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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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es.«
    »Willst du mitkommen zu Harald Dewus?«
    »Gern.«
    »Oh, da komme ich auch gleich mit.« Wie aus dem Nichts war Jakubian plötzlich aufgetaucht. Sven biss die Zähne zusammen.
    Sie fuhren in Jakubians BMW zum Hafenstadtteil Ruhrort. Barbara sah die »Inseln« des Hafens, an der Schrottinsel war Julias Leiche angeschwemmt worden. Hinter der letzten Brücke direkt an der Wasserschutzpolizei, bogen sie in eine Straße ein, die wie eine andere Welt wirkte. Bäume beiderseits der Straße tauchten sie in grünes Zwielicht, auf der einen Seite war wieder Wasser, doch bis auf den Blick auf den Containerhafen war hier nichts von Industrie zu bemerken, alles war Grün.
    »Soweit ich weiß, ist das der alte Werfthafen«, erklärte Jakubian. »Hier ist die Geburtsstätte des Hafens. Er stammt aus dem 18. Jahrhundert.«
    »Da sind wir«, unterbrach ihn Sven und deutete auf eine hübsche Villa aus den Zwanzigern.
    Sie stiegen aus.
    »Sehr feudal«, meinte Barbara.
    Sven nickte. »Das ist die alte Villa der Reederfamilie Dewus. Haralds Brüder haben anderswo gebaut, er ist hier geblieben. Olga Janicek hat eine kleine Wohnung über dem Anbau.«
    »Dewus! Besteht die Reederei noch?«, fragte Jakubian, als er den Namen auf dem Türschild las.
    Sven nickte. »Die Brüder führen sie. Harald Dewus hat sein eigenes Geschäft aufgebaut, Im-und Export mit mehreren kleinen Niederlassungen.«
    Sven klingelte, und eine schwarz gekleidete Frau öffnete. Barbara schätzte sie auf Ende dreißig. Sie war schlank, blond und auch ungeschminkt recht attraktiv. Die Ringe unter ihren Augen zeugten von durchwachten und durchweinten Nächten.
    »Kommen Sie herein.«
    Sven stellte Barbara vor, Jakubian kannte Olga Janicek schon.
    »Kommen Sie. Herr Dewus telefoniert noch, aber er wird Sie gleich im Wohnzimmer empfangen.« Sie sprach ein sehr gutes Deutsch mit einem tschechischen Akzent.
    »Wie lange sind Sie hier Haushälterin?«, fragte Barbara.
    »Schon zwanzig Jahre. Ich kam als – nun, als eine Art Au-pair-Mädchen her für Herrn Dewus’ Kinder, und dann bin ich richtig übergesiedelt und habe als Kindermädchen gearbeitet.«
    »Kindermädchen? Ich dachte, Herr Dewus sei alleinstehend.«
    »Er lebt getrennt, schon seit über zehn Jahren. Als seine Frau auszog, blieb ich als Haushälterin bei ihm.«
    Barbara ergriff die günstige Gelegenheit, etwas näher an das Opfer Julia heranzukommen. »Ich weiß, es ist schmerzhaft für Sie, aber dürfte ich mal Julias Zimmer sehen?«
    »Kommen Sie mit.« Sie drehte sich zu Sven Heyer und Jakubian. »Ich bin gleich wieder da.«
    Sie stiegen in den zweiten Stock. Olga Janicek deutete auf eine Tür. »Hier geht es zu meiner Wohnung. Aber als Julia zwölf wurde, hat ihr Herr Dewus ein Zimmer zum Geburtstag geschenkt. Sie hatte bis dahin kein eigenes Zimmer. Er ist immer sehr großzügig.«
    Sie holte eine Stange hervor, mit dem sie eine Klappe in der Decke öffnete und eine Ziehleiter herunterzog. »Da oben«, sagte sie und deutete hinauf. Sie versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken. »Entschuldigen Sie bitte. Aber ich kann nicht da raufgehen. Es ist alles noch so, wie sie es verlassen hat, nur die Polizei war da oben seitdem. Harald – Herr Dewus sagte, er wird irgendwann selbst hochsteigen, und er sagt, es ist nicht gut, wenn das Zimmer so bleibt, weil wir … weil ich ja darüber hinwegkommen muss.«
    »Sie nennen Ihren Chef beim Vornamen?«, fragte Barbara vorsichtig.
    »Wissen Sie, damals vor zwanzig Jahren haben er und seine Frau noch studiert, sie waren moderne Leute und wollten, dass ich sie duze. Und das ist bis heute so geblieben.«
    »Ich gehe dann mal da rauf. Sie brauchen nicht hier zu warten, ich finde schon wieder zurück.«
    Olga ging, und Barbara stieg hinauf in Julias Zimmer. Die Beamten, die es besichtigt und durchsucht hatten, hatten sich sehr bemüht, keine Unordnung zu hinterlassen und nichts zu verändern.
    Es war ein großer, wunderschön ausgebauter Spitzboden mit einer nachträglich eingebauten, raumschaffenden Dachgaube, die die Schräge an einer Seite abmilderte und die Einrichtung in schönes Licht tauchte. Harald Dewus hatte viel Geld ausgegeben, um der Tochter seiner Haushälterin dies Zimmer zu schenken.
    Über dem Bett hingen Poster von Boygroups und Popstars, die Barbara nicht kannte. Sie ging zum Computer und machte ihn an. Er war nicht durch ein Passwort gesichert. Barbara las ein paar E-Mails, fand heraus, in welchen Chats Julia gewesen war, sogar ein

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