Blutiges Gold
Tür zu Risas Apartment direkt über dem Schloss. Risa atmete erleichtert auf. Entweder war Cherelle beim Shopping oder wieder in einem duftenden Schaumbad versunken. Was auch immer, Risa hatte jedenfalls die Chance, einmal tief durchzuatmen, bevor sie gesellig werden musste.
Sie blieb noch ein paar Sekunden stehen und atmete die ruhige Eleganz des Flurs ein mit seinen weichen Teppichen, dem Duft frischer Blumen aus den bronzefarbenen Wandnischen und den botanischen Zeichnungen in vergoldeten, doch schlichten Rahmen, die entlang des langen, friedvollen Flurs aufgehängt waren. Aber sie konnte es jetzt nicht länger hinauszögern, ihre Wohnung endlich zu betreten. Mit einem stummen Seufzer schlüpfte sie aus ihrem empfindlichen Jackett, kickte die Pumps von den Füßen, klemmte sich die Sachen unter einen Arm und steckte die Karte in den Schlitz.
»Cherelle?«, rief sie vom Eingang aus. »Ich bin’s. Bitte …« Die Worte blieben ihr im Halse stecken. »Mein Gott, was ist denn hier los?«
Die Wohnung war ein riesengroßes Durcheinander. Alles, was sich in Schubladen, Regalen und Schränken befunden hatte und irgendwie beweglich war, lag nun verstreut auf dem Boden. Der Anblick war entsetzlich.
Sie wollte noch einmal nach Cherelle rufen, als sich die alte Angst wieder meldete. Vielleicht hatte ihre Freundin einen Anfall gehabt und das Apartment selbst so zugerichtet; aber wahrscheinlich war das nicht. Also musste es jemand anderes gewesen sein.
Und der war womöglich immer noch hier.
Und wartete auf sie.
Risa wandte sich um und wollte fortlaufen. Aber sie war nicht schnell genug. Eine kräftige Hand packte ihr Handgelenk und zog sie durch den Eingang in das Apartment. Die Tür begann sich automatisch zu schließen, blieb aber an den Schuhen und dem Jackett hängen, die Risa hatte fallen lassen, als er ihren Arm ergriffen hatte.
»Wo ist es?«, fragte der Mann durch die Öffnung seiner schwarzen Skimaske.
»Wo ist was?«
Socks starrte auf die blasse Lady mit den großen blauen Au gen und den zitternden Lippen. Dachte die etwa, er sei blöd? »Das Gold«, knurrte er. »Wo ist das verdammte Gold?«
»Ich glaube, Sie haben mich mit jemand verwechselt. Das einzige Gold hier, von dem ich weiß, liegt sicher in den Tresoren des Casinos, zusammen mit …«
Die Finger schlossen sich wie Stahlkabel um ihr Handgelenk. »Das Gold, das sie von dem Typ in Sedona gekriegt hat.«
Risa wollte glauben, dass sie sich in der Gewalt eines Irren befand, der Einmalhandschuhe trug und eine Skimaske. Aber sie hatte das unerträgliche Gefühl, dass er nicht irre war. Das machte ihr Angst, beinahe wurde ihr übel davon. Er war verrückt, aber vor Wut. »Also, ich würde Ihnen sehr gerne dabei helfen, das wiederzufinden, was Sie verloren …«
»Die verdammte Zicke hat’s gestohlen«, wurde sie unterbrochen. »Ich hab’s nicht verloren. Welcher Idiot verliert schon Gold, das Millionen wert ist.«
»Welche Zicke?«, fragte Risa und betete, dass sie sich irrte.
»Cherelle Faulkner, wer sonst? Gibt’s hier etwa noch mehr Zicken in dem Apartment?«
Nur mich, dachte Risa bitter.
»Also, wo ist es«, drängte er sie.
»Wenn Sie mir beschreiben könnten, was sie an sich genommen hat«, sagte Risa und hatte größte Mühe, ruhig dabei zu wirken, »könnte ich Ihnen vielleicht behilflich sein.«
Socks dachte einen Moment über die Frage nach, vielleicht enthielt sie ja eine verborgene Falle. Dabei schaute er sich seine Gefangene genau an. Und das lohnte sich durchaus: elegant, aber keine Bohnenstange. Richtig nette Titten unter der weiten Bluse. Den Hintern konnte er unter dem strengen dunklen Rock nicht so gut erkennen, aber das sah auch nicht schlecht aus. Zu blöd, dass er noch keinen hochbekam, die Gelegenheit hätte er sich sonst nicht entgehen lassen.
Risa stieß diese eklige, abschätzende Anerkennung aus den dunklen Augen ab. Sie kannte sie von zu vielen Männern aus der Zeit, als ihr die Brüste gewachsen waren. Aber sie ließ weder Furcht noch Abscheu erkennen. Das war noch etwas, was sie als Kind gelernt hatte: Sobald du Gefühle zeigst, und vor allem Angst, machen sie mit dir, was sie wollen.
»Sind Sie Cherelles Mann?«, fragte Risa und hoffte, seinen Blick dadurch wieder auf Regionen oberhalb ihrer Brust zu lenken.
Wut und noch etwas viel Heftigeres verdunkelten seine Miene. »Hätte ich werden können, aber die Zicke hat mein Gold gestohlen.«
Risa fragte sich, ob er davor oder danach Cherelles Karte für den
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