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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Illusionen machtlos sind. Ich habe keine Ahnung, wie wir da reinkommen sollen, ohne dass er es augenblicklich mitbekommt.«
    Da hörten wir näherkommende Stimmen, und ich erstarrte. Criminy zog mich neben sich.
    »Halt still«, sagte er und warf etwas Puder aus einer seiner Taschen über uns beide. Ich fühlte mich ganz plötzlich sehr staubig und trocken, ganz ähnlich wie bei einer Schlammpackung, direkt bevor sie abbröckelt.
    »Nicht bewegen«, raunte mir Criminy aus dem Mundwinkel zu. Das wäre auch sehr schwierig gewesen, selbst wenn ich gewollt hätte. Mein Gesicht und Körper waren völlig starr, und das einzige Eckchen meiner bedeckten Hand, das ich noch sehen konnte, war so grau wie alter Stein. Er hatte uns in Statuen verwandelt.
    Nur die Augen konnte ich noch bewegen. Ich sah wie eine Horde kleiner schmutziger Kinder kichernd um die Ecke stürmte. Ihre unbedeckten Hälse verrieten mir, dass sie Bludmänner waren – oder besser gesagt Bludkinder. Eines kauerte sich in die Ecke und tat so, als wolle es seinen Darm entleeren, alle anderen drängten sich um einen braunen Gegenstand.
    »Hat er dich gesehen, Les?«, fragte eines. Ich konnte weder am Aussehen noch an der Stimme erkennen, wie alt das Kind war, oder ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelte. Sie sahen wirklich alle gleich aus – riesige Augen in ausgemergelten Gesichtern, ihre Kleider schmutzstarrende Lumpen.
    »Nee, der Dünne war viel zu beschäftigt damit, Bertie einen stinkenden fledermausgesichtigen Bludsack zu nennen. Der hat nicht gemerkt, dass ich die Börse von dem Fetten geklaut habe. Dämliche Copper.« Das Kind leerte den Beutel und teilte die Münzen daraus auf, danach klemmte er die Börse unter meinen steinernen Rock.
    »Was denkst du, wie Copper wohl schmecken?«, fragte ein dritter Bengel wehmütig.
    »Ich wette, die schmecken nach Kacke«, meinte das Kleinste.
    »Weg hier – da kommt Rudy!«, zischte der Ausgucker. Und schon rannten sie davon und verschmolzen mit den Schatten.
    Obwohl er ebenso erstarrt neben mir stand, gefangen in seiner eigenen Magie, konnte ich Criminys Wut fühlen. Das Elend der hungernden, schmutzigen Bludkinder hatte einen Nerv getroffen. Hätte er mit seinen Augen Blitze verschießen können – die Leute, die da gerade um die Ecke kamen, wären nur noch ein Häuflein Asche gewesen.
    Es waren zwei junge Copper in nagelneuen, glänzenden Uniformen, und vor ihnen her lief ein riesiger Hund an einer Leine aus Kettengliedern. Der Hund war ebenfalls kupferfarben, wie eine Kreuzung aus Deutschem Schäferhund und Mastiff, und sein kastenförmiger Kopf reichte mir bis zur Taille. Er sabberte und jaulte, und Geifer tropfte ihm aus dem Maul. Die Copper ignorierten ihn.
    »Jemand sollte diese Brut ausbluten«, sagte der Dünne. »Zur Hölle, ich hasse Kirchendienst.«
    »Ich auch«, pflichtete der kleinere dicke Copper mit der Hundeleine bei. »Absolut unheimlich, sogar tagsüber. Glaubt doch sowieso keiner mehr an die alte Ermenegilda, oder?«
    »Will verdammt sein, wenn ich das weiß«, meinte der Dünne. »Meine Mama hat immer gesagt, sie war nur eine nette Geschichte über anderen Menschen helfen und sich opfern. Damals, wie’s den Leuten noch nich’ egal war.«
    Der Hund beschnüffelte Criminy und mich energisch, und ich hielt den Atem an. Der Dicke zog den Hund zurück und zischte: »Das is’ nur ’ne Statue, Rudy. Da hat wahrscheinlich irgendein anderer Köter draufgepisst. Aus!« Dann schaute er nach oben auf die nackte Heilige im Fenster und grinste: Seine Zähne sahen aus wie krumme Grabsteine. »Diese reife kleine Pflaume dürfte sich mir gerne opfern, eh, Gerren?«
    »Das is’ Blasphemie, isses«, sagte Gerren. »Aber, jau.«
    Er senkte den Blick von der heiligen Ermenegilda und schaute mir direkt in die Augen, und, wenn ich das richtig hörte, fing er an, die Schnüre seiner Hosen zu öffnen. Als Nächstes hörte ich seinen Wasserstrahl, als er mit einem Seufzer auf uns urinierte.
    Soviel zu Blasphemie.
    Zumindest fühlte ich keine Nässe. Dem Himmel sei Dank für Magie.
    »Weiß gar nich’, wieso wir nicht mit allen anderen auf die Insel durften«, quengelte der Dicke. »Hier gibt’s doch sowieso nix zu bewachen. Oder wollen uns etwa die Armen und die Bludkerls überrennen für ’n Fass Äpfel und ’ne kleine alte Kuh, die nicht mal mehr Milch gibt?«
    »Du bist noch neu, deswegen weißt du’s noch nicht. Wir müssen den Schein wahren«, erklärte Gerren und warf sich in die

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