blutiges Gold

Blutiges Gold

Titel: Blutiges Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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aufführten. »Würden Sie sich drinnen besser fühlen?«, fragte sie, ohne sich große Hoffnungen zu machen.
    »Nicht gut drinnen«, knurrte er ungeduldig. »Laufen wir los. Die Dämmerung ist verdammt bald da.«
    Noch bevor er mit dem Satz fertig war, schlug Virgil schon den ansteigenden Weg ein, der hinter seinem Holzhäuschen begann. Der steile, unebene Weg führte zum Fuß eines Steilhangs, der wie eine mächtige schwarze Wand in den Nachthimmel ragte, an dem Mond und Sterne glänzten. Virgils Schritte waren kurz, aber nicht zögerlich. Die kleine Taschenlampe in seiner Jackentasche brauchte er nicht. Er kannte den Weg zu dem Kraftort, den Lady Faulkner auf seinem Gelände entdeckt hatte. Zumindest ließ er sie glauben, sie habe die Stelle entdeckt. Er hatte sie hierhergeführt und gewartet, ob sie den Test bestehen würde. Vorher hatte keines der Channels den Test bestanden.
    Nur Lady Faulkner.
    Sie hatte sofort gewusst, dass er einen Kraftort besaß. Einen umwerfend guten sogar. Sie hatte ihm gesagt, dass es sie bei der ersten Berührung der drei großen roten Felsen auf dem Höhenkamm durchzuckt hatte wie ein elektrischer Schlag. Wie drei Männer standen sie da, oder besser wie drei Betrunkene, die sich aneinander anlehnten – so schmiegten sich die Steine an den Fuß eines viel größeren, viel höheren Steilhangs aus Sandstein, der sich über mehrere Meilen an einer kleinen Schlucht entlangzog.
    Als er hierhergezogen war, hatte er in der Erde um den zerklüfteten Steilhang gegraben. Er fand dabei alte Tonscherben, zerfallene Mauern und Steinhaufen, die einst zu Häusern gehörten. Aber inzwischen trieb er sich hier schon lange nicht mehr herum. Es war mühsam herzukommen, und die Geister an solchen Plätzen hatten ihm schon lange nichts mehr zu sagen, was er nicht schon längst wusste.
    Menschen waren sterblich. Das kümmerte niemanden.

8
Sedona
1. November
Sehr früh morgens
    Cherelle folgte dem alten Mann auf den Fersen, dankbar über das helle Mondlicht, in dem ihre weißen Kleider schimmerten. Ihr Rock und die leichte Bluse wirbelten und flatterten und blähten sich bei der kleinsten Bewegung auf. Das war hübsch anzusehen und stimmungsvoll für die Blödmänner, aber die Kleider waren viel zu dünn für die frühen Morgenstunden im hohen Zederngebüsch von Sedona.
    Cherelle hatte sich damit eigentlich das Aussehen eines Engels geben wollen, doch in letzter Zeit erinnerte sie ihre Kostümierung mehr an Leichentücher oder Gespenster. Tatsächlich war ihr so kalt, dass sie sich wie eine Leiche fühlte. Sie hatte eine Gänsehaut, und die Körperhaare stellten sich auf wie auf dem Rücken eines Wachhundes, wenn er einen Einbrecher stellte. Leise fluchend rieb sie mit den Händen über ihre eiskalten Arme und überlegte, ob Tim wohl daran gedacht hatte, eine Jacke mitzunehmen. Sie bezweifelte es. Er war schlimmer als ein Kind. Was sie ihm nicht sagte, wurde in der Regel nicht erledigt.
    Sie hatte es langsam satt, immer die Mama zu spielen für jedes hübsche Bürschlein, das ihr über den Weg lief.
    Im Stillen erinnerte sie sich selbst daran, dass sie nicht immer so arm bleiben würde. Irgendwann würde sie das große Los ziehen, das auf sie wartete. Sie wusste nicht, wann und was das sein könnte, sie wusste einfach, dass es irgendwann passieren musste . Sie hatte nicht vor, sich ihr ganzes Leben weiter so kümmerlich durchzuschlagen, immer in der Angst, wieder auf den Strich gehen zu müssen. Dafür war sie einfach zu clever.
    Sie hatte schließlich auch herausgefunden, dass in dem Channel-Geschäft etwas zu holen war. Tim war eines Tages von einem Sex-Urlaub in Sedona mit einem Bündel Geldscheine zurückgekommen und hatte ein paar dürre Geschichten über Geisterbeschwörungen erzählt. Es hatte zwar über ein Jahr gedauert und für sie auch mehr Arbeit bedeutet als beabsichtigt. Aber schließlich konnte sie sich mit ihrem hübschen Bürschlein im Channel-Bereich etablieren. Kein großes Unternehmen, kein schlechtes Unternehmen – ein Job eben.
    Alles war ganz gut gelaufen – bis Tims alter Knastkumpan bei ihnen auftauchte. Socks war ein echter Quälgeist. Er lenkte Tim dauernd von der Arbeit ab.
    Tim machte sie keine Vorwürfe. Bei dieser Arbeit mit den Blödmännern sprang wirklich nicht viel raus. Was sie selbst bei der Stange hielt, war die Hoffnung, dass unter all den Deppen, die nach Sedona kamen, um ein aufregendes Kraftorterlebnis zu haben, eines Tages einer wäre, der reich genug war, um

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