Blutjägerin (German Edition)
sank. Seinen Kumpanen, der dem Clanbruder zu Hilfe eilen wollte, beförderte er mit einem Tritt zu Boden.
„Das wirst du bereuen, Vermont!“, brüllte der Kerl, den er niedergeschlagen hatte und mit der Ferse zwischen den Schulterblättern festhielt. „Bruce wird sie jagen, für das, was sie getan hat.“
„Soll er kommen.“ Gerald trat noch fester in den Rücken des Morati-Bruders. Mit der freien Hand rief er Brom an und ihn bat, einen Wagen zu schicken, um die drei abzuholen.
„Euer Rat wird bald Geschichte sein“, fauchte ihn der Langhaarige an.
„Wir werden sehen.“ Gerald ging nicht weiter auf die Sticheleien des Kerls ein, sondern verstärkte seinen Griff.
Kurz darauf erschien Brom mit Clement und Alexandre Montiel, dem dritten Agenten, der permanent in Wien stationiert war.
„Gute Arbeit, Gerald.“ Clement begutachtete die verwahrlosten Bastarde.
Wie Gerald anhand ihrer Duftaura schnell festgestellt hatte, waren die beiden weder rein- noch halbblütig, sondern als Vampire aus dem Leib einer menschlichen Frau geboren worden, als Folge nächtlicher Triebe ihrer vampirischen Väter. Ihre Kräfte waren schwach, ebenso ihr Duft.
„Nehmt die beiden mit und bringt den Typen da drüben in eine der Läuterungskliniken.“ Gerald deutete auf den Polizisten. Er stand wahrscheinlich schon zu lange unter dem Einfluss des Clans und glaubte, einer von ihnen zu sein.
„Was geschieht mit ihr?“, fragte Brom.
Sophies hilfloser Anblick stach Gerold ins Herz. Vor seinen Agenten wollte er sich nicht bloßstellen, daher zuckte er mit den Schultern und sprach mit geübt neutraler Stimme. „Ich werde sie aufwecken und wegbringen.“
Clement packte den Langhaarigen und schob ihn auf die Rückbank des gepanzerten Wagens. „Sie scheint der Schlüssel zum Orden des silbernen Harlekins zu sein und der Draht zu den Moratis. Und wie man sieht, vertraut sie dir.“
„Und sie ist die Tochter eines Jägers“, fügte Gerald hinzu. Er sah sie weiterhin an und dachte daran, wie verkehrt das alles war. Er versuchte, diese Frau zu schützen, die wahrscheinlich keinen Augenblick zögern würde, ihn zu töten, wüsste sie, was er war.
Sophie erwachte auf dem Beifahrersitz eines parkenden Autos. Sie erinnerte sich nicht, eingeschlafen zu sein, sondern wusste nur noch, wie sie zu Gerald Vermont in den Wagen gestiegen war.
„Bist du in Ordnung?“, fragte er.
Gerald trug eine schwarze Lederjacke, ein weißes Hemd und eine schwarze Hose. Er saß am Steuer und betrachtete sie mit sorgenvollerMiene. Sophie nickte. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte. Sie schaute über den Parkplatz hinweg auf ein Fast-Food-Restaurant, das mehrere Straßen von ihrem Wohnblock entfernt lag.
„Die Kerle?“ Mühsam setzte sie sich auf. Die Schmerzen in ihrem Rücken spürte sie erst jetzt richtig, das kleine Präsent ihrer Begegnung mit Fetthaar. Zu allem Übel brannte auch die Schusswunde wie flüssiges Feuer.
„Mach dir keine Sorgen. Du bist erst mal in Sicherheit. Was ist mit deinem Arm?“
„Nicht so schlimm, nur ein Streifschuss.“ Tapfer wie ein Cowgirl biss sie die Zähne aufeinander, als eine Schmerzwelle durch ihren Körper jagte. Sie wollte nicht wegen eines Kratzers und ein paar blauer Flecken herumjammern. Nicht, nachdem er sie vor Schlimmerem bewahrt hatte.
„Die haben auf dich geschossen?“ Ein finsterer Schatten huschte über sein Gesicht, als sie auf den Arm deutete.
„Das war vergangene Nacht … dieser Polizist“, erklärte sie und erzählte, was geschehen war. Sie verschwieg, dass sie den ganzen Tag auf seinen Anruf gehofft hatte. Dass er sich zu der vertrauten Anrede entschlossen hatte, verursachte ein warmes Wattegefühl in ihrem Brustkorb. Die Geschehnisse hatten sie miteinander verbunden. Hoffnung ersetzte die Qual der Einsamkeit in ihrem Herzen.
Albern. Als ob dieser gut aussehende Mann Interesse an ihr hätte.
„Lass mal sehen.“
Er beugte sich zu ihr. Sein Gesicht kam ihr nahe. Er roch himmlisch. Nach edlen Hölzern und einer süßlichen Note exotischer Gewürze. Betörend wie eine Droge wirkte dieser Duft. Bereits nach dem ersten Atemzug sehnte sie sich nach mehr. Sie ertappte sich, in Gedanken die wohlproportionierten Gesichtszüge nachzuziehen, das markante Kinn, die geschwungenen Lippen, die aussahen wie von einem perfekten Pinselstrich gezogen. Seine Augen hatten einen satten Anthrazitton, mit verästelten gelblichen Linien und schmalen, kräftig gezeichneten Augenbrauen.
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