Blutiges Gold
Eine kurze braune Perücke. Ein Sport-BH, geeignet, stolze Berge zu kleinen Maulwurfshügelchen schrumpfen zu lassen. Ein Golden-Fleece -T-Shirt in XXXL . Extraweite Baggy Pants. Verschiedene Sicherheitsbeutel aus Nylon. Tennisschuhe. Eine schwere Windjacke aus Nylon für Männer in Übergröße. Einen ganzen Packen Sicherheitsnadeln. Eine Baseballkappe mit passender Sonnenbrille. Und ein dickes Schwangerschaftskissen.
Ohne die Uhr aus den Augen zu lassen, leerte Cherelle ihre beiden Koffer und packte alles außer dem Gold in einen von Risas schicken kleinen Rollkoffern. Alles fand darin Platz, mit Ausnahme ihrer großen limonengrünen Tasche. Die konnte sie aber auf keinen Fall offen herumtragen. Sogar ein Idiot wie Socks würde die Tasche wiedererkennen, wenn er sie entdeckte, egal, wie die Frau aussah, die sie dabeihatte.
Vorsichtig wickelte sie jedes einzelne goldene Teil fest in Toilettenpapier ein, damit sie beim Aneinanderschlagen kein Geräusch von sich gaben. Dann packte sie die Teile in die verschieden großen Nylonbeutel, mit denen man Bargeld, Kreditkarten oder Schmuck am Körper tragen konnte, um die Wertsachen vor Taschendieben zu schützen. Eine Sicherheitsnadel nach der anderen musste dazu herhalten, die verschiedenen Bänder und Beutel aneinander zu befestigen.
Als Cherelle endlich mit ihrer Arbeit zufrieden war, hatte sie das Gold um sich herum fünfmal umgepackt und ihr letztes Briefchen Sicherheitsnadeln angebrochen. Das ganze Gold am Körper zu tragen erwies sich als verdammt anstrengender Job. Auch als sie die zwei schwersten Stücke rausgenommen und sich unter die Arme gehängt hatte, konnte sie nicht normal gehen, sondern nur noch wie eine Ente watscheln. Als schließlich alles am richtigen Platz war, fühlte sie sich wie ein beladenes Maultier und sah aus wie ein gefüllter Fladen.
»Wie machen die das bloß«, murmelte sie und balancierte ihr Gewicht vorsichtig so, als ob sich alles vor ihrem Bauch befände. »Schwangere Frauen nehmen vielleicht zwanzig Kilo zu und können trotzdem noch rumlaufen. Verdammt, bei mir ist es lange nicht so viel und ich hab schon Mühe, überhaupt vorwärtszukommen.«
Sie schüttelte sich versuchsweise und bewegte sich hin und her. Kein Klirren war zu hören. Alles blieb mehr oder weniger an seinem Platz. Nach einem letzten Schütteln schnappte sie sich das Schwangerschaftskissen und band es vor die ganzen Beutel mit den Klumpen.
Die Hosen passten nur mit Mühe über die ganze »Schwangerschaft«, aber der feste Stoff erwies sich als äußerst geeignet, alles festzuhalten, vor allem, nachdem sie die letzten ihrer Sicherheitsnadeln verwendet hatte. Sie zog den Sport-BH über, fluchte und bewegte sich vorsichtig, bis der BH sie nicht mehr kniff und das Gold unter ihren Armen nicht mehr die zarte Haut aufrieb. Das grelle schwarz-goldene T-Shirt war groß genug, all die verschiedenen seltsamen Beulen darunter zu verbergen. Dasselbe tat die feste Nylon-Windjacke.
Fünf Minuten im Badezimmer reichten ihr, um sich zu schminken und die Perücke aufzusetzen. Ihre große Ledertasche stülpte sie auf dem Bett aus. Führerschein, Autoschlüssel, Bargeld und Handy wanderten in die Taschen der Windjacke, den Rest stopfte sie noch in den Rollkoffer.
Sie zog die Baseballkappe vorsichtig auf die Perücke und ihr eigenes daruntergestopftes Haar. Die Mütze war zwar fast so auffällig bunt wie das T-Shirt, aber sie wollte ja nicht unsichtbar werden. Sie wollte bloß nicht aussehen wie eine gut gekleidete Blondine mit großem Busen.
Zwei weitere Minuten verbrachte sie vor dem Spiegel, um sicherzugehen, dass nicht irgendwo etwas sichtbar war, was nicht sein durfte. Dann grinste sie ihr Spiegelbild an und lachte laut auf. Es gab nichts, was ihr mehr Spaß machte, als Idioten an der Nase herumzuführen.
Zu schade, dass Risa bei dem Spaß nicht dabei war, aber ihre alte Freundin musste jetzt dasselbe tun wie Cherelle.
Gut auf sich aufpassen.
32
Las Vegas
3. November
Am Nachmittag
Als sie den Flur zu ihrem Apartment entlanglief, versuchte Risa sich einzureden, dass sich ihre Füße nur deshalb so schwer anfühlten, weil sie müde war, nicht weil sie keine Lust auf eine Wiederholung des Spiels »Als Cherelle und ich noch Kinder waren« von letzter Nacht hatte. Die gemeinsamen Erinnerungen hatten die Distanz zwischen ihrer Freundin und ihr nur noch sichtbarer gemacht, auf schmerzliche Weise.
Die diskrete magnetische Karte mit der Aufschrift Bitte nicht stören! hing an der
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