Blutiges Gold
Sicherheitsbereich im Golden Fleece gestohlen hatte, und was wohl mit ihrer Freundin und ihrer neuen Karte in der Zwischenzeit passiert sein mochte. Aber diesen Fragen würde sie jetzt nicht nachgehen.
Die Antworten würden ihr vielleicht auch nicht gefallen.
Aber egal, wo und in welchem Zustand Cherelle im Augenblick war, Risa konnte niemand helfen, ehe sie sich nicht aus der Gewalt dieses Kerls im wilden Hawaiihemd und der furchterregenden Skimaske befreit hatte. Ganz vorsichtig prüfte sie, wie fest er sie an ihrem Handgelenk hielt. Nicht mehr ganz so fest wie zuvor. Dass kalter Schweiß ihre Haut bedeckte, trug dazu bei.
»Welche Art von Gold?«, fragte sie. »Münzen? Schmuck? Uhren?«
»Ich hab ja nicht alles gesehen.«
Risa machte ihn nicht darauf aufmerksam, dass es wohl kaum sein Gold gewesen sein konnte, wenn er es nicht mal gesehen hatte. Der Kerl war zwar nicht besonders helle, aber ziemlich stark.
Wie früher, dachte Risa erbittert. Mein Kopf gegen ihre Kraft .
»Können Sie beschreiben, was Sie von dem Gold gesehen haben?«, fragte sie in absichtlich leicht weinerlichem Ton. »Ich will Ihnen ja gerne helfen, Mister, aber das kann ich nicht, wenn Sie mir nicht genau sagen, was Sie suchen.«
Socks legte die Stirn in Falten. »Na ja, da waren zwei kleine Figuren, die aussahen wie ein Hund oder ein Hirsch oder so was. Dann so ’ne komische Art von Anstecker. Und ein Armband, das klasse aussah, so ein bisschen wie ein Totenkopf. Der andere Kram muss so ähnlich gewesen sein.«
Risa wurde übel und sie verkrampfte sich. Das konnte kein Zufall sein. Und es erklärte, wieso Cherelle sich zum allerersten Mal so sehr für Risas Arbeit interessiert hatte.
»Cherelle hat die Sachen von Ihnen gestohlen?«, fragte Risa.
»Ja, und noch ein paar andere.«
»Ein paar«, wiederholte Risa mit möglichst gleichgültiger Stimme, doch in ihrem Kopf drehte sich alles. Oh mein Gott, es gibt noch mehr von dem Keltengold.
Der Gedanke machte sie schwindeln, doch sie war bemüht, das nicht zu zeigen. Stattdessen ließ sie ihre Stimme und Sprache in die Zeit zurückgleiten, als Cherelle und sie noch in ihrer ländlichen Umgebung herumgestreunt waren wie junge übermütige Tiere, die Zeit, als Männer wie dieser im Leben der beiden Mädchen nur allzu üblich waren.
»Also … ’n paar«, sagte sie. »Was soll’n das heißen: ’n ganzer großer Haufen oder nur so ’n paar mehr als vier?«
Die sehnigen Finger griffen wieder kräftiger zu. »Was kümmert’s dich, wie viele es sind?«
»Hey, ich versuch bloß zu helfen. Wenn’s bloß eins oder zwei sind, kann sie’s auf dem Klo in meinem Büro versteckt haben. Wenn’s viele sind, dann muss das Zeug woanders sein.«
»Tim hat was von mindestens zwanzig gesagt.«
Heilige Maria! »Okay. Also ’n ganzer Haufen. Das Klo in meinem Büro können wir also vergessen.« Sie schaute sich betont auf dem Schlachtfeld um, das ihre Wohnung gewesen war. »Ich denke mal, hier ist es nicht, sonst hätten Sie es wohl gefunden.«
»Vielleicht gibt’s hier ja einen Geheimplatz?«
»Hat sie das behauptet?«
»Die Zicke hab ich hier gar nicht gesehen.«
Risa war erleichtert. Zumindest befand sich Cherelle nicht hier irgendwo unter all dem Durcheinander, verletzt, verprügelt oder schlimmer.
»Ich habe hier kein Geheimversteck, außer …« Risa brach ihren Satz absichtlich ab. Es war ein riskantes Spiel, aber manchmal hast du keine andere Chance, als auf die Karten zu wetten, die du in der Hand hast.
Socks riss so hart an ihrem Handgelenk, dass sie ins Straucheln kam. »Wo?«
»Unten in den öffentlichen Toiletten neben den Ausstellungshallen.«
»Was? Wieso suchst du dir so einen beschissenen Platz aus?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Funktioniert aber gut.«
Socks knurrte und blickte um sich. Er hatte keine Idee, was er tun sollte. Er hob sein Hemd ein Stück hoch, sodass sie den Kolben seiner Pistole sehen konnte. »Versuch bloß nicht, mich auszutricksen.«
Sie schluckte mühsam. »Hey, ich bin doch auf deiner Seite. Du musst mir nicht damit drohen.«
»Nur damit du weißt, woran du bist.«
Er packte sie an den Schultern und schob sie aus der Wohnungstür. Nebeneinander, ihr Handgelenk in eiserner Umklammerung, gingen sie zum Fahrstuhl. Irgendetwas Merkwürdiges war an seinem Gang. Er hinkte nicht, wankte auch nicht. Ging nicht wie ein junger Mann, eher wie ein alter.
Aber er hatte keinerlei Mühe, ihr Handgelenk festzuhalten.
Sie hoffte inständig, dass
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