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Blutiges Gold

Blutiges Gold

Titel: Blutiges Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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prüfte sie mit den Fingern ihren Bauch und Po. Irgendwann mochte hier die Schwerkraft siegen, aber sie besaß immer noch einen Körper, nach dem sich Männer umdrehten und ihr dann gern einen Drink oder auch etwas Koks spendierten. Im Augenblick wäre sie wirklich froh, wenn sie noch etwas von dem weißen Zeug hätte. Ihr Kopfweh brachte sie noch um. Oder billiges Crack, das würde es jetzt auch tun.
    Zu blöd, dass das Kokain bis auf das letzte bisschen verbraucht war. Für zwei hätte es sowieso nicht gereicht. Tim wäre zwar nicht sonderlich erfreut darüber, dass sie alles genommen hatte, aber davon würde er nicht umkommen. Wahrscheinlich merkte er es nicht mal, bis es sowieso zu spät war, um sich darüber aufzuregen.
    Sie blickte aus dem Fenster zum Parkplatz hinüber, wo die Risse im Asphalt wie dünne schwarze Schlangen über den sonnengebleichten Platz liefen. Tim musste jeden Augenblick mit dem Frühstück – und mit Socks – zurück sein. Dann würde hier die Hölle los sein, und das hatte mit Kokain nichts zu tun. Socks würde ein Drittel vom Gold abhaben wollen – aber nur über ihre Leiche! Das war ihre Beute, nicht seine. Er war nicht mal dabei gewesen.
    Er hatte niemand umgebracht.
    Hastig drehte sie sich vom Fenster weg und eilte ins Badezimmer. Sie wollte nicht über diesen nicht enden wollenden Moment nachdenken, als sie mitten im Nirgendwo war und schrie, immer nur schrie, und keinen Laut hörte, nur wusste, dass sie schrie und schrie und schrie. Mit einer Pfeife Crack und einem dreifachen Wodka hatte sie die Erinnerungen erfolgreich bekämpft. Für eine Weile.
    Sie hatte Virgil nicht umbringen wollen. Zum Teufel, sie konnte sich nicht mal dran erinnern, dass sie es tat.
    Aber er war tot, so viel war sicher.
    »Also gut, das kann ich jetzt nicht mehr ändern«, sagte Cherelle zu ihrem Abbild im matten Badezimmerspiegel. »Ich muss jetzt an mich denken, und zur Hölle mit allen anderen. Auch mit Tim.«
    Sie ging zum Bett hinüber und fing an, eine sehr gut bemessene Hälfte des Goldes einzusammeln – gut bemessen in Anzahl und Gewicht. Sie war gierig beim Teilen, aber sie war nicht dumm. Zwölf Stücke ließ sie für Tim übrig. Dabei waren ein ins Auge fallender Armreif, ein Halsband, die drei kleinsten Broschen und etwas, das aussah wie ein Pimmel mit zwei Hoden. Zögernd legte sie noch vier der kleinen Figuren dazu, weil Socks mit so etwas mehr anfangen konnte als mit dem Rest: leicht zu transportieren und dabei ganz schön schwer.
    Tims Anteil passte gut in eine der kleinen abgenutzten Holzkisten. Sie wickelte den Rest des Goldes in schmutzige Kleider und verpackte sie in einem ihrer zwei ramponierten Rollkoffer. Sie hätte sich auch mit dem ganzen Gold aus dem Staub gemacht, wenn das möglich gewesen wäre, aber sie war schlauer. Vielleicht würde sich Tim ja damit zufriedengeben, dass sie alles in Gewahrsam nahm, bis es in Sicherheit war. Aber Socks nicht. Er war ein richtiger Straßenköter.
    Also würde sie ihm einen goldenen Knochen hinwerfen.
    Nachdem sie den Koffer mit dem Gold in den Kofferraum ihres Autos eingeschlossen hatte, steckte sie einen Ersatzschlüssel in ihren BH. Sie verlor andauernd Schlüssel und hatte sich daher angewöhnt, überall Reserveschlüssel zu deponieren. Sie in ihrem BH mit sich herumzutragen war auf jeden Fall einfacher, als in die eigene Wohnung einbrechen oder das eigene Auto kurzschließen zu müssen, wenn sie mal wieder vergessen hatte, wo ihre Schlüssel waren.
    Sie öffnete den zweiten, etwas kleineren Koffer, legte ihn auf den Boden neben das wackelige Tischchen und blickte sich um, damit sie nichts Wichtiges vergaß. Das Erste, was sie sah, war ein Stapel neu gedruckter Flugblätter, auf denen Tim als spiritueller Führer und sie selbst als »klares, reines Channel« angepriesen wurden. Mit einem verächtlichen Lächeln fegte sie den ganzen Stapel auf den Boden. Die Blätter flogen und schlitterten überallhin, eines landete auch in ihrem Koffer.
    Auf das bunte Flugblatt warf sie ihre Schuhe und einige Schokoriegel, außerdem Tampons, Shampoo, Unterwäsche, Make-up, Zahnbürste – alles, was sie besaß. Als sie damit fertig war, setzte sie sich auf den Koffer, bis sie ihn endlich schließen konnte. Nur noch eines der beiden Räder drehte sich, aber das war besser als gar nichts. Quietschend und knarrend humpelte der Koffer hinter ihr zur Tür hinaus und auf den Parkplatz.
    Tim und Socks kamen gerade angefahren, als sie dabei war, den Koffer auf

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