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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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konnte, um zu verhindern, dass man mir folgte.
    »Hinterher, ihr Blutsäcke!«, rief Tabitha.
    Während ich auf den Treppenabsatz schlitterte und die Treppen hinunterjagte, hörte ich heftige Kotzlaute im Flur. Sieht so aus, als müsste ich Vil wirklich dankbar sein .
    Ich schoss zur Vordertür hinaus in den Sturm. Die Straße war menschenleer, und ich wandte mich nach links und rannte so schnell ich konnte, ohne einen Blick zurück, und das sichtbare Medaillon schwebte mitten in der Luft, während meine Stiefel über das regennasse Kopfsteinpflaster schlitterten. Criminy hatte mich vorgewarnt, dass nur die Dinge, die bei der Wirkung des Zaubers mit mir in Berührung waren, unsichtbar seien, und das Medaillon bildete da keine Ausnahme.
    Nicht lange, und ich japste nach Luft, aber ich rannte weiter, ohne langsamer zu werden. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich lief, aber mir war klar, dass ich raus aus Darkside musste und in ein Gebiet, in dem es etwas sicherer für Menschen war. Und dann musste ich natürlich auch den Bludratten aus dem Weg gehen. Den Visionen nach zu urteilen, die ich bei meiner Arbeit im Wanderzirkus gehabt hatte, war das wohl keine leichte Aufgabe.
    An jeder größeren Kreuzung bog ich ab, immer bergauf gerichtet, mit Blick auf Goodwills Kirche. Bald fand ich mich in einer wohlhabenden Wohngegend im Pinkieteil der Stadt wieder. Die hübschen Häuser hier waren alle schon für die Nacht verriegelt. Im Vorbeilaufen las ich die Schilder an den Geschäften und hoffte auf eine Inspiration, während mein Verstand gleichzeitig auf ziemlich tierähnlichem Level funktionierte: Flieh. Renn. Lebe.
    Da plötzlich fiel mir ein Schild ins Auge: Zu verkaufen . Das schmale Stadthaus, an dem das Schild hing, war dunkel und still. Ich hielt an. Menschenleere Straße, gefahrvoller Himmel mit zuckenden Blitzen. Der Regen prasselte wie rachsüchtige Gummibonbons auf mich herab, und ich war nass bis auf die Knochen.
    Ich sah mich auf der Straße um. Jedes einzelne Haus hatte zumindest ein beleuchtetes Fenster und eine brennende Gaslampe draußen an der Vordertür. Das Haus Zu verkaufen war absolut dunkel. Ich legte das Ohr an die Tür und hörte kein Geräusch drinnen.
    Ich hielt mein Handgelenk ans Schlüsselloch und befahl: »Uro, sperr auf«, in der Hoffnung, dass es bei mir ebenso funktionieren würde wie bei Criminy im Leuchtturm. Ich konnte nicht sehen, was die unsichtbare Schlange machte, aber dann hörte ich ein metallisches Schnappen. Probeweise drückte ich die Klinke, und die Tür ging auf. Ich schlich mich hinein und schloss die Tür hinter mir ab.
    Die grellen Farben waren in Dunkelheit gehüllt, der Mosaikbrunnen war leer. Überall standen Möbelstücke unter weißen Laken. Aber es war trocken und still, und ich war allein. Ich stieg die große Treppe hinauf in den ersten Stock und ging in das herrschaftliche Schlafzimmer, wo mich ein schweres Himmelbett unter einem Dach aus Spinnweben erwartete. Ich erwog, meine Stiefel aufzuschnüren und mich auszuziehen, aber dafür war ich zu erschöpft. Außerdem, falls jemand hier auftauchen sollte, würde ich wieder schleunigst das Weite suchen müssen, und ich wollte nicht barfuß oder gar nackt durch Sang laufen.
    Ich schleppte mich aufs Bett und legte mich auf dem weißen Laken nieder; dabei spürte ich Schmerzen wie noch nie zuvor. In den letzten paar Tagen war ich mehr gelaufen als in meinem gesamten bisherigen Leben, und ich war per Magie um fünf Jahre gealtert. Oder vielleicht auch mehr. Aber es ging mir nicht nur um Schlaf. Jetzt, da ich mein Medaillon wieder um den Hals hängen hatte, wollte ich nach Hause.
    Ich ließ Uro von meinem Handgelenk gleiten und platzierte ihn auf einem lakenbedeckten Nachttisch. Dann befahl ich ihm: »Uro, halt Wache«, und lauschte dem Geräusch, als mein unsichtbares Armband sich in einen Dreifuß verwandelte. Als ich mich auf der Seite einrollte, das Medaillon an mein Herz gedrückt, war ich fast zu aufgeregt, um die Augen zuzubekommen
    Ich streichelte mit dem Daumen über den Rubin und lächelte. »Ich komme zurück, Criminy«, flüsterte ich.
    Und während ich langsam einschlief, sah ich mich vor meinem inneren Auge mit Nana an ihrem Tisch sitzen, im hellen Licht der Morgensonne, und wir aßen Waffeln und lachten.

33.
    I ch fühlte mich wie ein Kind an Weihnachten – ich wollte die Augen nicht gleich öffnen. Ich konnte die Dunkelheit fühlen, aber ich wollte sie genießen, die herrliche Bequemlichkeit meines eigenen

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